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Tagebuch MrDeeds
2007-03-02 00:40
Bröckelnde Welt...
Als ich heute Vormittag nichtsahnend in die Maschine der Southafrican Airlines stieg, die mich über Johannisbourg nach Nairobi bringen sollte, war ich bestens gelaunt.
Mein Nachbar an Bord war ein österreichscher Missionar, auf dem Weg nach Hause, nach Wien.
Wir haben uns wirklich nett unterhalten und er hat mir sehr ausführlich geschildert, warum sein Job hier so verdammt schwer ist.
Klar, ich beneide diesen Menschen kein Stück! Er muss nur aus reiner Überzeugung für eine Sache einstehen, die sich wissenschaftlich nicht beweisen lässt ... Aber deswegen glaubt man ja an Gott .... Ich glaube!
Nach fast zehn Stunden kam ich in Kenia an.
Es war schwül und regnerisch, als ich das Flughafengebäude verlassen habe. Am Flughafen wurde ich auch schon von P. abgeholt.
P. ist Afrikakorrespondent einer russichen Presseagentur und ich habe ihn einmal bei einer PR-Konferenz in Moskau kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Jetzt will er die 24 Stunden nutzen, die ich hier verbringe, um mir ein bisschen vom kenianischen Lebensgefühl zu vermitteln.
Er fuhr mich zum Hotel und wir haben uns heute zum Frühstück verabredet.
Im Hotel angekommen checke ich meine E-Mails.
Mail 1 von meiner Schwester:
"M. liegt im Krankenhaus, er hat einen Hörsturz erlitten und etwas stimmt mit seinem Gleichgewichtsnerven nicht! Ruf mich bitte schnell an. Grüße, N."
M. ist mein Großcousin und Taufpate. Er arbeitet in einem polnischen Kohlebergwerk auf leitender Position. Es gibt keinen gütigeren Menschen auf der Welt als ihn. Er gönnt jedem alles und wenn es sein muss, steckt er zurück. Ich lief blass an, rief sofort meine Schwester in Regensburg an. Sie hat mir erzählt, das man noch nichts genaueres weiß, er wird so bis Dienstag im Krankenhaus bleiben.
Sofort habe ich einen befreundeten Arzt an der Uniklinik in München konsultiert und er hat mir versichert, das es nicht lebensbedrohlich ist.
Mail 2 von L.:
"Hey, ich kriegs grad nicht gebacken! Ich krieg dieses scheiß Leben nicht in den Griff! Ich glaube ich fange eine Therapie an... Wieso bist du nur so weit weg wenn ich dich brauche?! Bitte erzähle T. nix davon, ich will ihn nicht belasten [anm. von Deeds: sie ist mit T. liiert!]"
Meine erste Frage war, hilft so eine Therapie einer jungen Frau in den 20ern?
Meine zweite Frage war, wieso passieren all diese schlimmen Dinge ausgerechnet dann, wenn ich irgendwo in der Weltgeschichte rumlaufe.
Im ersten Moment wollte ich meine Zelte hier abbrechen und mit der ersten Maschine morgen Früh zurück nach München fliegen.
P. aber glaube ich hatte recht als er sagte, in Polen kannst du eh nix tun, gesundwerden muss er von selber und in Ulm kannst du ihr zwar zuhören, aber ihr nicht wirklich helfen!
Ich glaube er hatte recht! Was sollte ich denn in Polen machen? An seinem Krankenbett sitzen und ihm beim Gesundwerden zuschauen? Ich habe ihm ausrichten lassen, dass meine Gedanken bei ihm weilen.
Und in Ulm? L. muss das ganze Wochenende arbeiten! Sie käme nichteinmal dazu mir etwas zu erzählen. Ich habe ihr eine vier A4-Seiten lange Mail geschrieben, vielleicht baut die sie etwas auf.

Die 24 Stunden hier in Kenia sind eh schon gelaufen, weil meine Gedanken bei diesen beiden lieben Menschen sind.
Sollte sich M.'s Zustand verschlechtern, blase ich meinen Flug am kommenden Dienstag nach Singapur ab. Aber wenn er auf dem Weg der Besserung ist, werde ich ihn besuchen, wenn es ihm wieder gut geht.
Und L. werde ich am Wochenende anrufen, wenn ich wieder in Regensburg bin. Wenn es nix hilft, fahre ich nach Ulm.

Und jetzt sitze ich da und habe nur einen Gedanken:
Da gibt es zwei Menschen, für die ich da sein könnte ... Ist es egoistisch, das ich diese Reise nicht unterbreche...?

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Kommentare


unbekannt
10:59 02.03.2007
Deeds, das mit deinem Taufpaten tut mir leid...aber, ein Hörsturz ist nichts, wovon man sich nicht wieder erholt und ich denke, du würdest ihm keinen Gefallen tun, wenn du wegen ihm deine Reise abbrechen würdest...das wäre ihm bestimmt unangenehm.
Zu L. möchte ich sagen, dass du ihr vielleicht so abgehst, weil du jetzt wirklich weg bist...manchmal weiß man erst zu schätzen, was man hatte, wenn es gegangen ist...vielleicht bringt es euch näher, auf diese Distanz.
Und ihren Gedanken, eine Therapie zu macvhen, kann ich nur unterstützen....hätte ich das vor zehn Jahren gemacht, wäre mein Leben auch anders gelaufen...Therapie ist nicht nur für Menschen in oder nach der midelifecrises gedacht
Sie ist groß und wird sich um sich kümmern. Du bist doch bei ihr...mit Gedanken, mit Worten....die tröstenden Arme, dafür sollte eigentlich T. verantwortlich sein...
Denk also nicht soviel nach, ob es richtig ist, was du tust...das hat mit unangebrachtem Egoismus gar nichts zu tun


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unbekannt
08:58 02.03.2007
Sind Menschen nicht einfach egoistisch?

Ich denke nicht das Du viel machen könntest wenn du bei Ihnen wärst und ich glaube auch nicht das du etwas an der ganzen Situation ändern würdest durch deine Anwesenheit..

Kopf hoch..ich denke das renkt sich alles wieder ein


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