liebe für notre dame
Ich bin so fertig ...
seit ich diese beschissene Pille nehme, scheine ich in die Zeit zurückkatapultiert zu sein: Der Hass und Ekel vor Menschen hat sich wieder gesteigert, die Androphobie taucht wieder auf, dieses Schreckgespenst mit dem bösen Lachen. Alles, was ich in den letzten anderthalb Jahren gelernt habe, scheint wie weggeblasen. Meine Gefühle spielen verrückt. Jetzt vermisse ich meine Emotionslosigkeit, will wieder das Zombie sein, denn das war viel besser als DAS HIER. Ich kann nicht mehr normal auf Menschen zugehen ... jetzt ist doch die Frühlingskonferenz und ich habe es mir mindestens mit Sulamith verdorben. Sie hat mich gestern zu sich eingeladen, aber ich war wieder so ablehnend, dass der ganze Tag schrecklich wurde. Ich hatte einfach keine Lust, mir eine Maske aufzusetzen und zu tun, als ob alles ganz toll wär, wollte keinen Smalltalk betreiben, mich nicht um Menschen bemühen, die ich nicht kennen lernen will. So wie damals benehme ich mich. Und was ist das Resultat? Alle gehen an mir vorbei, sagen zu Rose, die neben mir sitzt, ,,Tschüss" und beachten mich nicht. Ich bin selbst Schuld. Alle Freundschaften zerrinnen zwischen meinen Fingern. Hanna hat mich nicht begrüßt. Isa kommt nicht mehr zur Gemeinde, Gott, wie ich sie vermisse. Miri auch nicht mehr. Prissi denkt nur an ihre Jungs und schreibt mir dann alle Jahre wieder ne Email, in der sie nur darüber redet.
Ich habe mich falsch bemüht. Ich habe meinen Ängsten nachgegeben, meinem Menschenhass. Nach dem Motto: Ich hab ja noch Rose. Aber was ist, wenn sie eines Tages weg ist? Wo steh ich dann? Für andere nur der Schatten von Rose. Nur - warte, es gibt tatsächlich eine Gruppe, mit denen ich gut zurechtkomme: Die Jüngeren. Die Zwillinge, Alicia, Sarah, Michi usw. Letztens lernte ich auch noch die zwei Pertschy-Mädchen Anna und Lydia kennen. Und warum versteh ich mich mit ihnen so gut? Weil ich vor ihnen den Clown gebe.
Ja, das ist das Mysterium: Die Menschen wollen nunmal keinen Schmerz.
Okay, weißt du was? Der Schmerz soll sich wieder im höchsten Turm oder im tiefsten Bunker meiner Festung verstecken. Und auf den Vorhof stellt sich dann unser elegante Hofnarr, der sich selbst und andere zum Besten gibt.
Ich will kein Spielball meiner Hypophyse sein. Ich will feststehen. Ich werde meine Ängste einfach wieder ignorieren. Ich hab was dagegen, beherrscht zu werden.