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Tagebuch julieb
2010-05-05 13:40
Eigenartig

temeritas hat in einem Eintrag gefragt, warum sich eigentlich jeder (da ist es um irgendeinen Fragebogen gegangen) selbst als eigenartig bezeichnet.

Dauernd denke ich darüber nach, weil ich für mich selbst ja auch ständig überlege, ob ich normal bin. Oder eben eigenartig. Oder gestört. Fertig. Oder charakterschwach. Ein Lulu.

Aber als eigenartig beschreibt man sich selbst wahrscheinlich noch am liebsten. Heißt ja eigentlich nix anderes, als dass man eine ganz eigene Art hat. Also sehr individuell und anders als die anderen ist. Was Besonderes also. Und wer möchte nicht gerne besonders sein.
Oder denke ich das nur, weil das für mich selbst gilt. Ist es jetzt eigentlich ehrlich oder selbstdarstellerisch, wenn man zugibt, dass man gerne etwas Besonderes wäre, oder zumindest etwas Besonderes könnte.

Bis zu einem gewissen Grad ist es sicher normal, dass man sich Anerkennung wünscht. Für das was man tut, oder eigentlich eher für das was man ist.
Bekommt man die Anerkennung für zweiters nicht, kompensiert man das wohl durch ersteres.
Wenn man sich dann - so wie ich - nicht einmal mehr dazu aufraffen kann, irgendwas nur ansatzweise Besonderes, oder auch nur vom Alltag abweichendes zu tun - dann wird's traurig.

Vielleicht ist das Traurige aber auch einfach das übertriebene Bedürfnis danach, dass eben andere anerkennen, wer man ist und was man tut.
Eigentlich sollte man (in meinem Alter) selbstsicher genug sein, um diese Pseudobestätigung nicht zu brauchen.

Und trotzdem kann ich nicht anders.

Ständig kontrolliere ich mich, denke darüber nach, wie ich bin, wie ich von anderen gesehen werde, wie ich sein möchte und wie auf gar keinen Fall. Wie ich werden könnte, wenn ich all das umsetzen würde, was ich mir wünsche und wie ich werde, wenn ich bleibe wie ich bin.

Permanent habe ich das Gefühl, Zeit zu verschwenden und trotzdem schaffe ich es nicht, etwas zu tun, um mein Leben so zu gestalten, dass ich mich darin wohlfühle. Ich warte und mache mein Leben von Ereignissen abhängig, von denen ich annehme, dass sie etwas Grundlegendes ändern.
Obwohl ich wissen müsste, und irgendwie ja auch weiß, dass nur ich etwas ändern kann.

Ändere dich selbst, dann ändert sich die Welt um dich herum.

Ich war schon immer ein Sprücheklopfer.

Es gibt soviele kluge Leute, die in einem Satz die Welt so erklären, dass sie ganz einfach zu sein scheint.

Liegt das an den Menschen oder an der Welt. An der Sichtweise der Menschen.

Ich komme irgendwann immer wieder an den Punkt, an dem ich denke, dass ich mich einfach zusammenreißen muss.

Was war schließlich früher? Als sich niemand ausgiebig damit beschäftigt hat, wie es in unserem Inneren ausgesehen hat? Als der Einzelne in der Masse untergegangen ist und bei weitem nicht den Stellenwert hatte, den das Individuum heute einnimmt.

Da haben die Menschen doch auch hart gearbeitet und niemand hat danach gefragt, ob man ausgebrannt ist. und erschöpft. Man musste sich eben zusammenreißen.

Und ist die Welt dadurch besser geworden, dass das heute anders ist? Vielleicht leben wir länger, weil wir nicht mit 30 an der 10. Entbindung oder einem stressbedingten durchgebrochenem Magengeschwür sterben.
Aber ist das wirklich besser?

Ich hab's so satt, dass ich nicht anders kann, als ununterbrochen solche trübsinnigen Gedankenketten zu knüpfen, die kein Ende haben und wenn ich am Ende bin und mich ablenke, mich niemals besser fühle als beim Ausgangspunkt. Und der kommt bei jeder Gelegenheit. Irgendein Wort, ein Bild, ein Geruch und ich bleibe hängen und schweife ab, vom 100sten ins 1000ste und niemals kommt ein produktiver Gedanke zustande, der mich dazu bringt, endlich etwas zu ändern.

Und weil Schatz mich nicht versteht, oder einfach nicht nachvollziehen kann, wie man so ....mir fällt jetzt kein passendes Wort ein... sein kann, kann ich mich auch nicht so richtig auskotzen.
Und vielleicht rede ich deshalb zuviele andere Dinge.
Ich hasse es, schon, mich reden zu hören. Ich empfinde mich selbst als belehrend und ich glaube, dass ich mich unsympathisch finden würde, wenn ich mich von außen sehen und hören könnte.

