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Tagebuch pitoresk
2008-04-23 20:23
meine Wohnung fing an zu vibrieren
Vor gut zwei Jahren zog direkt unter mir ein Zeitungsladen mit Fertigbackwarenverkauf ein und das so ruhige Wohnen in meinen geliebten vier Wänden hatte fortan ein abruptes Ende.

Es veränderte sich im Einzelnen:

o Anlieferungslärm ab ca. 4:30 Uhr
Zeitungslieferung (normaler Geräuschpegel)
Backwarenanlieferung (Lieferfahrer fährt auf den Fußgängerweg, ich wache von dem lautstarken laufenden Motor auf und weil er Wagentüren laut zuschlägt)
o Geruchsbelästigung
temporäre Einschränkung der Wohnqualität durch starke Gerüche, die während des Backvorgangs entstehen und sich im gesamten Flur und in meine Wohnung im ersten Stockwerk ausbreiten, sodass ich durch den Chemiegeruch des Fertigbackteiges aufwache. Mir ist dann gleich übel.
o der Publikumsverkehr/Kundenbewirtung und Ausschank vorm Haus, ja selbst normale Unterhaltungen der Kunden haben eben einen gewissen Geräuschpegel und verschlechtern meine Wohnqualität (es finden größtenteils Unterhaltungen in angemessener Lautstärke statt, es wird jedoch auch mal gestritten, mal laut gelacht); es beginnt um 6:00 Uhr früh und endet erst gegen 20:00 Uhr
o die zahlreichen Anlagen des Gewerbes verursachen Vibrationen und leichtes Brummen in meiner Wohnung (die Kühlschränke, Tiefkühltruhen und die Vitrine verursachen gerätetypische Vibrationen und brummende Geräusche, die sich über das Mauerwerk übertragen (Antivibrationsmatten unter seinen Geräten haben bereits für eine Dämpfung gesorgt, jedoch nicht zum vollständigen Verschwinden beitragen können)

Und genau mit diesen Vibrationen in meiner Wohnung bin ich eines Morgens aufgewacht. Mein ganzer Körper hat gekribbelt und ich habe richtig gezittert. Es hat sich angefühlt, als ob meine Wohnung und dadurch auch ich unter Strom ständen. Ich war ziemlich verzweifelt. Zu allem Unglück wusste am Anfang niemand eine Lösung für das Problem: der Elektriker konnte nirgendwo eine Spannung messen und schloss ein Stromproblem aus, die Hausverwaltung kam zur Begutachtung und natürlich auch der Inhaber des unteren Ladens. Nur all die Leute bemerkten diese Vibrationen nicht. Da stand ich wie ein Idiot da. Ich war durch dieses Gerüttel völlig am Ende mit den Nerven und alle um mich herum bemerkten nichts.

Ich lud sämtliche Menschen in meine Wohnung ein und fragte sie, ob sie irgendetwas ungewöhnliches bemerkten. Erneut spürte ein Großteil der Leute nichts, aber einige sensible Menschen beschrieben genau das von mir empfundene Phänomen, meinten sie bekämen Kopfschmerzen und wollten sofort meine Wohnung verlassen.

Nun war guter Rat teuer. Was sollte ich unternehmen. Wie konnte ich beweisen, dass hier plötzlich irgendwas nicht stimmte. Und was verursachte diese merkwürdige Problem, was einige spürten und andere nicht? Von verschieden Fachleuten wurden nun die wildesten Theorien aufgestellt: von Elektrosmog durch in der Nähe installierte Handy-Strommasten wurde gemutmaßt oder mir wurde dezent empfohlen, es vielleicht mal mit einem Besuch beim Psychologen zu probieren. Mit anderen Worten: wenn man zwei Fachleute fragt, hat man zwei Antworten, aber keine Antwort darauf, wie der Fall sich tatsächlich dastellt.

Nach vielen Monaten und etlichen Telefonaten, ich hatte inzwischen schon fast resigniert und war schon längst ausgezogen, weil ich es in meiner eigenen Wohnung nicht mehr aushielt, hatte ich einen Schwingungsdiagnostiger am Apparat, der mir das Phänomen erklärte. Jeder Kühlschrank hat eine Eigenschwingung, wenn er anspringt. Man merke dies, wenn man neben seinen eigenen Kühlschrank stehe, dann vibriere der Boden darunter auch leicht, und zwar immer dann, wenn sich gerade die Kühlung anschalte. Ansonsten entständen keine Schwingungen. Wenn nun in dem Laden auf so engen Raum so viele große Geräte wie Tiefkühltruhen ständen potenzierten sich diese Schwingungen und kämen, durch eine Art physikalische Hebewirkungen bei mir in der Wohnung weit stärker an, als sie noch am Entstehungsort sind. Die Lösung waren 5 mm dicke Korkplatten, die jeweils unter die gesamte Fläche der Maschinen verlegt werden mussten und damit die Übertragung der Schwingungen über das Mauerwerk verhinderten. Und tatsächlich war das die schon nicht mehr erwartete Lösung.

Ich zog wieder in meine geliebte Wohnung ein. Ich schloss mit dem Ladenbesitzer beim Bier wieder Freundschaft. Natürlich hat sich die Wohnqualität für mich dramatisch verschlechtert (siehe die oben erwähnten Punkte), aber ich kann endlich wieder ohne Gesundheitsstörungen zu bekommen in meiner Wohnung leben. Das ist schon sehr viel Wert. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Ich wollte mir dies nur mal frei von der Leber wegschreiben. Vielleicht hat ja von euch mal jemand ein ähnliches Problem und muss dann nicht so ewig und verzweifelt nach einer Lösung suchen, sondern denkt vielleicht auch mal an übertragene Schwingungen. Die sogenannten Fachleute waren mir jedenfalls allesamt keine Hilfe, haben mich manchmal sogar für verrückt erklärt. Aber jede Menge Geld haben mich die Fachleute gekostet.

Man weiß gar nicht wie gut es einem geht, bis von irgendwoher sich wie mit einem Blitz alles ändert. Darum: genieße dein heutiges Leben und den heutigen Tag. Du weißt nie was kommt. Das habe ich aus meiner einstmals vibrierenden Wohnung gelernt.

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Kommentare


unbekannt
19:49 24.04.2008
Ich muss schon sagen,dei leben is ziemlich interessant....was du so alles erlebst..mannomann...

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2008-04-23 20:23