Erstes Lebenszeichen
Ich habe eine Woche überlebt. Kann es selbst kaum fassen.Ich hatte aber auch Glück, denn man hatte mir bei der Anreise tatsächlich ein Einzelzimmer zugedacht Das ist quasi der Grund, warum ich noch hier bin. Die Anreise war sowieso der Hammer. Ich empfinde Reisen als sehr anstrengend. Bin auch froh gewesen, daß ich überhaupt angekommen bin, da ich mehrfach umsteigen mußte und somit immer mal einen Zug verpaßt haben könnte...
Der Taxi-Fahrer hat mir auf dem Weg zur Klinik ein bißchen über das Haus erzählt. Der war sowieso sehr nett. Hat auch einige Sories über Patienten gerissen... So fing es gut an.
Tja, was habe ich in der Woche erlebt? Irgendwie kommt mir das alles so un-besonders vor.Empfinde die Zeit hier auch als verschenkte Zeit irgendwie. Klar sind die Anwendungen okay und nach einer Woche sollte ich nicht so viel erwarten, aber ich vermisse einfach zuviel von mir. Damp an sich ist ziemlich unspektakulär. Der Ort ist für Kur-Gäste sehr abgeschieden. Wenn man vor den Gebäuden steht, denkt man automatisch an "Plaatenbauten", oder ich habe daran gedacht. Wenn die Fenster nicht so groß wären, hat das schon etwas östliches...
Außerdem komme ich mir mal wieder etwas vor, wie im Altenheim. An meiner Tisch sitzt ein älterer Herr neben mir, der die 80 schon überschritten haben dürfte. Er schnauft immer, als würde er jeden moment ersticken. Dabei wurde er doch an der Hüfte operiert...
Gegenüber sitzt ein Ehepaar. Der Frau ist wohl die Schulter rausgeflogen. Auch die beiden schätze ich so auf "um die 70".
Generell ist es schwer Leute in meinem Alter anzutreffen. Klar, gibt es die. Aber entweder sind sie nicht mein Fall, oder ich sehe sie nur mal im Speisesaal, ganz weit weg von mir. Ich kann ja schlecht durch den ganzen Raum funken... Die Anwendungen habe ich ja allein. Das heißt, heute war ich in einer MS-Gruppe. Da saßen sogar welche zwischen 42 und 58. Das war also schon etwas angenehmer. Nur habe ich eben keine Lust, die ganze Zeit über MS zu reden. Außerdem hatte ich zu der Zeit sehr mit der Fatigue zu kämpfen und war mehr damit beschäftigt die Augen aufzuhalten, als dem Gespräch zu folgen. Hinterher mußten wir ein Feedback abgeben. Hab halt gesagt, daß ich einfach zu müde und sowieso kein Redetyp bin. Über letzteres hat man sogar noch gelacht. Vielleicht wissen die nicht, wie krass ein Leben in Dauerschläfrigkeit ist. Es hat mich schon ein bißchen geärgert. Bin ich ganz ehrlich... Das ist nicht der Grund, warum ich diese Gruppe absetzen lassen werde. Wie andere mit MS umgehen, hat mich noch nie interessiert. Meiner Meinung nach, muß jeder seinen eigenen Weg finden. Schlaue Ratschläge sind dann eher Tiefschläge.
Gestern war ich zum erstenmal am Strand. Ging nicht früher, weil es so stürmisch war, oder es geregnet hatte. Ich war ein bißchen enttäuscht. Es war windig ohne Ende, aber es zeigten sich kaum Wellen. So sieht es an der Nordsee bei Flaute aus *lol* Gut ist, daß man nicht soweit gehen muß, um Wasser zu erreichen. Der ganze Strand war mit Muscheln bedeckt. Ich weiß schon, warum ich nie barfuß im Sand herumlaufe. Jetzt sowieso nicht, wegen den Temperaturen.
Ich bin ja mal gespannt, was mich noch so erwartet. Elektro-Therapie, Autogenes Training und Psycho-Sitzung erwarten mich noch.... Ich will auf alle Fälle arbeitsfähig hier rausgehen. Das Ziel ist der Weg, oder wie war das doch gleich???