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Tagebuch Feuervogel
2008-05-12 20:26
Das Mattsetzen der Liebe
Eröffnung - Er schlief. Müde von der langen Nacht, die sich bis zum morgen hingeschleppt hatte. Ich war wach. Immer noch. Nüchtern, frei vom Alkaloid, packte mich die Angst. Es ereilte mich das Wissen, dass mich Unwissenheit selig gemacht hatte. Ohne zu wissen, dass er meine fast tonlosen Worte hören würde, flüsterte ich ihm ins Ohr: Behandle mich würdevoll, schätze mich, sei ehrlich, einen weiteren Sturz überlebe ich nicht! Was war in diesen dreissig Tagen, gab es jemand anderes? Bitte, sagte ich, zitternd und mich an ihm haltend. Wieso sprichst du so zu mir? Sagte er nun wach. Was habe ich dir getan? Ich habe Worte gelesen, die mir nicht galten, in denen ich jedoch so viel Intimität las, die ich nur mir zugedacht glaubte.

Aufgebrachte Erwiderungen. Fragmentarische Fetzen eines aufgeplusterten Wutgebildes, welches nun hervortrat. Despektierliche Worte, die erstaunlicherweise erst das Mittelspiel darstellen sollten. Angriff - Jedes makellos, spielend, leichte Wort, das zuvor über seine Lippen schwebte, verwandelte sich nun in ein gelogen, dreistes Monster. Seine wahre Gestalt nicht mehr zurückhalten könnend. Ich war körperlich betäubt, wünschte mich weg, spielte machtlos. So vieles das ich sagte, mich innerlich aushöhlte und so wenig, das diese schmerzende Leere füllen hätte können. Bittere Ohnmacht. Herzohmacht, als Schutz vor dem Bruch.

Eine Antwort war es, die ich forderte, für diese Taten, diese Verbindung, die von ihm ausserhalb von uns hergestellt werden wollte - noch weniger als ich verdient hätte. Wieso hatte er aufgegeben und nach Neuem gesucht? Dreissig Tage, noch länger sah ich sein Gesicht nicht. Als ich es sah, gefiel es mir besser als jemals zuvor, neue Euphorie, Faszination brach hervor, jene Gefühle, die ich so lange unterdrücken und abtöten wollte, liess ich nach mehreren Stunden zu. Schillernd, selbstbewusst, bewundernswürdig dieses Auftreten. So viele Freiheiten vereinigt in dieser Verbindung mit ihm.

Er sei froh, dass er gekämpft habe um mich, dass er nicht aufgegeben hätte, sagte er kurz bevor wir einschliefen. Er umarmte mich, schloss mich in seine Arme, wurde immer wieder von Zufriedenheit durchströmt, drückte mich fest an sich. Wie kann das nicht wahr sein? Wieso fühle ich solche Wärme, wenn es nicht stimmen sollte?

Nichts annehmbares, nichts linderndes, nichts beruhigendes brachte er hervor, das mich aufrichten hätte können. Die Augen zu verschliessen, zu schlafen, nicht mehr sprechen zu müssen, forderte er, obwohl ihm ein solches Recht nicht zustand. Ich forderte ihn zum Duell und wurde auf den 64 schwarz, weiss gestrichenen Feldern niedergemetzelt. Vorerst – Schach! Doch wäre es mit einem Narrenmatt nicht klagloser, gebührlicher gewesen, wieso diese Qual, diese Schmach?

Süchtig, autonom, nicht zu einem gehörend, nicht auf einen angewiesen, abstossend, widerwärtig, verwerflich. All das ist es, aber noch viel mehr.

Kann es dich deshalb nicht berühren? Kann es dich nicht festhalten Nachts, dir sanft und zärtlich über dein Gesicht streicheln, dir süsse Worte ins Ohr flüstern? Kann es dich nicht gefangen nehmen, in den stillen, in den dunkeln und einsamen Momenten? Stoff und Wärme. Erleichterung und Ruhe, Ruhe vor dieser Angst, vor der Unsicherheit. Froh zurück zu können, vergessen was war, sich einreden, dass es jetzt gut wird. Alles wird gut. Ja und danach die Hölle! Der Dreck, den man von sich waschen will. Den Spiegel, den man meidet, weil man diese Person nicht kennen will. Die Musik, die Bücher und die Filme, die man sich anhört, liest und sieht, immer an ihn denkend. Eine ewige Flucht.

Am Ende holt er dich ein.

Was ist das für ein Gefühl, Sklave seiner eigenen Sehnsucht zu sein? Gedanken nicht mehr ordnen zu können, weil der Fokus dahinläuft zum Kick zu gelangen, viel mehr aber durch den Kick die Wärme, oft geglaubt; zur Liebe zu kommen. Medium bist du mein Alkaloid. Ich hasse dich, doch ich liebe den Menschen, den du mir schenkst. Gleichzeitig nimmst du ihn mir morgens, wenn wir erwachen und an jedem anderen Tag. Meine Gefühle sind stärker als ich, mein Verstand weiss genau was zu tun wäre, doch er kommt nicht gegen die Gefühle an.

Der König ist die wichtigste Figur im Spiel, die Dame jedoch die stärkste. Die Hand konnte ich dir nicht mehr reichen, wie man es für gewöhnlich tut, nach einer solchen Partie. Ich schlug die Tür hinter mir zu, unsere Leben sollten getrennt voneinander verlaufen. Ich muss Kraft sammeln, das Spiel ist noch nicht zu Ende. Es ist höchstens ein Remis, was eine Wiederaufnahme und entgültiges Beenden nicht ausschliesst. Ich möchte diese Liebe Matt setzen.

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2008-05-12 20:26