"Papa, bringst Du mich heute?", fragte J. mich heute morgen. Normalerweise begleite ich ihn morgens immer zur Schule. Und da er Dienstags immer eine Stunde später hat, trödele ich meistens auch noch etwas. Es kann dann aber sein, daß ich direkt zur Arbeit gehe, ohne ihn zur Schule zu bringen. Denn um diese Zeit kann das auch meine Partnerin machen, bzw. macht das sowieso, weil sie dann auch unser mittleres Kind T. zur Schule bringt.

Es ist also Dienstags nicht notwendig, daß ich J. zur Schule bringe. Trotzdem steht die Frage jeden Dienstag im Raum, ob ich ihn heute zur Schule bringe, auch wenn es die Mama sowieso machen würde, es also nicht wirklich notwendig ist, daß ich es tue.

Ein Argument dafür, daß ich es tue, ist neben dem Ritual für J., daß ich ihn zur Schule bringe, weiters, daß T. sich auch immer freut, wenn ich ihn mal zur Schule bringe. Da kann er sich auf den Gepäckträger setzen, was er ganz toll findet.

Dennoch überfällt mich an Dienstagen ein bißchen die Faulheit und ich denke mir: "Ach, gehste halt direkt zur S-Bahn. Haste auch noch ein bißchen Zeit gespart, biste früher bei der Arbeit. Mußte auch nicht durch diese blöde Brücke“ (die seit Monaten Baustelle ist und man sich an der anderen Straßenseite über ein abgesperrtes Straßenstück bewegen muß, weil beide Gehwege derzeit nicht benutzbar sind).

"Hm, ja, ich weiß nicht, möchtest Du denn?" war meine Gegenfrage. Ich hoffte auf ein deutliches und alle Zweifel erstickendes "Ja klar, Papa!". Das würde mir die Entscheidung erleichtern, besser noch: gleich abnehmen. Bis vor kurzem hat J. auch immer noch (wunschgemäß) reagiert. Doch seit einiger Zeit läßt das nach und er macht es mir nun nicht mehr so einfach.

"Ich weiß ja nicht, ob Du willst", fragte er zurück. -

Da war ich plötzlich auf mich selbst zurückgeworfen und mußte nun mich fragen: will ich? Antworte ich mit einem deutlichen "Na klar, J.!"?

Und so habe ich ihn zusammen mit T., so wie letztlich jeden Dienstag morgen nach Auslotung der unterschiedlichen beteiligten Willen zur Schule gebracht. Hier ist nicht die richtige Stelle, Zeit zu sparen. Es ist nicht nur für J. ein schönes Ritual.

Michael