Wir sind mehr als nichts
Wieder in Regensburg. Der Herbst ist dieses Jahr so gnädig. War gnädig.
Gestern war Allerheiligen. Natürlich war auch ich auf dem Friedhof, um verstorbenen Bekannten eine kleine Kerze am Grab zu entzünden. Abends ging ich nochmals dorthin. Ich habe mir das Lichtermeer auf den Gräbern angesehen, mein Gesicht in den stehenden Kragen meines Mantels vergraben. Ich war nicht alleine, denn in der Dunkelheit hörte ich viele Stimmen auf dem Friedhof.
Auf dem Weg zur Friedhofskapelle komme in an einem Grab von unbekannten Menschen vorbei. Dort bleibe ich einen Moment lang stehen und entzünde meine letzte Kerze. Sie haben sonst keinen der dies für sie tut. Sie haben keine Familie mehr. An die Tatsache, dass es sie einmal gab erinnern nur noch Grabtafeln mit ausgeblichener Schrift. Ich weis nicht wie sie gelebt haben, für was sie gelebt haben und ich weis nicht warum sie gestorben sind. Einige von ihnen jung.
Vereinzelte, nichts sagende Informationen aus denen ich versuche eine kleine Geschichte zu bauen.
Die Grabstellen müssen irgendwann bezahlt werden. Sollte ich das tun, werden die Gräber weitere 20 Jahre bestehen und danach verschwinden. Niemand wird sich mehr an jene Menschen erinnern, die einst ihren eigenen Moment auf Erden hatten.
Wird es mit uns einmal anders sein…?