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Tagebuch Loewin
2006-03-20 23:01
Briefwechsel, gestern
(übrigens ohne code).

lieber freund.
ich bin so weit von meinen wurzeln entfernt (und das hier am ort meiner kindheit),
daß ich an der aussagelosigkeit ersticken könnte, die in mir gewachsen ist.
an sich war es wohl nicht so, daß es für mich einen guten und einen schlechten ort gab, sondern daß einfach ein und derselbe ort als käfig über die jahre nicht zu ertragen war. ich hätte an vielen orten meine verbundenheit zur welt erneuern müssen, aber das habe ich überhaupt nicht getan, sondern ich habe nur in meinem kopf gewohnt und auch dort nach lösungen gesucht, wenn es ein problem gab.
wie könnte das funktionieren?
die welt besteht nicht aus köpfen.
luane

luane,
du weißt sicher, daß ich das, was du als verbindung zur welt bezeichnest, nicht kenne. ich glaube auch nicht daran. was ich kenne, das ist das gefühl, daß meine welt nicht im lot ist, daß etwas fehlt. ich habe dieses mangelgefühl auf meine problematische kindheit geschoben, darauf, daß ich zu meiner mutter keinen kontakt habe und all diesen psychologischen kleinkram. trotzdem schien es mir auch manchmal so, als stünde das problem viel eher in zusammenhang mit der kunst als mit realen körperlichen beziehungen.
das mädchen, das ich derzeit oft sehe, läßt das problem jedenfalls nicht verschwinden. ich werfe ihr das nicht vor. sie hat damit einfach nichts zu tun. sie kann den kontakt zu den löchern in mir nicht aufnehmen.
vielleicht liebe ich sie auch deshalb; sie versucht es nämlich gar nicht. sie schüttelt über so etwas höchstens den kopf. das ist die richtige art, damit umzugehen.
darius

darius,
ich bin gerade dabei, die idylle zu betrachten. nicht die eigentliche, sondern die auf dem bildschirm, obwohl man sich natürlich ganz gewaltig darüber streiten kann, ob die nicht die eigentliche ist, aber dieses thema ist alt.
oder nicht?
was soll ich sagen. der gefüllte bildschirm tut mir nicht weh. solange sich etwas bewegt, ist keine zeit, über schwierigkeiten „geistiger“ art nachzugrübeln. sicher gälte das auch für das sich bewegen. ich meine: rennen, kämpfen, tanzen. ich weiß sogar, daß es dafür auch gilt. dazu sind diese dinge eben nicht nur ablenkung, sondern irgendwie (solche worte benutzt du nicht, richtig?) das leben selbst.
ich gehe hier aber einer höchst zweifelhaften romantischen sichtweise nach. es gibt doch nicht „körper“ und „geist“. oder gute und schlechte betätigungen.
was dann? „nothing’s real until you feel“?
meine wertmaßstäbe zerfallen. ich weiß nicht mehr, welche ich behalten wollte, und welche ich schon vor jahren abgelegt habe.
wenn man gerade eine instabile phase hat, kehrt man wieder zu ganz alten verhaltens-, denk- und deutungsmustern zurück. das bringt mich völlig durcheinander, weil ich nicht mehr richtig weiß, was ich glaube.
l.

liebe l.
für mich stellen sich diese fragen wohl nicht. die aufteilung, die du, wie du schreibst, hinter dir gelassen hast, ist für mich... eine andere. der geist kann auf den körper wirken, aber nur in grenzen. wie es mit der wirkung des körpers auf den geist steht, da weiß ich es nicht. ich rede mir oft ein, meinen körper im zaum halten zu können. schließlich bin ich schriftsteller. ich muß mich kontrollieren können, sonst käme ich nie zum schreiben (wie du weißt).
im zweifelsfall aber kontrolliere ich nichts. nichts.
das war nicht dein thema. möglicherweise doch, wenn wir über zerfall von sicherheiten reden. habe ich wertmaßstäbe? ah, vermutlich. aufzählen könnte ich sie nicht. so kann mir aber auch nicht passieren, was dich gerade schüttelt, der verlust von sicherheiten, die du glaubst gehabt zu haben. für mich besteht auch kein hohes risiko, daß ich die alten zeiten heilig sprechen könnte. du tust das zuweilen. „früher hatte ich..., aber jetzt...“ ich hatte nicht. ich kann höchstens an der zukunft arbeiten.
an sich müßtest du das ebenso können.
d.

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