Leben vor dem Tod
Ich bin heute morgen aufgewacht und fühlte mich gleich beschissen. Irgendetwas muß ich in der Nacht geträumt haben, oder was weiß ich... Das Leben war jedenfalls gleich am Morgen einfach nur ätzend. Und um diese frühe Uhrzeit konnte ich noch nicht alle Gefühle einordnen.
Ich dachte dann, daß ich besser mal unter Leute gehe, bevor ich völlig am Rad drehe, aber das war ein sehr großer Fehler. Ich hatte plöztlich unterwegs Flashbacks, war völlig fertig. Das ganze hat mich quasi überfallen. wußte gar nicht, wie mir geschah und was der Auslöser gewesen sein könnte. Hab mich irgendwo verkriechen wollen, aber das soll mal jemand in den Osterferien auf dieser Insel vormachen...
Ich wollte wieder nach Hause und das so schnell , wie es geht. Aber dieser Wunsch übertraf meiner körperlichen Verfassung um ein vielfaches. Ich kam mir vor, als würde ich vor etwas flüchten, ohne weglaufen zu können. Hab den ganzen Weg nach unten geschaut. Ich habe diesen Körper dafür gehaßt, daß er mich nicht so schnell wie möglich wegbringen konnte, weg von den ganzen Touristen.
Zuhause hätte ich durchatmen können, wenn dieser innere Druck mir nicht den Atem geraubt hätte. Ich bin mal wieder abgedreht. Konnte mir nicht anders helfen.
Vorhin bin ich dann nochmal rausgegangen.. Es dämmerte schon und ich wollte am Strand sein, bis es dunkel war. So schleppte ich mich wieder zu "meinem" Platz. Auf einer Buhne ließ ich mich vom Meeresrauschen beduseln und der Wind pustete mir ein Lied ins Ohr. Ich kam mir so allein vor. So allein und egal. Niemand nahm Notiz von mir, als ich dort saß. Aber warum auch? Da saß halt eine Frau allein auf einer Buhne. Wieso sollte das jemand großartig registrieren? Aber ich habe mir gewünscht, daß mich jemand bemerken und zu mir kommen würde. Ich wollte nicht mehr allein sein.
Ich glaube, ich weiß, was ich heute morgen für eine Stimmung hatte. Ich wollte tot sein. Ich habe oft diese Sehnsucht in mir. Ist es Vorfreude? Immer wenn ich daran denke, oder wenn ich kurz davor bin, jubelt etwas in mir. Ich kann dieses schöne Gefühl gar nicht beschreiben. Und heute morgen hatte ich vielleicht Angst vor diesem Gefühl, weil es doch angeblich so falsch ist...
Diese Psychologin hatte mich ja mal gefragt, warum ich denn noch lebe, wenn ich mich so oft mit Suizidgedanken befasse.Ich kam mir vor, als würde sie mir einen Vorwurf machen, weil ich noch am Leben bin. Vielleicht ist dieser ja gerechtfertigt...