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Tagebuch Sayu
2009-04-01 19:34
Tiefpunkt
Es geht mir nicht gut. Gar nicht.
Ganz schlimm im Moment.

Die alte Leier mit den Panikattacken. So heftig gebeutelt war ich schon lang nicht mehr davon.
Und wen wunderts.

Ich komme mir vor als würde ich versuchen ein Haus zu bauen und sobald ich anfange die zweite Wand zu mauern kommt ein gemeines grünes Männchen und schlägt die erste Wand ein.

Oder als würde ich einen Staudamm bauen und immer wieder spritzt eine kleine Wasserfontäne irgendwo durch. Sobald ich ein Loch gestopft habe, entsteht andernorts ein anderes.

Irgendwie scheint alles um mich herum in sich zusammenzufallen.

Ich kam entnervt und abgewrackt aus Mainz nach Hause und hatte Ferien. Aber anstatt erholsame Ferien zu haben, schmeißt mein Vater seinen verdammten Job hin und stürzt uns alle in ein Loch.
Ich weiß, dass er uns nicht die ganze Geschichte erzählt. Irgendwas ist da falsch gelaufen...irgendwas stimmt nicht.
Normalerweise würde man mit dem Kündigen warten bis man einen anderen Job hat. Man verlässt doch nicht Hals über Kopf einen sicheren Job ohne zu wissen wie es finanziell weitergehen soll. Vor allem nicht, wenn man ein Haus hat, an dem man noch zahlen muss.
Vor allem nicht, wenn man zwei Kinder hat, die noch kein Geld verdienen.
Es war schlichtweg unnötig so zu handeln. Wenn sein alter Job nicht mehr tragbar war für Dad...dann hätte er doch immernoch so lange die Zähne zusammenbeißen können, bis er wirklich einen anderen Job hat.

Wie man es auch dreht und wendet...die Sache hat einen unguten Beigeschmack. Und es macht mich wahnsinnig.

Mama geht es auch nicht gut. Sie ist ganz blass und hat sich vorletzte Nacht die ganze Zeit erbrochen. Und ihr war schwindelig.
Und ich habe solche Angst.
So eine riesige allesüberwältigende Angst vor allem.

Ich habe Angst vor dem, was Papa uns allen verschweigt. Ich habe Angst, dass ihm was passiert, weil er alles in sich hineinfrisst.
Ich habe um Mama Angst.
Ich habe Angst, dass sie Depressionen kriegen könnten...oder nen Herzinfarkt...nen Schlaganfall...was auch immer.

Ich weiß einfach nicht aus was ich noch Kraft schöpfen soll.

Vorhin im Supermarkt habe ich Steffi und ihren Freund getroffen. Sie haben sich zusammen Abendessen eingekauft.
Ich hätte fast vor lauter Sehnsucht geheult.
Da steh ich alleine am Kühlregal und überlege was für ne Tiefkühlpizza ich mir heute in den Backofen schieben könnte...und mir gegenüber suchen die zwei sich Sachen zusammen, die sie heute Abend zusammen kochen könnten.
Ich freue mich für Steffi so sehr.
Und gleichzeitig ist in mir drin so ein tiefer tiefer Abgrund...und ich frage mich, warum ich nicht so jemanden habe, der bei mir ist. Jemanden, der mich liebt ... der mir eine Winzigkeit an Beständigkeit geben kann.

Da fällt mir dieses Lied von Silbermond ein...ich höre es oft im Augenblick.

Warum habe ich nicht das Gefühl einer guten Zukunft entgegen zu gehen? Ich hätte allen Grund dazu.
Ich könnte beinahe stolz auf mich sein. Ich kann studieren und bin von der Wirtschaftskrise primär gar nicht mal betroffen. Ich habe die Chance auf einen gutbezahlten Job und einen festen Platz in der Welt.
Und dennoch...

Es ist als ob ich auf einem Seil über einem Minenfeld balancieren müsste.
Bei jedem Schritt, den ich nach vorne tue, explodieren zwei Bomben links und rechts von mir und drohen mich aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Ich kam in die Oberstufe - gleichzeitig terrorisierte mich mein damaliger Freund und machte mir das Leben zur Hölle. Nach der Beziehung beginnen meine Panikattacken

12. Klasse - Opa wurde zum Alkoholiker. An meinem 18. Geburtstag ging er nach einer Stunde nach Hause, um zu trinken. Ich habe stundenlang geweint.

