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Saturday, 20. April 2024
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Tagebuch Heinz_Welk
 1944-12-21 hh:mm
Ansturm der bolschewistischen Walze! ..............
Wir haben ihn erwartet, früher schon als dass er unternommen wurde. Der Gegner wusste das und sein Warten hatte Gründe, welche uns eigentlich nicht ganz begreiflich waren. Glaubte der Russe denn wirklich, dass uns die anglo-amerikanischen Invasoren überrennen würden? Vielleicht an einem grünen Tisch in Teheran – nicht aber an unserer Atlantikküste. – Stalin wollte es sich leicht machen, Europa überrennen, wenn im Westen die Köpfe blutig geschlagen waren. Er hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Hier im Osten lagen, wenn auch nicht zu viele Divisionen Soldaten, welche sich in den Wochen der Ruhe aufgefrischt und vorbereitet hatten. Jedem war die kommende zu erfüllende Aufgabe klar. Ende Juni erreichte uns der Befehl zum Eingriff in die Kämpfe. In knappen 24 Stunden waren wir vom Norden her zur Mitte geeilt und sofort in die Schlacht geworfen, die Kameraden im Kessel von Bobrujsk zu befreien. Es gelang uns zunächst in wechselvollen Kämpfen, den Gegner aufzuhalten. Diese Zeit genügte zur Befreiung der Eingeschlossenen, die sich mit verbissener Energie zu uns zurückkämpften. Weitere Durchbrüche des Russen, geführt durch eine sehr starte Panzerspitze, brachten uns und die Eingeschlossenen in eine neuerliche, schwierige Lage. Durch anpassende Absetzung mit unterbrechendem Entgegenstemmen des fdl. Druckes konnten die Eingeschlossenen zurückgeführt werden. Das Land, welches dabei aufgegeben wurde, entsprach bei weitem nicht dem errettenden Gewinn dieser Männer.
Es steht außer Frage, dass die Operationen des Gegners sehr geschickt geführt waren und im Großen und Ganzen ein Spiegelbild unserer Angriffe von 1941-42 waren. Dass neben den schweren Panzer- und Materialverlustes des Gegners auch wir erheblichen Verschleiß an Material hatten, wird nicht bestritten. Wenn man bedenkt, dass die ganze Masse dieses schnellen motorisierten Ansturmes nur das eine Ziel hatte, unsere gesamte Mittelfront in die Zange zu nehmen und den Nordabschnitt zu bedrohen, erkennt man die große Leistung von Führung und Truppe es geschafft zu haben, bespannte Einheiten, Infanterie, Trosse und Nachschubeinheiten zurückgebracht und stabilisiert zu haben. Allein außer dieser Leistung wurden Evakuierungs-Tracks und große Mengen an Vieh zurückgeführt. Jedes den Gegner unterstützendes hinterhältiges Partisan-Unternehmen wie zum Beispiel das Sprengen von Brücken, Auslegen von Minen oder Anzünden riesiger Wälder wurde überwältigt. Allein der Wille war unser Sieg in dieser Rückzugsschlacht. Das Ziel des Feindes, im Handstreich unsere Front aufzurollen, ist ihm nicht gelungen.


Heinz H. R. Welk 21. Dezember 1944
Vor Weihnachten!
Vom tiefblauen Samtteppich des Himmels glitzern und funkeln die Sterne im silbernen, gelben u. blauen Lichte. Feindliche Nachtbomber erhellen durch abgeworfene Leuchtfallschirme das scheinbar schlafende Land. Der Feuerschein brennender Gehöfte flackert rot auf der leichten Schneedecke. Wir sitzen in Erwartung des feindlichen Großangriffes in unseren Weihnachtsbunkern. Mit ganz besonderem Fleiße haben wir an diesen Bunkern gebaut, weil wir hoffen, darin das Fest des Lichtes feiern zu dürfen. Nur schöne, helle Birkenstämme wurden zum Abdecken benutzt. Natürlich mussten diese aus dem weiten Umkreise herbeigeschleppt werden. Nette Bilder aus der Heimat und selbstredend Frauenbilder schmücken den Raum. Sogar elektrisches Licht und Radio ist vorhanden. Wir sind sehr stolz auf unser Haus in der Erde. Mehr als sonst sind unsere Gedanken bei den Lieben in der Heimat, in den Räumen der Kindheit, da immer der herrliche Lichterbaum gestanden und heute ein Trümmerhaufen. In weidender Melancholie schwebt die Vergangenheit auf der Leinwand unserer Gedankenbühne vorüber. Aus diesem oder jenem Bunker klingen singende Stimmen der Weihnachtszeit. Mehr denn je sitzen wir bei der Feder um Zwiesprache mit denen zu halten, welche fern von uns sind. Manches Auge schimmert feucht, wenn Fotografien durch die Runde gehen. Lange und tiefgründig können wir in die züngelnden Flammen des wärmenden Feuers sehen. Weihnachtsfest des Friedens steht vor der Türe.


21. Dezember 1944
3. Großangriff auf Kurland!
Minus 18 Grad meldete die Barbara heute Nacht. Seit zwei Tagen erwarten wir stündlich vorbereitet den Angriff des Feindes. Um 7 Uhr heute morgen begann der Feind mit seinem Vernichtungsfeuer. Etwas später griff seine Luftwaffe mit Bombern und Schlachtfliegern in den Kampf ein. Es ein höllisches Feuer und musste auf einem sehr breiten Raume liegen. Die klare, kalte Luft war voll Staub und Pulverdampf und erschien grau und schmutzig. Eines, und das weiß jeder Soldat hier, uns war es ganz überlegen klar, dass ihm seine geplante Vernichtung nicht gelingen würde. Mögen auch einige hundert Meter Boden von ihm gewonnen worden sein, im Gegenstoß hat er sie wieder verloren. Die Zahl unserer Verluste steht in überhaupt keinem Verhältnis zu denen des Feindes. Er machte uns die Hölle mächtig heiß, er hätte es noch und immer noch toller versuchen können, ein Durchbruch wäre ihm, so wie er ihn erstrebt, nicht geglückt. Warum? Weil der Soldat im Graben hält und die ganze Kriegführung auf neuer Grundlage basiert, und das alles kann noch besser werden, bis zum Gegenangriff. Nun wünschen wir uns bloß, dass er so vernünftig sein wird und über Weihnachten aufhört. Er bekommt so oder so eine aufs Haupt, also braucht er sich nicht zu beeilen!

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1944-12-21 hh:mm