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Saturday, 20. April 2024
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Tagebuch der_major
 1946-01-01 hh:mm
Heute ist der 1. Januar 1946. ...
Heute ist der 1. Januar 1946.
Nun muss ich noch allerhand nachschreiben. Doch als Sammelsendung. Erst die obige Geschichte weiter. Also der hatte die Hose und Stiefel schon abgeholt und damit offenbar die Angelegenheit „geregelt“. Da er evtl. am Freitag den 2. kommen würde, „schwänzte“ ich den Kursus und ging zu Schneiders. Wartete, und nicht vergeblich. Der kam an. Nun, ich habe mich sehr bemüht. Ich meinte; er, ein russischer Soldat – warum soll ich misstrauen. Darum hätte ich die Sachen ruhig rausgeben lassen.
Natürlich war alles im Lachen gesprochen. Obwohl der Nikolai eine Russin hier hat, sagte er seinerzeit zu Schneider: ja, die Tochter (mich) würde er gleich nehmen. Er hätte mir soviel versprochen, weil ich ihm so gut gefallen hätte. Nun hielt ich es für gut zu sagen. Wenn bei mir ein Offizier wäre, hätte ich nicht nötig zu tauschen. Herr Sch. amüsierte sich mächtig und er mischte sich ein: Ich hätte zwar einen Offizier, aber wolle tauschen. Doch Nikolai hatte mich schon verstanden. Wir „fetzten“ richtig mit Albernheit und Jux. Ich solle mit ihm nach Russie kommen. Sei mir zu halt. Er kaufe mir einen Pelz. DA friere meine Nase. Ich bräuchte nur im Haus am Ofen zu bleiben. Draußen besorge er alles. Na, nachher stärbe er und dann? Er zöge nach Südrussland. Da ist mir zu heiß, usw. Schneiders kamen ebenso wenig wie wir aus dem Lachen. Wenn ich einen Sarafan trüge, würde er mich heiraten. Ob ich ihn heiraten wolle? Ich nähme nur jemanden, den ich liebe. Das musste ich deutlich sagen, weil er Abneigung gegen Russen an sich argwöhnte. Er meinte, ich könne auf ihrer Seite sein, ws wohl ein echtes Lob bedeutete. Da er nicht die versprochenen Sachen hatte, sagte er zu für die Stiefel das Fleisch, die Hose bringe er zurück. Was er auch tat, „damit ich nicht weine“. Er zeigte mir auch Bilder von seinem Mädchen. Die Russen gingen auch nicht mit allen Mädchen. Jedenfalls war es lustig und erfolgreich. – Durch Frau Wendel ermutigt arrangierten wir noch eine Tauscherei. Sie ging oft nach Albertshof um Sachen anzubieten. Ob sie mal mit mir dahin ginge? Doch meinte Wendel jun., wozu, seine Mutter ginge auch immer alleine hin. Na, das war eine ausreichende Sicherheit, oder nicht? Aber da Frau W. offenbar nicht so geneigt war, mit mir zu gehen, machte ich mich mit Parschins Handschuhen und Herzklopfen (auf den Weg). Bei Frau R. Lisel, holte ich mir in der Deutschenküche Mut und Rat. Dann wagte ich mich in die Höhle des Löwen. Frl. Hombacher als Dolmetscherin und der Koch sprachen deutsch, so dass der Russisch-Sprech-Vorteil wegfiel. Sie störte mich sehr, und ich war sehr unsicher. Schließlich kam der Kommandant, ein Leutnant. Ich sehe sehr aufmerksam. Manche Bewegung, der Akzent in den, zwar deutschen Worten, nanu? Aber mongolisch asiatisch sieht er aus, und so klein. „Ist das ein Kaukasier?“, frage ich, fast wagte ich schon Grusinier zu sagen, doch da sind noch so erhebliche Unterschiede. Er horcht auf. „Wer, ich?“ Ja, er ist einer und erstaunt, dass ich das sehe. Natürlich, oh, das dürfte ich wohl nicht schreiben – besieht er sich mich mit Wohlgefallen und tätschelt mir die Wange. Zwar hatte ich die noch verfügbaren Tauschsachen schon genannt, ohne sie interessierten. Plötzlich will er den Anzug – ich hätte ihn wohl zuhause – sehen. Wo ich wohnte hatte er vorher gefragt und die Dolmetscherin hinter seinem Rücken den Finger auf die Lippen gelegt und mir nachher zugeraunt, sie besser zu verschweigen, das sie nämlich ein ganz „Wilder“. Nun, da der Anzug bei Schneiders lag, war es nicht so arg. Doch ich erklärte, dass ich in die Stadt gehen müsse. Gut, er ließe anspannen, wir führen erst zu mir und dann in die Stadt. Was tun? Ich willigte mit geheimer Schadenfreude ein. Als wir mit dem Wägelchen bei Schneiders hielten, erzählte, dass es nicht mein zu Hause wäre. So sehr interessierte ihn der Anzug nicht. Kurz angebunden war er, jedoch hatte er sich zweimal bei Sch’s entschuldigt. Frau Sch. hatte schon gedacht, es gäbe eine Sache wegen, des [russisch] mit Sascha. Nun gondelte ich im offenen Pferdekutschchen durch die Stadt an der linken Seite des edlen Kommandanten.
