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Tagebuch MI
2005-10-31 17:22
Der eigentliche Fehler
Seit Jahren fehlt mir an meinem Forschungsgerät ein Drucker. Und auch im Kontakt mit den Messgästen zeigte sich immer wieder, daß das Fehlen eines Druckers direkt am Gerät ein Manko ist. Es steht zwar ein Drucker in der (sehr großen) Halle, der ist jedoch schlecht gepflegt (da Allgemeingut), und es gibt auch immer wieder Ärger mit dem Netz. Nicht zuletzt mußte man von der Empore, von der aus das Gerät gesteuert wird, ein gutes Stück zu dem Drucker zurücklegen. Man muß dann nur noch oft genug diese Strecke umsonst gegangen sein (Druck hat nicht funktioniert), um schließlich ganz auf den Druck innerhalb der Experimentierhalle zu verzichten.

Eine Lösung war das nicht. Immer wieder kam das Problem des fehlenden Druckers hoch. Schließlich habe ich mich besonnen und unseren EDV-Servicemitarbeiter um ein Angebot für einen s/w-Laserdrucker gebeten. Das hatte ich auch prompt auf dem Tisch. Es ging alles überraschend zügig und angenehm (eigentlich ein gutes Zeichen). Mir war noch wichtig, daß es insgesamt nicht zu teuer wird. Denn oberhalb einer bestimmten Schwelle muß ich einen Investitionsantrag schreiben sowie ein Vergleichsangebot hereinholen. Das wollte ich vermeiden.

Mein Kollege am Gerät - in der Hierarchie zwar einerseits gleich, andererseits aber trotzdem über mir (das ist so ähnlich, wie wenn jemand 51% eines Aktienpaketes an einer Firma besitzt) - wollte aber viel lieber einen Farbdrucker. Da Tinte für mich wiederum nicht in Frage kam, mußte es also schon ein Farblaser sein. Ich habe mich dann noch mal nach der Summe erkundigt, unterhalb der ich von der Zweitangebot-Investitionsauftragsbürokratie verschont bleibe. Der Drucker lag noch unter dieser Summe.

(Erst später sollte sich herausstellen, daß mein intuitives Gefühl, daß diese mir genannte Summe zu hoch war, richtig war. Es war auch nicht die geeignete Kompetenz, die ich angesprochen habe, aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine andere angetroffen).

Ich habe zwar einen Farblaser nicht für nötig befunden. Andererseits: wenn das Geld da ist, und schöner ist es allemal. Also habe ich die Bestellung für den Farblaser fertig gemacht. Telefonisch habe ich auch schon einmal die Bestellung bestätigt. Denn nur heute noch gab es den Drucker zu günstigen Konditionen, morgen nicht mehr.

Mich hat spätestens zu diesem Zeitpunkt einmal mehr dieses Gefühl beschlichen, daß gerade wieder Dinge ablaufen, die ich eigentlich nicht will. Ich lasse trotzdem für diese Dinge immer noch einen gewissen Spielraum. Denn ich kann nicht immer alles besser wissen oder nur das tun, was ich selbst für richtig halte, und niemals das, was andere richtig oder besser finden. So lege ich es mir zurecht. Aber wahrscheinlich ist das ein Fehler. Es stellt sich immer wieder als ein Fehler heraus. Schon das kleinste Abweichen von dem, was ich will, rächt sich.

Ich habe die Bestellung zur Hauspost gegeben. Prompt kam unsere Sekretärin, die gerne mal ihre Befugnisse ausdehnt. Sie wirkte "belustigt" von meiner Bestellung. Der Betrag überschritt weit den Maximalwert für einfache Bestellungen. Überhaupt, mit wem ich denn darüber gesprochen hätte, warum wir den Drucker bräuchten, und wie ich nur einfach telefonische Zusagen machen könne (es war so, wie wenn mal wieder eine kleine Demütigung fällig geworden wäre). Sie wechselte dann auch noch ein paar Worte mit meinem Kollegen. Er nannte als Begründung: "Wir brauchen den Drucker." Sie meinte, das sei nicht genug. Wieder die Befugnisse überschritten. Nun soll der Gesamtgruppenleiter drüber entscheiden.

Und ich sitze mittendrin in diesem Mischmasch von Kompetenzen, Hierarchien, Bürokratien, Angeboten, Anträgen und Zeitfenstern, und wollte eigentlich nach Jahren der Druckerlosigkeit nur endlich einen s/w-Laserdrucker. Den hätte ich problemlos bekommen, ohne all dieses Theater. Wenn ich es nur so gemacht hätte, wie ich es für richtig gefunden habe.

Was lehrt mich das? Überhaupt nichts. Es lehrt mich nichts, es ändert etwas in mir. Es führt mich weiter weg davon, auf die Wünsche und Bedürfnisse anderer Leute Rücksicht zu nehmen, wenn sie nicht den meinigen entsprechen. Für mich kann ich selbst geradestehen. Aber nicht für andere.

Das kann sich auch als Fehler herausstellen. Ich kann nicht immer alles besser wissen. Manchmal wissen andere es besser. Aber darauf kommt es anscheinend nicht an. Es kommt darauf an, zu machen, was ich will, was ich selbst für richtig halte. Und dafür gerade zu stehen, falls das nicht das richtige gewesen sein sollte. Für mich ist in jedem Falle genau das richtig.

Michael

Kommentare

09:14 01.11.2005
...Derjenige, der sich lieber dieser Kritik aussetzt, als noch weiter sich selbst fremd zu werden. Gruesse, Michael
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unbekannt
07:39 01.11.2005
Kompromisse haben eben ihre Tücken - im Erfolgsfall haben sie viele Väter, wenn nicht, wiil's keiner gewesen sein!
Kompromisslos sein setzt einem aber dann voll der Kritik der anderen aus!
Wer möchte das schon?
LG


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2005-10-31 17:22