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Thursday, 18. April 2024
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Tagebuch Romreise
 1904-12-08 hh:mm
Große Feier im St. Peter
Am 8.ten war nun die große Feier im St. Peter, für die wir uns mit vieler Mühe und Zeitaufwand, (denn wir giengen zu mehreren Monsignoren, zu einem Jesuitenpater, zur dtsch. Botschaft) Billets besorgt hatten. Wir standen in aller Frühe auf und zogen noch bei Dunkelheit um ¾ 7 Uhr ab, Bl. konnte zu ihrem großen Bedauern nicht mit. Um ½ 8 Uhr waren wir an der Peterskirche, wo schon eine große Menschenmenge sich schob und drängte um möglichst rasch Einlaß zu erhalten.

Wir hatten miserable Stehplätze, fanden aber wenigstens Platz zum Sitzen auf einer Balustrade; doch wurden uns diese Plätze von dem übrigen sich drängenden und stoßenden Publikum sehr mißgönnt. Ein greulicher Franzose wollte absolut über die Balustrade in die reservierten Plätze eindringen und wetterte immerzu auf Ida ein, sie solle ihm ihren Platz räumen. Ida weigerte sich mit größter Entschlossenheit, wodurch der Franzose so wütend wurde, daß er rief: Cette creature m’empeche d'entrer, der Kerl wurde einem ordentlich unheimlich und so gab Ida endlich nach.

Die Schweizergarde bemerkte aber das Eindringen in die reservierten Plätze (der Mensch kletterte nämlich wahrhaftig über) und so mußte er unter allgemeinem Gaudium wieder zurücksteigen, worauf er sich wütend und beschämt zurückzog.

Etwa um ½ 10 Uhr kam Leben in die ungeheure Menschenmenge – der Papst wurde unter Hosianna blasen auf einem Thronsessel in festlichem Ornat mit der Tiaza auf dem Haupt hereingetragen. Dem Papst voran zogen Schweizergarden, nach dem Thronsessel des Papstes folgten eine Anzahl von Kardinälen, Bischöfen und Monsignore.

Von Andacht war während der ganzen Messe keine Spur zu finden, jedes stritt sich in jeder möglichen Sprache um den besten Platz, auf den vorderen Reihen standen manche Leute auf die Bänke, um besser zu sehen, wurden aber mit dem Ruf „giu, giu“ und wenn es not that, auch mit Stöcken und Schirmen zum Niedersitzen gebracht.

Die Peterskirche war ganz mit roter Seide an den Pfeilern drapiert, am Hochaltar in einem Strahlenkranz von elektrischen Flammen das Bild der Madonna. Erst um ¾ auf ein Uhr war die Sache aus, die Menschenmenge drängte mit ungestümer Heftigkeit dem Ausgang zu, wir standen zum Glück ziemlich nah am Ausgang und konnten bald ins Freie gelangen. Unvergeßlich wird mir der Anblick bleiben, den der Petersplatz an diesem Tage bot. Der ganze Platz wie besät mit Droschken und eine Menschenmasse die sich aus dem großen Bronzethor drängt, von der man glauben könnte, sie nehme gar kein Ende mehr. Ida und ich fuhren dann auch in einem solchen Dröschkchen seelenvergnügt heim und ruhten dann einige Zeit von den Strapazen aus, denn anstrengend war’s fast 8 ½ Stunden, oft stehend oder schlecht sitzend zuzubringen.

Nachmittags gieng ich mit Ida nach der Kirche S. Gregorio, in der sich sehr hübsche Altarpredellen von Pinturichio befinden, in den 3 Seitenkapellen sind Fresken von Guido Reni, darunter das reizende Engelkonzert.

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