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Tagebuch Rynnertau
2005-05-06 23:34
Fernweh und andere Miesmacher

Friede, Freude, Eierkuchen ... alle wollen Freiheit suchen.

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Ich habe es in den letzten 4 Jahren so zahlreich erleben dürfen, wie sich lauthals verkündende Interessenten an Abenteuerreisen, als ausredenzelebrierende Drückeberger herausstellten, dass ich nunmehr von jeglicher Partnerreise abgekommen bin (meine Frau selbstverständlich ausgenommen, Sie redet sich nie raus).

Abenteuer... große Erlebnisse... Freiheiten suchen... ist es denn das was alle Welt unter Abenteuer versteht?

Ich bin in fremden Ländern niemals freier, als hier in meiner Wahlheimat.
In fremden Ländern ist man Gast, demütiger Beobachter, neutraler Besucher der baldigst wieder abhaut.
Man hat in fremden Ländern manchmal GAR keine Freiheit mehr!
Teilweise ist man auf die unglaubliche Gastfreundschaft und den Mut der Einheimischen angewiesen, um überhaupt am Leben zu bleiben.
Manchmal muss man sich selbst den Arsch retten und so manche Situation mit einer geregelten Flucht oder offenem Kampf ausstreiten... wogegen man bei Straßenräubern lieber eine der vielen Geldbörsen am Körper opfert... das erzeugt weniger Schusslöcher im Leib.

Die meisten stehen in einer wildromantischen Beziehung zu den Ländern, in die sie unbedingt reisen wollen – die einen, weil sie es eben können (sprich: genug Geld haben), die anderen, um es sich zu beweisen (wozu auch immer).
Neugierde und Interesse findet sich sehr selten...
Wen interessiert schon der chilenische Bergbauer, der mit Mühe und Not seine Familie ernährt und die herrlichsten Geschichten über das Leben erzählen kann?
Der 3 Töchter und einen Sohn hat, alle noch im eigentlichen Schulalter, aber nur eine Tochter kann auf eine Schule gehen... alle anderen müssen arbeiten – was sag’ ich – schuften, den ganzen Tag.
Welcher Reisende ist sich nicht zu fein, den dreckigen und kotverschmierten Bullen aus seiner winzigen Behausung, die ihm wenigstens vor dem eisigen Regen Schutz bietet, zu bewegen, damit er wenigstens etwas Fleisch ansetzen kann.
Armut kennt keinen Richter... keine Moral und keine Ethik... Arm ist arm, ende.
Anpacken – was tun für die gebotene Gastlichkeit – dem Hausherrn ein bisschen Tee spendieren und der Hausherrin eine hübsche Kette aus Glasperlen, die ihr so gefällt.
Viel habe ich nicht, soviel wie ich benötige um selbst über die Runden zu kommen.
Doch ein paar Sachen zum Tauschen finden sich letztlich immer... und sei es Tee.
Jeder, der eine südamerikanische Familie einmal vor Verzückung hat jauchzen hören, wenn sie ein wenig von indischem Tee geschenkt bekommt (eine Ware, die sich niemand aus der Gesamten Umgebung im Jahr nur einmal leisten könnte), der weiß was Glück bedeutet.

Vorsicht ist geboten, trotz aller Freundlichkeit... Gerüchte sind schnell verbreitet und Reichtum ist Mordgrund in armen Gegenden... Verschwiegenheit ist manchmal lebenswichtig. Selbst den Hund kann man essen, selbst meine Brille bringt Geld auf dem Markt... sogar die Plomben in den Zähnen – ja, die gepflegten Europäer-Zähne selbst können Geld bringen.

Menschen, die in ihrem Leben keine 150km im Umkreis um ihre brüchige Behausung herum fortgekommen sind, treffen einen Reisenden aus Deutschland (wo liegt das noch gleich?) mit einem Hund an seiner Seite.

Und was soll ich bei all diesen Eindrücken mehr sagen als... „Ich habe etwas gelernt.“

Toleranz ist keine Sache, die man aus Diskussionen und durch intellektuelle Gespräche erzeugt bzw. geschenkt bekommt... sie entsteht bei einem Aha-Erlebnis, von ganz alleine.
Wer sein Gegenüber ehrt und seine Bemühungen schätzt, kann damit rechnen, das ihm das selbe zuteil wird.
Wenn ein vermeintlich hochnäsiger, reicher Deutscher, im selben Matsch und Dreck mitarbeitet, helfend anpackt und genauso fröhlich sein kann, wie die armen Leute... dann kümmert es keinen von ihnen mehr, wen er wann, wo liebt und woher er kommt.

Ich glaube wir haben durch unseren Wohlstand nicht irgendwelche Ideale oder moralische Vorgaben verkauft... die sind so ersetzbar, wie jedes Geschwätz des Zeitgeistes.
Wir haben unsere Urteilsfähigkeit verloren – weil uns alles eingeimpft wird.
Muss es denn erst Hungersnöte und Kriege geben, die fürchterlich zuende gehen, ehe die Menschen begreifen, dass wir alle gleiche Menschen sind?