Manchmal sehe ich Menschen, von denen ich denke, dass die vielleicht ungefähr so rüberkommen wie ich, und das finde ich meistens abstoßend.

Irgendwann ist mein Leben vorbei. und wenn man von den vielen Ängsten absieht, die ich dahingehend hege, bleibt die größte Angst die, dass es plötzlich so weit ist, und ich bis zum Schluss so gelebt habe, wie ich es jetzt tue.

Kann mir vielleicht irgendwer sagen, dass er auch so denkt. Dass das normal ist.
Oder kann mir vielleicht jemand sagen, dass das zwar nicht ganz normal, aber auch noch nicht besonders schlimm ist.
Und wenn mir derjenige dann auch noch einen Rat geben könnte, wie ich es am besten anpacke, etwas zu ändern, dann wäre ich wirklich sehr, sehr dankbar.

Weil ich auch gerne wieder unbelastet wäre. Ich möchte mich auch am Abend ist Bett legen und einschlafen. Oder eine Stunde im Kies knien und die Steine anschauen. Oder mich mitten im Einkaufszentrum auf den Boden kauern und die Fliesen anstarren.

Wir unterbrechen das Gedankenkarusell an dieser Stelle für die Kinderbetreuung.

Kommentare

16:38 05.05.2010
ich würd dir wahnsinnig gern antworten, aber mir ist das echt zu hoch und zu kompliziert gerade. ich versteh die aussagen in deinem text, aber ich schaffs nich, geordnete gedanken dazu zu fassen....menno. auf jeden fall...zu streng mit dir selbst find ich dich auch. schon immer. was du für ansprüche an dich stellst und wie kritisch du dich siehst, das ist wahnsinn!!

früher wurde einfach weniger nachgedacht, denk ich. die ansprüche waren geringer, weil man nicht wusste, was einem entgeht. heute haben wir so viele möglichkeiten, da will man dann auch mehr. und man sieht was andere erreichen, denke das spielt auch mit rein. dabei müsste man eig nur mit sich selber zufrieden sein...aber wer schafft das schon?

angst vor veränderungen hab ich auch. in kombi damit, dass ich mich nicht aufraffen kann. dass ich zu faul und träge bin um den arsch hochzubekommen um etwas zu erreichen von dem ich nicht weiß, ob ich es wirklich will...ich glaub, dass das normal ist.

sorry, das wird dir jetzt nicht weiter helfen....
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16:08 05.05.2010
Mahhh. ich habe dir gerade soooooooo einen langen Kommentar hinterlassen, und schwupps war er weg. Also nochmal.

Sehr spannender Eintrag von dir!
Und zuallererst: Ich finde mich da in sehr vielem, was du schreibst, selber wieder!
Nur finde ich, dass du schon sehr streng mit dir selbst bist. Zum Beispiel, dass du dich selbst unsympathisch finden würdest. Ich lese schon recht lange bei dir, und nie, nie, nie habe ich dich unsympathisch gefunden!

Den Wunsch nach Anerkennung durch andere habe ich nicht. Mir wäre es viel lieber, wenn andere gar nicht bewerten würden, was oder wie ich etwas mache. Ich brauche keine Anerkennung von ihnen. Aber ich kann stundenlang darüber nachdenken, wie ich es endlich schaffe, dass es mir egal ist, was andere von mir denken. Denn letztendlich ist es völlig egal, ob Susi Maier mich und mein Handeln gut oder beschissen findet, ist eh mein Leben. Aber ich kann mich nicht davon befreien. Liegt vielleicht auch an unserem generellen Leistungsdenken.

Früher waren die Leute sicher nicht glücklicher, nur glaube ich, dass das heutzutage einfach mehr kommuniziert wird, wie es einem geht.

Was das Zusammenreißen betrifft, glaube ich nicht, dass es gut ist, wenn man immer so dahinlebt, weil man sich zusammengerissen hat. Manchmal brauchts das Ausflippen, Bewährtes verlassen und Neues beginnen. Wie schwer das aber ist, merke ich gerade selber, will ja auch gerade so viel verändern, und verharre aus Angst vor der Veränderung auf der Stelle.

Wenn du weißt, wie es geht bitte melden!

(Sorry für den Monsterkommentar, ich glaube, ich sollte der Thematik auch mal einen eigenen Eintrag widmen. )
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julieb Offline

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2010-05-05 13:40