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Tagebuch Fenizia
2015-07-26 09:19
Stadt- und Landmenschen

Sonntag. Dörfliche Stille.

Ich sitze auf der Terrasse, heute ist es eher kühl, es ist still.

Irgendwo gurrt eine Ringeltaube, Vögel schwirren und zwitschern, einer hüpft in der Dachrinne herum. Eine Amsel beginnt zu zetern, wahrscheinlich sieht sie eine der Nachbarskatzen irgendwo umhertigern.

Ich liebe diese Stimmung über alles, kann gar nicht genug davon bekommen. Und ich "fürchte" mich auch nicht vor einem ebenso stillen Tag, der nur aus  Lesen, Zeichnen, bisschen Reden mit Theo, Nachdenken, Stimmung genießen, ein oder zwei Mails schreiben besteht.

Trotzdem ich in der Großstadt aufgewachsen bin und bis vor zwei Jahren auch dort gelebt habe, geht sie mir nicht ab. Ich habe die Möglichkeiten städtischen Lebens ja auch niemals voll ausgelotet, bin, auch in Jugendjahren, nicht viel weggegangen, die Anzahl meiner Discobesuche - dafür genügt eine meiner Hände, um sie abzuzählen. Ich fühlte mich da einfach nicht wohl, hatte außerdem auch nie genug Geld, da ich beim Taschengeld extrem sparsam gehalten wurde. Selbst wenn ich mich also nach Discobesuchen verzehrt hätte, ich hätte sie mir gar nicht leisten können.

Auch das studentische nächtelange diskutierfreudige alkoholgeschwängerte Herumsitzen in diversen Beiseln - nie gemacht. Ich war extrem schüchtern und trank nie auch nur einen Tropfen Alkohol, weil ich das Besaufen als Kulturtechnik des Establishments betrachtete. Kiffen - ja (aber insgesamt auch kaum zehn Mal ... was seinen innerpsychischen Grund hatte ...), Besaufen - nein. Ein einziges Mal nahm ich an einer solchen Beiselrunde teil - am schönsten daran war das Nachhausegebrachtwerden und vor dem Wohnhaus noch stundenlang mit dem Typen im Auto zu sitzen und zu reden. Und zwar wirklich nur zu reden. War hochinteressant, da er ganz was anderes studierte als ich und sich so ein ganz neues Feld vor mir auftat.

Der langen Herumrederei Sinn: ich LEBTE zwar in der Großstadt, war dort aber nie ZUHAUSE. Habe mir immer gewünscht, auf dem Land zu leben.

Und da bin ich nun.

Vor etwa zehn Tagen war mein ältester Sohn (Kind 1) mit seiner Frau und den beiden Minis (also meinen Enkeln) da, zum ersten Mal, seitdem meine Mutter vor zwei Jahren hier gestorben ist. Enkel 1, gerade mal eindreiviertel Jahre alt, genoss den Garten hier sichtlich, das selbständige Ein- und Ausgehen, kein Betteln: "Mama, Park!!!", die Möglichkeiten, die sich ihm hier boten ... Mit seiner kleinen Schaufel die Erdhaufen, die Meister Maulwurf aufgehäuft hat, abzutragen, mit der kleinen Gießkanne verschwenderisch im ganzen Garten Wasser verteilen zu dürfen, auf der Stiege zum Dachboden, die außen am Haus angebracht ist, zu sitzen - genau die richtige und bequeme Sitzhöhe für ihn, Beeren von den diversen Sträuchern zu naschen, Brombeeren, Heidelbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Ribiseln ... Hatte ich mir beim Pflanzen all dieser Köstlichkeiten auch so vorgestellt, dass da meine Enkel herumgehen und schnabulieren können :) Tatsache!

Einige Tage nach diesem Besuch erzählte mir Theo, dass er mit Kind 1 geplaudert hatte (ich war gerade mit Enkel im Garten), der ihm verriet, dass sich Schwiegertochter, ganz und durch und durch Stadtmensch, in einem solchen Ambiente nicht wohl fühle ... Zu viel Grün und Natur rundum.

Und seither kreist das in meinem Hirn ... Ja, ich kann nachvollziehen, dass man lieber in der Stadt lebt, dass man das städtische Leben und Treiben, auch die geschäftige Geräuschkulisse liebt, die vielen Möglichkeiten, die sich auftun - aber dass man nicht einmal für einen kurzen Nachmittag die ländliche Atmosphäre genießen mag ...? Vor allem auch, obwohl man bemerkt, dass sich der Nachwuchs sichtlich wohl fühlt und man selber dadurch ja auch ein wenig entlastet wird ...?

Da ich mich mit Schwiegertochter jedoch recht gut verstehe, sie auch wirklich mag und schätze, werde ich das mit Sicherheit mal mit ihr bereden. Bin ja durchaus auch neugierig, was sie dazu sagt.

So, und ich genieße hier weiterhin die herrliche Beschaulichkeit. Theo schläft noch. Ein leichter Wind streicht durch das hohe Gras im rückwärtigen Teil des Gartens ... Eine friedliche Atmosphäre hinter unserm efeubewachsenen Zaun ...

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