3. Chance
Ich hab vor einigen Monaten mein Diary hier gelöscht. Wir hatten eine schwere Zeit hinter uns und ich wollte es abschließen. Einige, die mitgelesen haben, wissen, dass mein Dad eine kleine Knastkarriere hinter sich hat. Aber nichts Schlimmes im Grunde. Er hat "nur" geklaut. Heutzutage ist es nichts Besonderes. Aber er hat auch dazu beigetragen, dass unsere kleine Familie gesplittet wurde.

Meine Mum hat feste zu ihm gehalten, ohne mich wäre sie aber kaputt gegangen. So hielten wir 2 ganz fest zusammen und bauten uns gegenseitig in den schlimmsten 8 Monaten unseres Lebens immer wieder auf. Mit viel Beten und Glauben haben wir das wohl geschafft. Mein Bruder hat sich in der Zeit abgewendet. Wir haben von ihm nichts mehr gehört oder gesehen.

Kurzfassung der letzten Knast-Einheit (insgesamt war er 3x weg, 2x Offener Vollzug, darunter immer mal für ein paar Tage im Geschlossenen, aber meist Offen):

Februar 2004

Anruf, abends, donnerstags
"ich muss weg. Ich bin verurteilt worden für 6 Monate Offener Vollzug" - achso, nur 6 Monate das geht doch. Sind wir schon gewohnt, liegt nicht weit von uns weg. Mama kann jedes Wochenende hin, oder er nach 3 Monaten jedes Wochenende nach Hause. Die Gewohnheit siegt.

Er klaute 3 Schachteln Zigaretten in seiner 3jährigen Bewährungszeit. Damals stahl er Lebensmittel, weil sie so wenig Geld hatten.

Da er Selbststeller war, verlief es für ihn Vorteilhafter.

Aus 6 Monaten Haft sollten 18 Monate werden.....Voraussichtliches Ende September 2005.

Es verlief ganz gut. Man gewöhnt sich ja an alles. Er bekam sogar Arbeit und am Wochenende war er meist zu Hause. Niemand wusste davon. Nur ich, mein Freund, Mama, eine enge Freundin von mir. Mein Freund hielt auch zu uns.

4 Tage vor meinem Geburtstag im September 2004 rief er mich an. Er wird nach Bonn verlegt. Wie lange?? Wüsste er nicht. Er hat Mist gebaut - unwissend aber (und das stimmt!!!). Er hat Arbeitslosengeld bezogen, Sozialhilfe und war am arbeiten. Da war was durcheinandergeraten, da haben die Beamten ihn abgeschoben in den Geschlossenen nach Bonn.

Am 09. Mai 2005 kam er nach Hause.

Es hat sich viel verändert seitdem. Mal Hoch mal Tief. Er ist in Therapie, will nie wieder in den Bau. Wobei er sich gut gemacht hat dort. Da hat er gelernt, mit wenig leben zu können.