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Tagebuch Lartox
2010-03-26 10:14
Nachricht an Laxmi

Was für Turbulenzen! die letzten Wochen waren wie in einer Soap. Job bekommen, Job verloren, Bankomatkarte weg, Zimmer im Heim weg, Zimmer wiederbekommen usw usf... aber hauptsächlich gehts um Mädchen, das lass ich also zumindest vorerst alles weg. Nur eine Nachricht, die ich Laxmi (Lachschmi) soeben auf Facebook geschrieben hab, kopier ich hier rein und warte mit euch gemeinsam auf die Antwort.

 

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Es ist 9 Uhr und ich trinke mein erstes Bier des Tages. Ich bin mir nicht sicher, warum ich immer nach diesem Verhaltensmuster arbeite - vielleicht aus Nostalgie. So hab ich meine Teenager-Jahre verbracht, nachdem mit dem Karate aus war. Nur trinken, den ganzen Tag. Aber damals war es noch sozial akzeptiert, wir haben alle immer nur getrunken am See. Dass ich eine höhere Absturzrate hatte als die anderen ist nicht weiter aufgefallen; außerdem hatte ich eine Freundin, an der ich mich auslassen konnte, und einen Kreis an Leuten, die nicht wirklich meine Freunde waren, aber zu mir aufsahen und mir alles recht machten, als gebe ich Befehle.
Jetzt muss ich die Tür offen lassen, damit man mich findet wenn ich am Boden liege. Noch ist das in meinen anderthalb Jahren hier nicht passiert, aber next time's a charm, right?

Ich bin weder ein Alkoholiker noch besonders selbstzerstörerisch. Ich will ganz einfach nicht nachdenken.

Bei einer Depression ist alles bedeutungslos. Alles. Aber vor allem man selbst. Ich könnte das unregelmäßige Netzmuster meiner Wände blind aufzeichnen, denn seit ich hier eingezogen bin habe ich meine Zeit hauptsächlich damit verbracht, zu starren. Stundenlang, tagelang, für Wochen und Monate starre ich nur an die Wand oder manchmal an die Decke. Dabei bin ich nicht traurig oder wütend oder sonstwas in die Richtung - es ist nur alles bedeutungslos. Nichts was jemals war oder sein wird hat die geringste Wichtigkeit. Alle Existenz ist nichts als eine zufällige Formation im bräunlichen Schneematsch am Straßenrand, und ich liege daneben und starre sie an.
Kein Grund, sich zu bewegen.

Bewegung wär auch das Schlimmste, was ich tun könnte. Denn dieses wahnsinnige Kribbeln im Körper, dieses verteufelte Ziehen in den Gliedmaßen, dieses unbeschreibliche, kriechende, mich am Rande des Durchdrehens festhaltende Gefühl; es wäre so einfach, ihm nachzugeben und tollwütig zu werden durch diese grässlich kreischende Angst, die ihr im Schilde steckt! Ich habe dieses Gefühl ständig, und es nimmt fast meine volle Konzentration, ihm nicht zu verfallen. Zwei Mal habe ich es getan, und habe mich immernoch nicht davon erholt. Deshalb bin ich so still geworden. Ich habe keine Kraft mehr für andere Dinge.

Was ich tue wenn ich nichts als "bin" ist nachdenken. Aber das auf eine bizarre, unnatürliche Art und Weise. Ich bin mir zur selben Zeit allem und jedem bewusst, es ist wie ein einziger Matschhaufen in meinem Kopf, irgendwie ist alles so durcheinander dass ich nicht weiß, was ich eigentlich gerade denke. Wenn mich jemand danach fragt sage ich "nichts" oder denke mir schnell was Lustiges oder Interessantes aus. In Wahrheit aber versuche ich, alles Sein als Ganzes zu erfassen, besser gesagt meine Rolle darin. Ich bin mir immer und überall so vollkommen der Ganzheit von allem bewusst, dass ich davon gelähmt werde. Ich kann keine klaren Gedanken fassen. Alles dreht sich im Kreis. Immer dieselben Gedanken, mal von links und rechts und rückwärts und anders gefärbt, aber dieselben sind es.

Einzelne Menschen stehen nur sehr selten aus diesem Matschhaufen heraus und wecken mein spezielles Interesse. Über diese Menschen denke ich nicht nach weil ich muss, sondern weil ich will.

Im Übrigen hör ich grad John Coltrane. Falls du den nicht kennst, hör ihn dir an!

Wie ich anfangs schon erwähnt habe, hatte ich früher immer Leute, die mir gefolgt sind. Ich habe diese Menschen ausgesaugt bis sie leer waren und alles, was gut an ihnen war, mir einverleibt. So habe ich meine schluchthaften Komplexe aufgefüllt. Meinen Selbsthass hab ich nach außen gerichtet und mit irgenwelchem Gefasel über Misanthropie meine unterdrückten Aggressionen übertüncht.
Ich hatte noch viele weitere Mechanismen, die darauf abzielten, dass ich mich gut fühlte. Krankhaft gut, aber gut.
Das kann ich nicht mehr. Ich habe nicht die Kraft dafür.

