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Tagebuch Doc12
2010-09-26 01:13
Der weinende Clown - 66

Am nächsten Tag konnte es Donatello kaum erwarten, aus der Schule zu kommen. Zu Hause war seine Mutter eben dabei, das Essen auf den Tisch zu bringen.
Wie war’s in der Schule?“, wollte sie nach einer kurzen Begrüßung wissen.
„Wie immer – nichts Besonderes, aber eine Menge Hausaufgaben.“
„Übrigens ...“, begann seine Mutter.
„Ja?“
„Ich hab’s mir überlegt.“
„Darf ich?“, frage Donatello gespannt.
Seine Mutter sah ihn streng an. „Du darfst. Aber nur unter einer Bedingung, mein Sohn: Du vernachlässigst in keiner Weise die Schule. Mir ist es egal, wie du es schaffst. Sollten deine schulischen Leistungen jedoch abfallen, dann ist sofort Schluss mit dem Arbeiten. Hast du das verstanden?“
Lachend fiel Donatello ihr um den Hals. „Danke Mama, danke! Ich verspreche dir ...“
„Du sollst es nicht versprechen, Doni – du sollst es tun. Das genügt mir vollauf.“
„Okay.“
„Ich habe mich heute morgen kurz mit deinem Lehrer unterhalten.“
Donatello sah sie überrascht an.
„Er scheint mit dir momentan ganz zufrieden zu sein. Allerdings hat er mir erzählt, du wärst manchmal ziemlich geistesabwesend und im Unterricht nicht gerade der Aufmerksamste. Und er meinte, es wäre schade ...“
„Weshalb schade?“
„Er sagte wörtlich zu mir: Ihr Sohn könnte von der Begabung her eigentlich einer der besten Schüler sein – aber er will nicht ...“
Donatello bekam sofort einen roten Kopf. Dieses Thema war ihm sichtlich unangenehm.
„Also mein Sohn – du weißt, was zu tun ist, ja?“
„Klar, Mama.“
„Wann fängst du zu arbeiten an?“
„Ich muss erst nochmal mit Pepe reden. Zuerst wollte ich dich um Erlaubnis fragen.“
„Gut – und nun iss, lass es dir schmecken“, forderte ihn die Mutter lächelnd auf.

Nach dem Essen lief er sofort zu Pepe. „Alles klar, Pepe, sie hat es erlaubt.“
„Prima! Das freut mich für dich. Wann willst du anfangen?“
„Sofort! Das heißt, übermorgen. Ich habe noch eine Menge für die Schule zu tun.“
„Dann bis übermorgen. Du kommst um zwei Uhr nachmittags und arbeitest bis achtzehn Uhr. Passt das?“ Pepe reichte streckte ihm die Hand hin.
„Klar, geht in Ordnung.“ Donatello nahm Pepe’s Hand und schlug ein.
„Ciao, mein Junge.“

Die nachfolgenden Monate waren hart. Vormittags Schule, dann die Arbeit bei Pepe am Nachmittag, gegen Abend Hausaufgaben und das Lernen für die Schule. Dann gab es noch die vielen Treffen mit seinen Klassenkameraden, denn alles wollte ja besprochen sein. Doch die Dinge gingen vorwärts: Franco, der Junge, der den Part des Schlagzeugers übernehmen wollte und bislang auf mit Plastikfolie überzogenen Waschmittelkübeln getrommelt hatte, bekam von seinen  Eltern endlich ein richtiges Schlagzeug. Für die anderen zukünftigen Bandmitglieder war es ein Freudenfest gewesen, das natürlich ausgiebig gefeiert werden musste ...

Eines Tages war es auch für Donatello so weit: Er hatte das Geld für die Gitarre verdient. Stolz und hocherhobenen Hauptes trug er das Instrument nach Hause, mit dem Vorsatz, einer der besten Gitarristen der Stadt zu werden ...
Die darauf folgende Zeit übte er – täglich oft stundenlang, die Stahlsaiten der Gitarre schnitten sich in seine wunden Fingerkuppen, bis sie sich schließlich mit einer Schicht Hornhaut überzogen hatten. Da er zwar Noten lesen konnte, aber nicht in der Lage war, vom Blatt zu spielen, gab es für ihn nur die Möglichkeit, die Musikstücke und Gitarrenriffs mittels des Gehörs nachzuspielen. Die Folge war, dass es sich im Lauf der Zeit immens verfeinerte. Und ganz langsam begannen auch seine Finger wie Gummi und ganz von selbst über das Griffbrett der Gitarre zu tanzen.

Der erste öffentliche Auftritt der jungen Beatband im Rahmen einer Schultheateraufführung war ein Fiasko. Es sollte für lange Zeit jedoch das einzige der jungen Musiker bleiben und alles änderte sich sehr schnell ...

Das Lichtwesen lächelte. „Ein Jugenderlebnis. Nur ein Jugenderlebnis – doch einschneidend“, sagte es.
„Es war eine schöne Zeit – und sie ist lange vorbei“, bemerkte Donatello mit einem Anflug von Traurigkeit.
Eine kurze Pause entstand, dann sprach das Lichtwesen: „Ein Weiser sagte einmal sinngemäß: ,Sei nicht traurig über die schönen Dinge, die vergangen sind, sei glücklich, dass du sie erleben durftest.’ Du hast  damals eine Menge über das Leben und über dich gelernt, findest du nicht? Gib dir die Antwort darauf!“
„Sie könnte lauten: Man kann alles erreichen – durch die Tat und für den Preis der Mühe.“
„Das ist es, was ich von dir hören wollte, mein Freund.“

Bruno las den Text, den er geschrieben hatte. So ganz zufrieden war er noch nicht damit, aber er würde bei nächster Gelegenheit noch einmal drüberlesen und ihn verbessern. Jetzt jedenfalls brauche ich etwas Abstand, dachte er. Jedes Mal, wenn er vom Computer aufstand, fühlte er sich ausgelaugt – es kam ihm beinahe so vor, als würde ihm das Gerät ein Stück Lebenskraft entziehen. Unsinn, überlegte er weiter, ein Hirngespinst, ein Computer ist nur eine Maschine, die das tut, was man ihr sagt. Heute jedenfalls wollte er die Ursache dafür nicht mehr ergründen, er fühlte sich zu müde dazu.

Langsam stand er auf, streckte sich und stellte unter Schmerzen fest, dass seine Schultermuskulatur hart und völlig verkrampft war. Ich werde ein paar Tage Pause machen, nahm er sich vor, dann legte er sich zu Bett und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Kommentare


unbekannt
15:31 26.09.2010
Ein sehr ausführliches Jugenderlebnis.

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