Abitur - Opa stirbt und Oma fällt in ein tiefes tiefes Loch.

Ich habe meinen ersten Ferienjob - meine Kusine bekommt einen Schlaganfall.

1. Semester - der Drachen macht mir das Leben zur Hölle und Carry kündigt mir die Freundschaft mehr oder minder.

2. Semester - Oma wird im Sommer ein paar Mal ohnmächtig und bricht sich die Wirbelsäule mitten durch. Alles geht gut, aber ab diesem Zeitpunkt lässt sie sich hängen und keiner kommt mehr an sie heran.

3. Semester - Lissy und Klara machen mir das Leben schwer, Papa kündigt seinen Job, Oma nach wie vor Alkoholikerin...

Ich weiß, dass das nicht der schlimmste Leidensweg ist, den ein Mensch durchmachen kann. Ich weiß es gibt sicher schlimmeres...und ich bin mir sicher viele andere wären an meiner Stelle nicht so ein Häufchen Elend.
Aber ich habe einfach im Moment das Gefühl...dass mein Leben ...ein ganz großer Murks ist.
Nichts ist wie es sein sollte oder wie es nur sein könnte...wo ich auch anpacke, geht an anderer Stelle wieder etwas schief.

Nicht mal mein eigener Körper funktioniert so wie ich es will...anstatt, dass ich mich stark fühle, um diese ganzen Dinge irgendwie bestreiten zu können, fühle ich mich schwach, mickrig und fahrig.
Eine Panikattacke jagt die nächste. Ich verkrampfe, habe das Gefühl keine Luft zu bekommen...alles verschwimmt vor meinen Augen, Herzrasen...und das sichere Gefühl, dass ich jeden Moment tot umfallen könnte.

Nichts ist sicher. Nicht mal das eigene Leben.
Ich habe Angst vorm nächsten Atemzug...dass sich meine Lunge auf einmal zusammenkrampfen könnte und die nächste Panik bevorsteht.
Ich habe Angst vor meinen Gedanken...sobald mein Denken zu irgendeinem meiner Probleme wandert, bekomme ich die Panik.
Ich habe nachts Angst vor dem Einschlafen, weil ich fürchte nicht mehr aufzuwachen. Oder dass einer meiner Eltern nicht aufwacht...dass meinem Bruder was passiert...meiner Oma...irgendwem.

Denn nichts ist sicher, gar nichts. Und alles und jeder kann in jedem Moment vergehen. Und nichts bleibt zurück außer Angst und Panik.

Ich wünschte ich hätte so etwas wie einen Felsen in der Brandung.
Ich bin so hilflos....

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Kommentare

08:57 02.04.2009
Hm klingt nach nem richtig schönen Tief das du momentan hast, aber ich muss mich Lucky anschließen, du solltest nicht alles schlechte der letzten Jahre auf einen haufen schmeißen und im gesammten betrachten! Klar häuft es sich mit der Zeit an aber die Positiven Dinge musst du auch betrachten! Ein guter Freund hat mir mal gesagt, das der größte unterschied zwischen positiven und negativen Nachrichten ist, das die negativen länger in Erinnerung bleiben!
Wenn ich so eine Phase habe wie du geade versuche ich mir eben in Erinnerung zu rufen was gutes passiert ist in letzter Zeit und betrachte die Dinge die mich belasten noch einmal genauer um dann zu merken das ich mich meistens einfach nur selbst verrückt mache und reinsteigere... das hilft meistens!
fühl dich mal gedrückt! LG
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01:24 02.04.2009
zu deinem besten: es bringt nicht wirklich was für deine zukunft, wenn du negative vorkommnisse aus der vergangenheit so in dein leben einbaust.
ist nichts schön davon, aber das sind dinge, die dich selbst nur am rande (sorry für opa+oma) betreffen und mit den gleichzeitig positiven geschehnissen nichts zu tun hatten. konzentrier dich auf das positive und denke an deine zukunft. und auch wenn deine vater noch manches verbirgt, konzentriere dich auf deine guten sachen, auf die du stolz sein kannst und auf dass, was du noch draus machen willst und kannst!
Good luck!
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2009-04-01 19:34