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Tagebuch Doc12
2010-12-01 08:59
Der weinende Clown - 129
Kurze Zeit später meldete sich Donatello telefonisch. „Sag mal, du führst anscheinend Dauergespräche! Hast du wieder mal mit oben telefoniert?“, fragte er leicht amüsiert.
„Wenn ich ehrlich sein soll, ja“, antwortete Bruno und fügte hinzu: „Übrigens habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht.“
„Die schlechte bitte zuerst.“
„Sarahs Mutter ist gestern gestorben.“
Eine kurze Pause entstand. „Oh, verdammt, das tut mir Leid“, stieß Donatello hervor und meinte weiter: „Aber glaub mir: Drüben ist es nicht schlecht, ich spreche aus Erfahrung. Es ist wesentlich ruhiger und friedlicher als hier. Und man bekommt endlich den Durchblick. Die Dummen sind immer diejenigen, die hierbleiben müssen, aber sie wissen es nicht. Und wie lautet die gute?“
„Sarah und ich werden heiraten.“
„Mensch! Herzlichen Glückwunsch! Und was sagt Sarah dazu?“
„Sie weiß es noch nicht. Und du weißt es offiziell natürlich auch noch nicht.“
„Ach du meine Güte! Also eine einsame Entscheidung ... Du kannst dich auf mich verlassen. Trotzdem sollten wir das feiern.“
„Damit warten wir noch bis nach der Beerdigung ihrer Mutter, es eilt nicht.“
„Kann ich was für Sarah tun?“
„Ich kümmere mich bereits um sie. Aber du könntest Karsten etwas ablenken, er hing sehr an seiner Großmutter. Der Junge leidet momentan ziemlich.“
„Das mache ich auch. Ich bringe den Knaben schon auf andere Gedanken, glaub mir.“

„Das wäre prima. Die nächsten drei Tage bin ich sehr viel mit Sarah unterwegs – wegen den Formalitäten zur Beerdigung. Standesamt, Bestattungsinstitut, dann muss man einige Papiere sichten, vermutlich das Haus auflösen und all diese Dinge. Ich möchte sie damit nicht alleine lassen. Und du könntest zwischenzeitlich etwas mit Karsten unternehmen. Sarah wäre das bestimmt recht und sie wäre dir sicherlich sehr dankbar.“
„Das ist doch selbstverständlich und überhaupt kein Thema. Mache ich sogar gerne.“
„Außerdem ist der Junge ziemlich stolz auf seinen Onkel Clown. Das weiß ich. Welcher Junge hat schon einen Zirkusclown ganz allein für sich?“, meinte Bruno lachend.

Donatello hatte die letzte Bemerkung anscheinend überhört und fragte: „Sag mal, hast du an deinem Roman schon weitergeschrieben? Ich meine, an dem, in dem es um mich geht?
„Nein. Und ich werde ihn auch nicht weiterschreiben.“
„Warum nicht?“
„Weil ich ein persönliches Problem damit habe.“
„Weshalb das denn?“
„Das Hauptproblem ist: Als ich den Roman anfing, wusste ich nicht, dass es dich tatsächlich gibt. Ich hielt dich lediglich für eine fiktive Romanfigur. Doch als ich dich zum ersten Mal im Krankenhaus sah, war ich zunächst genauso überrascht und verwirrt wie du, glaub mir. Ich kann und möchte aber nicht über einen lebenden Menschen schreiben – nicht über einen, mit dem ich so verbunden bin wie mit dir und der mir heute so nahe steht wie du. Ich bin weder ein Biograf noch ein Geschichtenerzähler und schon gar kein Romanschriftsteller. Eigentlich schreibe ich Humor und für einen Roman dieser Art halte ich mich für absolut untalentiert. Ich kann es einfach nicht, es reicht nicht, verstehst du?“, gab Bruno kleinlaut zu.
„Na ja, das verstehe ich. Und niemand sollte gegen seine Überzeugung handeln – egal, was immer er auch tut.“
„Ich danke dir für dein Verständnis. Und außerdem war dieser Roman nie dafür gedacht, veröffentlicht zu werden. Dass ich ihn geschrieben habe, hatte einen anderen, tieferen Grund, wie ich heute weiß – aber lassen wir’s.“
„Wann sehen wir uns?“, wollte Donatello wissen.
„Lass mich noch ein paar Tage in Ruhe, bis sich die Dinge geregelt haben. Ich nehme an, du kommst sicherlich zur Beerdigung – den genauen Termin gebe ich dir bekannt, sobald ich ihn weiß.“
„Bene – und ich rufe Sarah jetzt gleich an.“
„Tu das. Ciao.“

Die folgenden Tage waren angefüllt mit Hektik, was Bruno in diesem Fall aber als positiv empfand. So war Sarah zumindest etwas von ihrer Trauer abgelenkt. In stillen Stunden jedoch, wenn sie zur Ruhe kam, war sie sehr verschlossen und es schien offensichtlich, dass ihr der unerwartete Tod der Mutter sehr nahe gegangen war. Das Schlimmste war für sie dabei, dass sie nicht mehr die Gelegenheit gehabt hatte, sich von ihr zu verabschieden. Oft saßen sie und Bruno schweigend nebeneinander und ihm zerriss es fast das Herz, sie in diesem Zustand zu sehen und ihr nicht helfen zu können.

Kommentare


unbekannt
06:00 02.12.2010
Ich habe dem nichts hinzu zu fügen

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09:00 01.12.2010
"Eigentlich schreibe ich Humor und für einen Roman dieser Art halte ich mich für absolut untalentiert." Da gibt er selbst die Erklärung, warum dieser Roman so schlecht ist.
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2010-12-01 08:59