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Tagebuch helpless
2008-08-20 15:18
der anfang vom ende
gestern ist passiert, worauf ich schon lange gewartet habe:
mein vater sagt, dass er ausziehen wird.
- endlich.

ich klinge so eiskalt, es tut mir schon fast leid für ihn.
aber er hat mich verletzt, meine mutter, meine schwestern. er hat uns allen weh getan und hat es nicht einmal gemerkt.
"das ist die krankheit", sagt meine mutter immer.
aber das ist keine entschuldigung, vielleicht eine erklärung für sein widerliches verhalten.

er soll abhauen. soll einfach gehen und sich aus meinem leben raus halten. ich habe meinen vater aufgegeben. ich hasse ihn. hasse ihn für das, was er unserer familie angetan hat, dafür, wie sehr meine schwestern unter seiner entscheidung auszuziehen leiden, für sein verhalten meiner mutter gegenüber, für sein verhalten mir gegenüber...
er ist kein vater. nicht für mich.
bin ich ungerecht?

---
mein vater ist manisch-depressiv. das hat man 2001 festgestellt. seitdem ging es immer wieder auf und ab, von einem extrem ins andere. er ist unberechenbar geworden. im ersten moment ist er scheinbar normal, redet ruhig, ist gelassen. im nächsten augenblick ist er aber aggressiv, schnauzt jeden und alles an, wegen kleinigkeiten, wegen belanglosem, schmeißt mit geld um sich, kauft unnötiges zeug im wert von hunderten von euros... danach ist er total down. er ist dann der meinung, dass ihn keiner mag, dass ihn alle hassen und sich gegen ihn verschwören.

das schlimme ist eben, dass diese stimmungswechsel nicht regelmäßig kommen. mal sind sie da, mal nicht. mal dauern sie lange an, mal kürzer. er ist wie eine tickende zeitbombe - eine falsche bewegung, ein falsches wort und er geht hoch.

ein balanceakt.

meine mutter hat immer versucht ihm alles recht zu machen, hat versucht mit der krankheit klar zu kommen, wollte papa nicht allein lassen in seiner situation. "wie in guten, so in schlechten tagen"
... daran hat sie immer festgehalten und daran geht sie kaputt.

ich bewundere meine mutter für ihre kraft, das ganze durchzustehen. sie muss allein klar kommen, hat keinen partner, auf den sie sich verlassen kann, mit dem sie probleme meistern kann. sie hat uns drei, mich und meine zwei jüngeren schwestern, und dazu noch meinen unseren vater. das ist eine unglaubliche belastung, der meine mutter nicht mehr lange stand hält.
sie bricht bald zusammen, deshalb ist es auch gut, dass mein vater sich endlich von allein dazu entschlossen hat zu gehen.

er wird eine art krieg gegenmeine mutter anzetteln, weil er denkt, mama wäre für sein unglück verantwortlich. er fühlt sich zu dick (die medikamente sind ziemlich hart, davon nimmt er auch zu und das sehr schnell), er ist unzufrieden mit seinem job, mit sich selbst und kann damit nicht umgehen. das lässt er dann in form von aggressionen an uns aus, sei es in worten oder in physischer gestalt. er schlägt uns nicht, nein, aber er greift uns an.
vor einigen jahren hat er mich an den haaren zum klo geschleift, weil er meinte, da wäre dreck drin und ich sollte es doch sauber machen - dabei war das klo vollkommen in ordnung und nicht dreckig.
einmal hat er meine mutter auf offener straße genommen und auf die straße geschmissen. die polizei kam und wir haben eine richterliche verfügung gegen ihn bekommen, sodass er nicht näher als 200 m an jemanden von uns ran durfte. er hat sich nicht daran gehalten, kam ins haus rein, hat seine sachen geholt und ist ausgezogen. für 2 jahre. danach kam er wieder nach hause zurück, die damaligen tabletten haben relativ gut geholfen.
"halt die fresse oder du bist dran" hat er erst gestern zu meiner schwester gesagt. dabei hat er so einen blick drauf, da kriegt man es mit der angst zu tun. er guckt so, als würde er jeden moment aufspringen um sich ein messer zu greifen und auf dich los zu gehen.

er soll einfach abhauen. ohne ihn sind wir vier besser dran. ganz sicher.

meine schwester ist noch zu jung um das alles zu verstehen, sie ist jetzt 11 und verdrängt die ganze situation einfach. sie hat gestern zwar geweint, als papa gesagt hat, dass er ausziehen will. aber sie hat auch kurz danach wieder gelacht und mit ihm karten gespielt.

das kann ich nicht. ich hasse ihn einfach zu sehr um ihn auch nur normal anzusehen. er merkt glaube ich auch, dass ich mama einfach so sehr liebe, ich bin immer für sie da und werde es in zukunft auch sein. er hat keine chance, mich und mein vertrauen für sich zu gewinnen. das zermürbt ihn.
er merkt einfach, dass ich gegen ihn bin, ich habe weniger hemmungen als mama und meine schwestern, ihn zu hassen.

ich habe dinge miterlebt, die meine schwestern nicht mitbekommen haben - was auch gut ist.
ich war alt genug um das ganze zu realisieren und zu verstehen, meine schwestern nicht.
ich merke ganz klar den unterschied zwischen meinem alten vater, den ich mal geliebt hab und dem monster, das er jetzt ist.

es tut mir so leid zu wissen, dass meine schwestern leiden. die beiden haben das einfach nicht verdient. ihre erinnerungen sind zu schwach um sich an ihren eigentlichen vater zu erinnern, sie kennen im grunde nur den kranken vater, der uns allen nur weh tut.

er soll gehen. sofort. so schnell es eben geht. und er soll nie wieder zurück kommen...

Kommentare

23:52 21.08.2008
danke, dass du uns glück wünschst, das stärkt.
er war in therapie. die hat er irgendwann abgebrochen, weil er meinte, er wäre kein "psycho". er hat regelmäßig die tabletten geschluckt, hat zu der zeit ja auch in seiner eigenen wohnung gelebt. dann hat er sich beruhigt.
jetzt nimmt er leider andere tabletten, die schwächer dosiert sind. deshalb kommt es in letzter zeit immer wieder zu heftigeren schwankungen bei ihm...
er muss sein leben auf die reihe kriegen und zwar ohne uns, allein. wenn er sich nicht selbst findet und mit sich und seiner krankheit klar kommt, dann kann er auch nicht mit uns zusammenleben wie in einer normalen familie...aber was ist heutzutage schon noch "normal"?

sein auszug ist sehr realistisch, er bespricht alles finanzielle mit meiner mutter, sucht nach wohnungen, ändert versicherungen und den antrag wegen des kindergeldes. er geht. definitiv. wann, das ist nur die frage.

mit dem kontaktverbot geht das nicht so einfach. er muss wirklich handgreiflich werden oder uns massiv bedrohen, sonst kann man da nichts machen. und im grunde ist das auch nicht nötig, solange er nicht gewalttätig wird und friedlich bleibt. momentan ist das ja der fall - gott sei dank.
wenn er auszieht, dann kehrt hoffentlich erst einmal ruhe ein...
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01:53 21.08.2008
schlimm. ist er wenigstens in therapie? bekommt hierdurch die tabletten?
jedenfalls sollte er nicht auch noch euer leben zerstören.
ist sein auszug den realistisch oder nur ein wunsch? kann das kontaktverbot nicht wieder in kraft treten?
oder müsst eher ihr die wohnung/das haus flüchten?
Good luck!
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