Glücklicherweise nur bis zur Breiten Straße. Dort ging er bei Hahn in den Laden. Vorher hatte er sich noch einen Korb geholt, wobei ich ihm von einem kaukasischen Freund erzählte und ihn fragte, ob er Grusinier sei; was stimmte. Mochte er daraus entnehmen, dass es ein Stammesgenosse sei. Und er machte dann wirklich nicht mehr den Versuch, mich zu überreden, was mich angenehm berührte. „Ja, ja, eben doch andere Rasse“, dachte ich, als ich mit dem eingetauschten Mehl zur Schule zog. Ja ja! Als ich mit dem verstauchten Fuß lag, im grünen Anzug, unter Verzicht auf jedes Bändchen im Haar, usw., klopfte es abends. Frau Schneidert ist es und der „Käfer“. So heißt Leutnant Peter bei Frau Rachwitz, usw. Der Käfer – hatte er überhaupt gebraunte Löckchen damals? – setzte sich also und wir machen in Konversationen. Ich denke an Frau R’s Erzählungen, wie er ihr einmal ein Mädchen zeigte. Ob sie schön sei; ja, mit der schlafe er immer! Wie taktvoll! Nun, Frau Sch. ging und er fragte mic, ob ich mich ihm [russisch] wolle. Das sei tanzen, spazieren gehen, ins Kino, essen und – [russisch]. Nun, da er wieder so deutlich wurde, gab es wieder ein rundes „Nein“. Er wies darauf hin, wie viel besser es meine Eltern dann auch hätten, mit Speck und Fleisch und Mehl, usw. Er hätte halt gedacht, es sei für beide Teile besser, er hätte dann jemanden, mit dem er sich russisch unterhalten könne. Nun, für nur unterhalten war er nicht. Und wenn er ginge, käme er nicht wieder. Nun, ich hielt ihn trotz dieser erschrecklichen Drohung nicht. Und er ging! Nun muss ich gestehen, da Sch. von seiner Freigebigkeit so viel erzählten, stach es mich ein wenig, dass die Möglichkeit, ein kleiner Flirt, ihm doch etwas aus der Tasche ziehen könne. Da er mit Sch.’s noch in Verbindung stand, ging ich also am Sonnabend hin als er erwartet wurde, um den Pullover abzuholen. Merkwürdigerweise kam sogar Frl. Freidel, mir Bescheid zu sagen: Er will in einer halben Stunde wiederkommen um den P. zu holen. Also ich ging hin. Wir unterhielten uns über die Grusinier und ich war so froh Gutes von ihnen zu hören. Sie trinken nicht, wie Russen, seien aber jähzornig. Messer im Gürtel, Blutrache, usw. Es interessierte mich ja so, über den „Peter“ mehr zu hören. Natürlich über – Peter. Ach ja, dabei glaube ich, ist es so ein Unsinn, daran noch immer zu denken, und noch mehr – darum zu fühlen. Er hat wohl Recht, „und komme nicht mehr wieder“, das sagte er ja bevor er sich verbesserte?! (In 8 Wochen) [russisch]! Aber ich bin noch immer wie verhext und gefesselt. Nun, davon genug. – Es kam der Peter. Statt nach seinem Pullover zu fragen, fragte er mich, wie’s ginge, was mache der Fuß, usw. Ja, ich habe noch einen Stock mit. Dann, als ich freundlich mit ihm gesprochen habe, bin ich / hat er eine Verhandlung mit Herrn Sch. und draußen mit Frau Sch. Er übersetzte die Anfrage. Ob noch ein anderes Zimmer Schneiders sei. Er meinte, der Peter, dass es noch eins gäbe, sie hätten es doch gesagt. Nun, war ja etwas merkwürdig. Dann schlug der Käfer mir einen Spaziergang vor. Gut, wir tippelten also los. In Richtung Albrechtshof. Ohne Bitte oder Schmeichelei, also selbstverständlich. Na, ich war ziemlich ärgerlich über sein Benehmen. Erklärte also, dass er sich nicht denken solle, ich würde dort bei ihm „schlafen“. „Warum nicht?