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Tagebuch MI
2005-04-14 12:38
Männliche und weibliche Logik
Ich liebe den "Zwiebelfisch" bei Spiegel-Online. Ich merke beim Lesen immer wieder, wie oft ich die Dinge der deutschen Sprache einfach so hinnehme, ohne mir noch weiter Gedanken darüber zu machen, warum das eigentlich so ist. Ich finde, das hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Leben an sich. Auch hier stellt sich schnell ein Gewöhnungseffekt ein und wenn man aufhört, sich ab und an mal ein paar Gedanken über das Wieso und Warum zu machen, dann schläft man ein und verliert sich in "Samsara".

Ich bleibe aber mal bei der Sprache. Jetzt habe ich etwas über die deutsche Verlaufsform gelernt, daß es also durchaus ein Pendant zur englischen continuous form gibt (I'm eating = Ich bin am Essen), auch wenn das vielleicht nicht "Hochdeutsch" ist. Ich finde das total spannend. Natürlich kenne ich diese Form und benutze sie auch, unbewußt. Wenn mich aber einer gefragt hätte, ob es ein Pendant zu "Im working" gibt, hätte ich wohl negiert oder hätte gesagt: "Ja: ich arbeite gerade". Aber "ich bin am Arbeiten" hätte ich wohl nicht gesagt.

Ein anderes Beispiel: seit ich etwas darüber gelesen habe, daß mehr und mehr Menschen sagen, irgendein Gerät sei ausgeschalten oder ein Hebel umgeschalten, fällt es mir im Alltag auch tatsächlich auf, daß das geschieht, und selbst beim Schreiben habe ich mich dabei kürzlich erwischt.

Ich finde das sehr sinnbildlich für die Art und Weise, wie Leben stattfindet. Da schleichen sich Dinge ein und im Grunde merkt man es überhaupt nicht. Alles geht seinen Gang, kein Grund, irgendworum ein Aufhebens zu veranstalten und schon schläft man wieder tief und fest und nur hier und da eingestreute Schockerlebnisse bringen einen wieder in die Lage, das Leben bewußt wahrzunehmen und mal wieder zu gucken, was eigentlich so schief läuft.

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Kürzlich hatte ich noch einen kleinen Austausch mit meinem ehemaligen Arbeitskollegen D. Ich hatte ihm scherzhaft gesagt, seit er weg wäre, würde das "konservative Element" in der Kaffeerunde fehlen. Er antwortete mir, er sei gar nicht konservativ, sondern nur logisch.

Damit hat er recht. Komisch ist, daß ich mich auch eher für konservativ halte, mich in seiner Gegenwart aber wie ein Linksaußen fühle. Und seine "Logik" finde ich furchtbar kalt. Kalt, ja, das ist der richtige Ausdruck dafür. Also habe ich mich gefragt, ob Logik denn unbedingt kalt sein muß. Mir fiel dann ein, daß es so etwas wie "männliche" und "weibliche" Logik gibt. Die männliche eher kühl, die weibliche eher nachgebend (nichtsdestoweniger aber genauso berechnend..).

Mir fiel dann der Satz ein: "Wasser ist härter als Stein". Das empfinde ich als weibliche Logik. Die männliche Logik schmeißt den Stein ins Wasser, mißt die Verdrängung, stellt fest, daß die Berechnung mit dem Experiment übereinstimmt: "Stein verdrängt Wasser" und ist zufrieden. Sie hat nur nicht mit der weiblichen Logik gerechnet, die erst mit der Zeit greift. Und wenn die männliche Logik längst weg ist und sich um andere Gebiete kümmert und diese "logisch erschließt", tut die weibliche Logik unbarmherzig ihr Werk, und irgendwann gibt es den Stein nicht mehr.

Das versteht die männliche Logik nicht. Es interessiert sie auch gar nicht.

MI


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