Freudlos
Ich bin mal wieder am Durchdrehen. Schon seit einigen Tagen geht es mir so. Das Schlimme ist, daß ich mich doch eigentlich freuen müßte. Schließlich kann ich morgen meine zwei Katzenkinder abholen.

Mich nervt dieser Scheiß Körper. Ich schaffe die Arbeit nur mit Hängen und Würgen. Heute wäre ich am liebsten einfach nach Hause gegangen. Das hätte ich ja auch ohne Probleme tun können, aber ich setze mich selbst unter Druck. Die Patienten sagen mir schon wieder, daß sie unbedingt von mir bis zum Ende ihrer Kur, oder AHB behandelt werden wollen. Und ich selbst habe außer Plan Behandlungen durchgeführt, die ich gerne weitermachen würde. Ich muß also funktionieren. Ich darf einfach nicht schlapp machen. Nicht wegen meinen Ansprüchen und nicht wegen den Hoffnungen der Patienten...

Ich habe eine innere Unruhe, sehne mich wieder nach dem Tod. Ich denke viel daran und versuche immer wieder davor "wegzulaufen". Ich fühle mich wieder so egal. Wem interessiert es schon, ob ich lebe? Hier auf der Insel sind nur meine Kollegen oder meine Hausärztin da. Meine Kollegen kommen sicher auch ohne mich zurecht und für meine Ärztin bin ich doch auch nur eine Nummer, ein Buchstabe in ihrer Patientenliste. Sie hat zur Zeit Notdienst, aber ich sehe mich nicht als Notfall. Der Tod ist keine Not...
Die Psychologin wollte mich auch anrufen, aber ihr bin ich scheinbar auch egal. Aber das beruht dann auf Gegenseitigkeit...

Auch wenn ich das hier gerade schreibe, halte ich diese Unruhe kaum aus. Ich möchte nicht wissen, wieviele Kilometer ich in den letzten Tagen in meiner Wohnung zurückgelegt habe... Ich versuche mich abzulenken, bereite alles für den Einzug der Kurzen vor, aber ich komme da einfach nicht raus. Ich drehe die Musik laut auf und reagiere mich ab. Ich mache Sport usw...

Ich will mich ja freuen. Verstehe mich selbst einfach nicht.