“ als Gegenfrage. Bei der Sappgerannecke blieb ich stehen. Also wenn er das meinte, wolle ich mich hier verabschieden. Worauf er versicherte, dass er das nicht wolle. Mich hatte natürlich das Abenteuer am Kragen. So ging ich weiter, doch gespannt und aufgeregt. Kurz vor Albrechtshof stieg er auf sein Rad und fuhr vor. Ich solle inzwischen dann heimgehen oder was er sagte. Es war so nebenher gesagt, dass ich nichts verstand. Nun, ich troddelte noch und hatte schon ein Plänchen. So allein wäre mir nicht geheuer gewesen. Doch hatte ich den „Käfer“ schon gefragt wo Frau Rackw. arbeite. Auf dem Hof sah ich „ihn“ mit etwas Bestresstem in Richtung Felder verschwinden. Ich guckte mich um. Da drehte er sich um, winkte und rief etwas. Ins Zimmer, sagte einer der Russen auf dem Hof. Nun, ich trat zu denen und dem Hund, sprach etwas mit ihnen und fragte nach Liesl. Als ich zu ihr gehen wollte, kam sie gerade aus dem Haus. Wir begrüßten uns, ich erzähle, allerdings ein wenig anders. Na, sie meinte, er täte ja an sich nichts gewaltsam, aber er habe an sich kein Mädel jetzt und da sei es doch zu gesagt. Also verabschiedete ich mich und ging. Liesl sollte den „Käfer“ noch vielmals grüßen. Na, die Wut von dem stelle ich mir vor. Herr Sch. war höchst erstaunt (er hatte natürlich wohl anderes esonntags – hält plötzlich das Wägelchen von – Ach so, am Sonnabend war ich also wieder zu Sch’s zurückgelaufen, als die beiden Junior kamen, hatten wir uns festgeredet. Es war nett und interessant. Und plötzlich kam der „Micha“. Von diesem Jungen hatten sie schon erzählt. Am Mittwoch hatte ich Sch’s zu früh verlassen. Auf dem Weg ging ich am Micha vorbei. Damals hatten sie dem „Kleinen“ erzählt: Schade, dass er nicht früher gekommen wäre, vor 10 Minuten wäre da eine deutsche Lehrerin gewesen, die gerne Russisch lernen wolle. Und er lachte, ach, er brauche kein Mädchen (also hat Herr Sch. doch wohl in dieser Hinsicht etwas geredet). Und zeigte ein Bild von einer Russin aus der Heimat. Heute, am Sonnabend, den [] 12.45 trafen wir also zusammen. Ich war recht „aufgedreht“ durch die merkwürdige Käfersache. Und nun unterhielten wir uns vergnügt. Als Herr Krohn und Friedl mit der Mutter mal draußen waren, setzten wir uns zusammen und er half mir beim Russisch in [russisch]. Es war nett und ich empfand gewiss eine Sympathie für den offenen, blonden Jungen. – Als ich gehen wollte, ging er auch. „Warten Sie noch, bis er sich die Zigarette angezündet hat, er will mit Ihnen gehen“, sagte Sch. Nun, wir gingen, ich noch am Stock. Er gab mir den Arm als Stütze. Bis zum Gartentor kam er mit und fragte, ob er wohl morgen mich zu Andree abholen dürfe. Nun, ich gestattete es gern. – Am Sonntag war mir etwas nach [russisch], wie ich sage. Plötzlich, ich half