Fragt es Euch, oder lasst es... meine Erfahrungen habe ich gemacht und mehr wollte und werde ich niemals tun.

> *verlass den Saal*

Nun zum eigentlichen Tag.

Wir sind heute sehr, sehr genüsslich aufgestanden.
Um 9Uhr streckt sich Rynn ausgiebig... ich knarrte mit den Knochen und musste abgrundtief gähnen... dann bin ich etwa 5 Minuten in den herrlich tiefen, bernsteinfarbenen Augen meines Schatzes abgetaucht und erst zu mir gekommen, als Sie mit Ihrer Nase gegen die meinige stieß. *schmacht*
Auf Händen trug ich Sie in die Küche und legte das verschlafene Etwas behutsam auf die Eckbank... wo Sie gleich wieder langlag und seufzte *schnauf*
Ja... man hat’s schon schwer *g*

Keine E-Mails, keine Post, keine Zeitung – nichts.
Nichts, kann manchmal auch recht wohltuend sein... so hab ich wenigstens keine Scherereien.

Heute musste ich vor dem Wochenende doch noch mal wegfahren und meine ganzen Papiere, die sich mittlerweile zu einem zentimeterdicken Berg angestaut hatten, zur Außenstelle bringen... sollen die sich jetzt damit rumschleppen.

Auf dem Heimweg hörte es auf zu regnen und spontan wie man ja so ist, bin ich nicht direkt nach Hause gegurkt, sondern durch den Waldweg gefahren... dort ist eine schöne große Lichtung, bewachsen mit feinem Moos und jungen Fichten.
Dort rennt mein Schatz zu gerne Rüber... da kommt ganz der Border Collie in Ihr durch und ich amüsiere mich zu gern über Ihre Freude.
Da fliegt das Laub vom letzten Hebst hoch, alle naselang findet Sie einen Tannenzapfen, den sie unbedingt zu mir bringen muss, bis ich einen ganzen Stapel vor mir liegen habe... der muss dann geworfen werden.
Nach einer guten halben Stunde, tat mir schon der Arm vom Werfen weh und Rynn war entsprechend ausgelastet.

Daheim friemelte ich erst an meiner Westergitarre herum und versuchte wenigstens die Rostspuren an der Mechanik zu beseitigen – wenn ich schon keine neuen Saiten aufziehen kann.
Es gelang mir schließlich, mit dem alten Waffenöl das ich noch im Küchenschrank hatte.

Rynn lag derweil vor dem Wohnzimmerofen, auf Ihrer liebsten Decke (auf der hab’ ich schon als Säugling gelegen... so ein Schaffell. Riecht absonderlich, wenn ein nasser Hund drauf gelegen hat *lol*).
Nach einer Stunde etwa höre ich es leise von unten murren, dann ein lautes *kläff* ... aha... da ist jemandem stinklangweilig.
So wurde, wie nach Wunsch, ausgiebig geknuddelt und gegenseitig gebissen... fast eine Viertelstunde lang.

Ja, dann war ich noch mal im Netz.
Kurz bei Ebay, Saiten und Schallplatten suchen, dann noch hier und ein paar interessante Beiträge anderer gelesen.
Dann war ich im IRC und damit auch im #zoo... hab dort ein paar angenehme Gespräche geführt.
Bin dann – irgendwann um 21 Uhr glaub ich, hab’ nicht auf die Uhr gesehen – runter ins Wohnzimmer. Da lag dann meine werte Frau auf dem Sofa und drehte sich sofort freudigst wedelnd auf den Rücken... *seufz* Bauchkraulen.
*kraul-kraul* mit der rechten Hand - *zapp-zapp* mit der linken durch die Fernsehkanäle.
Ab und an ein kleiner Schmatzer und zufriedenes Schnaufen... was will ich mehr?

Da nichts kam und ich die Schnauze mal wieder voll hab, weder ich nun schließen und schlafen.

Etwas Musik könnte ich vielleicht noch hören, ist so gemütlich im Bett zu liegen und Klavierstücke zu hören... wenn man nur nicht immer aufstehen müsste um die LP’s umzudrehen.

Schallplatten: Das sind „riesige“ CD’s, schwarz und aus Vinyl, mit Rillen drauf, in denen man eine Nadel rutschen lässt – die Nadel denkt sich nix absonderliches dabei und kommt auf die Idee die Schwingungen aus der Rille zu übertragen... so hat man früher Musik gehört.
Und ich sag Euch was... die klingen saumäßig gut – man muss sie nur behandeln wie rohe Eier, sonst knirschts und knackts *g*

Nacht Ihr Leutchen da draußen – macht nichts, was ich nicht auch machen würde.

Grüße, Rynn und Michael.

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