... in Worte zu fassen, was heute passiert ist. Ich habe Angst, dass ich durch den Schock morgen nicht mehr alles weiß...

Ich hab heute Nacht kaum geschlafen. Dauernd aufgewacht und Heulkrämpfe bekommen. Irgendwie hab ich es schon geahnt als ich am Montag gegangen bin. Ich habe ewig gebraucht bei Fabian aus der Tür hinaus zu gehen...weil ich geahnt habe, dass es womöglich für längere Zeit das letzte Mal sein würde...

Um halb eins heute Mittag hab ich ihn angerufen. Ich habs nicht mehr ausgehalten. Wollte wissen was für das Wochenende nun Sache ist. Ich hab ihn geweckt, er hatte noch geschlafen.

Und als ich dann fragte, sagte er mir am Freitag wolle er mit seiner Mutter auf so eine Party gehen und mit ihr einen heben auf die überstandenen Probleme der letzten Zeit. Und heute wolle er Zeit für sich alleine haben. Am Samstag könnten wir uns ja dann sehen. Ich hab ihn zur Rede gestellt, warum er mir das heute erst sagt. Und war auch verzweifelt, weil ich schon irgendwas anderes dahinter vermutet habe. Er hat mir ewig vorgeworfen warum ich so einen Aufstand machen würde, wenn er doch nur mal "zwei Tage für sich haben wolle". Und ich hab ihm wiederum gesagt, dass ich es respektlos finde, dass er mich einfach so vor vollendete Tatsachen stellt, obwohl er den Plan ja schon länger gehabt hat. Das hat er zugegeben.

Wir haben auch ganz lange Schweigepausen gehabt...ich hab angefangen zu weinen...es ging ewig nicht voran.

Und auf einmal hab ich ihn gefragt ob er mich überhaupt noch liebt. Da meinte er er wüsste es nicht mehr. Er würde hauptsächlich nur noch "Mitleid" fühlen. Was mich dann schon getroffen hat.

Und dann ging es ganz schnell auf einmal.

Die Luft ist raus. Er will einfach nicht mehr.

Und ich sage ihm, du kannst doch nicht einfach die letzten Monate wegwerfen.

Und er sagte eiskalt einfach nur "wieso kann ich das nicht?" Immer wieder.

Ich konnte es überhaupt nicht glauben. Ich fragte ihn wieso er mir das nicht alles persönlich sagt. Und er meinte er wäre einfach zu feige.

Als ich merkte, dass da nichts zu machen ist, bekam ich den nächsten Heulkrampf. Ich sagte ihm, dass ich möchte, dass er mir das nochmal persönlich sagt. Dass ich zumindest das wohl verdient hätte. Er stimmte zu.

...

Eine dreiviertel Stunde später standen wir dann zusammen auf einem Feldweg in der Nähe meines Hauses und konnten es irgendwie alles nicht glauben. Er war auch auf einmal gar nicht mehr so tough und entschlossen und...kalt.

Das Schlagwort war mal wieder die Freiheit. An mir läge es überhaupt nicht. Ich wäre unkompliziert und toll und er hätte mich nach wie vor unglaublich gern. Aber trotz aller Zugeständnisse und Unkompliziertheit fühlt er sich nicht frei. Und es wäre für uns beide besser wie es ist. Sonst wäre das hässlich geworden, weil er so feige ist, meinte er. Er hätte sich bestimmt immer weniger und weniger gemeldet...tja. Genau das war das, wovor ich so Angst hatte.

Ich war so überraschend stark. Ich hab gar nicht geweint. Ich hatte mich zurecht gemacht, war stark, selbstbewusst und ich fand mich sogar schön. Das war ich mir immerhin schuldig. Mitleid will und brauche ich keins.

Bis...er mir die Wange streichelte. Da schossen mir sofort die Tränen in die Augen..."Nicht...anfassen..." stotterte ich nur. Und schon wars passiert. Dann nahm er mich in den Arm. Und ich dachte mir noch "los...halte den Moment jetzt fest...vergiss das jetzt nicht". Und da meinte er er müsse auch weinen. Und da hat er geweint...

Wir haben verschiedene Sachen angesprochen. So viel geredet haben wir unsere Beziehung in der Beziehung nie. Nicht so direkt...

Er sagte, dass er bis zuletzt nie das Gefühl losgeworden ist, eingeengt zu sein. Nicht frei sein zu können. Und ich habe ihm von meinem "Wahn" erzählt (das aber nicht so genannt). Ich meinte, je mehr ich merke, dass er sich zurückzieht, je mehr wäre ich nachgerückt und hätte geklammert, obwohl ich es ja gar nicht wollte.

Wir haben sogar gelacht. Witze gemacht. Ich fragte ihn ob wir beide wohl sowas wie Freunde werden könnten. Ich stellte die Frage allgemein in den Raum, es war kein Angebot. Und er meinte, auf jeden Fall. Als wir da so standen, war kurz das Gefühl da, als würde eine riesige Last verschwinden. Ich würde Fabian nicht verlieren. Aber diese Angst...war plötzlich weg. Es gab ja nichts mehr zu verlieren.

Ich fragte sogar...ob ich ihn denn mal anrufen könne, wenn ich Lust hätte mit ihm zu schlafen. Ich war selbst überrascht als ich mich das sagen hörte. Er musste laut lachen und war ziemlich baff. Aber er meinte das könnte ich sehr gerne tun. In dem Moment war es mir ernst damit.

Eine Freundschaft mit Extras...so hab ich vor Kurzem meine Beziehung zu Fabian betitelt. Genau sowas ist mir in dem Moment auch vorgeschwebt. Eigentlich ein ähnliches Verhältnis wie bisher...nur ohne den Druck einer Beziehung.

Ich war erleichtert. In diesem Moment unglaublich erleichtert. Und gespannt einerseits...was diese neue Situation mit sich bringen würde.

Vor dem Auto wieder, nahm er mich nochmal lange in den Arm..."ach meine Kleine..." murmelte er in mein Haar und hatte wirklich Tränen in den Augen. Und ich dann auch. Natürlich.

Bevor er ging sah er mich nochmal lange an und gab mir dann einen Kuss auf den Mund.

...

Im Studivz erhielt ich dann eine Anfrage. Fabian möchte dass ich zustimme, dass angezeigt wird, dass ich eine Romanze mit ihm habe. Ich habe zugestimmt.

Aber alleine sah vieles natürlich nicht mehr so einfach aus. Natürlich hab ich heute noch viel geweint. Nichts gegessen außer Gummibärchen.

Als es zum Abendessen Steak gab, hab ich geweint wie ein Schlosshund. Weil ich und Fabian letzte Woche Steaks gegrillt haben.

Es hat weh getan zu sehen wie er seinen Status in allen möglichen Verzeichnissen geändert hat und meinen zu ändern. Es hat weh getan die ewige "Schatz: Ich liebe dich" - Statusnachricht zu löschen. Aber ich dachte ich mach das lieber gleich...wie ein Pflaster abreißen.

...

Ich habe Angst vor der nächsten Zeit. In Mainz liegt dieses blaue Kissen mit "Love" drauf. Und wenn dann die Pärchen wieder in der WG sind...und wenn ich Pärchen sehe...wenn es bloß dämliche Steaks gibt...

...

Ich weiß nicht. Ich weiß nicht. Für heute stehe ich einfach unter Schock...und wer weiß wie lange noch.