Jetzt sehe ich Menschen nur noch als Diejenigen an, die out to get me sind, um es einfach zu formulieren. Und wieso sollten sie nicht? Ich bin die mickrigste Ausgeburt, die je freie Luft geatmet und verunreinigt hat.

Versteh mich recht, das sind alles Gefühle, mit denen ich nunmal leben muss. Ich habe nicht davon gesprochen, was ich DENKE. Ich weiß, dass das alles Schwachsinn ist. Ich bin weder schlechter noch besser als andere, und das Leben ist schön. Immerhin sind meine Zukunftspäne darauf ausgerichtet, für das, was gut und richtig ist auf der Welt, zu kämpfen. Ich würde alle Menschen glücklich vereint sehen mit sich und der Natur, wenn ich wählen könnte. Und ich wär natürlich einer davon.

Dadurch, dass ich so denke, und dank vieler anderer Dinge habe ich in der näheren Vergangenheit daran gearbeitet, ein neues Gerüst für meine Persönlichkeit aufzubauen. Irgendwie muss doch meine Triebkraft als Mensch aus mir selbst kommen, oder? Ich versuche wirklich mit mir im Reinen zu sein, und bisher läuft es überraschend gut. (schnell das zweite Bier holen) Ich fühle mich momentan gar nicht schlecht, muss ich sagen. Aber ich kann nunmal nicht aus meiner Haut und denke nach wie vor zuviel nach.

Und hier kommst du ins Spiel.

Der Grund dafür, dass ich immer schlecht gelaunt bin wenn wir zusammen sind, bist du. Gerade als es anfing, mir gut zu gehen, hab ich dich kennen gelernt. Vielleicht spielt das eine Rolle. Siehst du, Menschen haben mich nie sonderlich eingeschüchtert (außer als Kind, da war ich so schüchtern dass ich Leute nichtmal angesehen hab). Ich fühl mich eigentlich in allen zwischenmenschlichen Situationen sehr souverän. Dinge wie Blamage oder Konflikt sind komplett schnurz. Ich genieße es, Leute zu durchschauen und mit ihnen zu spielen. In Vorarlberg bin ich immernoch für meine wahnsinns Menschenkenntnis bekannt, und auch dafür, dass ich es aus dem Stehgreif mit jedem lustig haben kann. Du wirst das vllt nicht glauben, aber ich bis oben hin voll mit Humor..!

Aber. Aber aber... Schon am ersten Tag auf der Donauinsel fand ich mich etwas nervös. Irgendwie interessierte mich, was du von mir hältst.
Wie toll war das, als du auch Interesse an mir zeigtest! Aber das genannte Gefühl dir gegenüber hielt und hält an. Du bringst mich aus dem Konzept. Ich kann dich kaum lesen und auf gar keinen Fall manipulieren, so wie die andern. Mir verschlägt es in deiner Gegenwart die Sprache. Ich habe ständig Angst, dich mit irgendwas zu verschrecken und davonzujagen, also sage und tue ich einfach nichts. Und das, wiederum, ist wohl das Schlechteste was ich tun kann. Ich glaube nicht, dass du davon noch mehr aushalten willst.
Ich würde mich ja anders verhalten, aber ich weiß nicht, wie?
Was tun, was tun.
Und here's the kicker: In all dem Beschrieben kommst du daher und sagst du Dinge wie dass du in mich verknallt bist - um mir dann gestern und heute die kalte Schulter zu zeigen. Ich will zwar nicht alles auf dich schieben, schließlich kann ich nichts von dir verlangen, aber ich hab da deutlich was gespürt.

Ich sage dir das alles, weil ich will, dass du mich besser kennst. Das ist nur fair. Und weil ich dir klar machen will, dass du nicht alles an mir gesehen hast.
Ich will auch mehr von dir sehen. Ich will kommunizieren.

Ich rede nicht von Beziehung oder sonst irgendwelchen Zwängen. Ich meine nur, dass du ein besonderer Mensch bist und dass ich meine nächsten Lebenserfahrungen mit dir machen möchte.

Im Grunde haben wir schon im Café irgendwas bei der Lugner-City vor einer Woche darüber gesprochen, ich will also keine Antwort. Trotzdem muss ich es angesichts neuer Entwicklungen nochmal sagen:
Ich hab keine Energie für Spielchen oder halbe Sachen. Und wenn ich ganz ehrlich bin vertrag ich in einem Verhältnis, in welchem beide Betroffenen einander zugeneigt sind(?), nicht eine solche nüchterne, routinehafte Kaltheit wie die der letzten Stunden.

Tja. Leider ist diese Nachricht genau so etwas, was dich davonjagen könnte. Aber ich musste es los werden, egal, was du jetzt denkst. Ich hasse Ungewissheit mehr als schwarzen Wodka.

Ich habe meinen Teil getan und dir meine Hand ausgestrekckt. Nimm sie - oder eben nicht.

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2010-03-26 10:14