abtrocknen, rollt das mir ja bekannte Wagelchen vor. Der Käfer steigt aus. Als er an der Tür klinkt, meint Mutti, dass sie in ihren Hosen nicht öffnen gehen könnte. Also ich hin. Als Begrüßung schlägt er eine sieghafte Lache an. Nein, ins Zimmer will er nicht. Also Verhandlung im Flur. Er beugt sich aus der Tür und ruft den Kutscher, der dann vor der Tür steht und interessiert zuschaut. Und ich dummes Ding fühle mich durch dessen Gegenwart bewogen über so heikle Dinge möglichst nicht so klar zu reden. Er wird zudringlich, will mich küssen, nimmt mir eine Wimper von der Wange, usw. Ich fordere noch einmal auf ins Zimmer zu gehen. Nach oben, meint er. Jedenfalls schließe ich erstmal die Tür, da auch Käthe Stielaugen machte (oder war es Fischer selbst). Jedenfalls sagte ich, nun gut, wir müssen einmal vernünftig reden. Was natürlich oben erst recht unmöglich war. Das Tischchen wäre beinahe umgekippt. Nur mit List und Tücke gelangte ich wieder an die Tür. Als ich somit die Herrschaft wieder hatte, vor der offenen Tür, sammelte ich mich wieder, da war die kritische Lage überwunden. Wir gingen ohne jede ernsthafte, vernünftige Auseinandersetzung hinunter. Und ich hatte so gehofft, ihm zu verdeutlichen, dass ich erst jemanden kennen müsse, um dann entscheiden zu können, ob ich ihn liebe. Mit Diplomatie war aber da nichts zu wollen. Na, ich solle doch mit ihm kommen. Er hatte gleich eingangs mich zu sich eingeladen. Ich lehnte wieder ab. Na, dann käme er halt doch! Nein, ich würde nicht mit ihm [russisch]. Er antwortete wie ein Sieger. „Du wirst!“ Alle wäre diplomatischer von ihm gewesen als das. Nein, mit Umwegen ging er, der „Kommandant von Albrechtshof“. „Schafskopf“ nennt ihn sein Koch. Und nach diesem Ereignis kam dann der kleine Micha. Er fühlte sich sehr wohl bei uns auf dem Sofa an der Ofenecke, während ich daneben auf dem Sessel saß. Schließlich gingen wir zu Andree. Auf dem Rückweg war es kühl, Sch. schauerte und Micha legte also stützend und wärmend den Arm um meine Taille. Aber bei der kleinsten Bewegung zog er sich zurück, wirklich, eine Ausnahme von Rußki. – Am Montag, den [] hatte sich Mutti mit Frau T. unterhalten. Der Käfer habe Adinda und Christine zu sich hinbestellt. Sie seien natürlich nicht gegangen. Und dann habe die Christel ihm gesagt, dass sie seinen Wagen vor Wittes Tür ja habe stehen sehen. Ach, sie war doch nicht da? Naja, die beiden seien bei Hombachers Nichte, der Dolmetscherin gewesen. Ich dachte das ist ja heiter, will er uns zu dritt da haben? Aber vermutlich sind die zwei einfach hingegangen, um zu sehen, was los wäre. Am Montag waren sie auch wieder da, das erzählte Frau R., zu der ich wegen einer Rechnung von Herrn Leudert war. Sie beschrieb, wie der dann Adinda runterschicke, um mit Chr. allein zu sein. Er habe sie so als „Notnagels“. Er suchte doch jemand anderes, aber fände wohl keinen. Übrigens solle eine Lehrerin die noch in Berlin weiter studieren wolle auch da gewesen. Ob ich das doch nicht sei. Na, da war ich ja nicht gerade erbaut. Reden dürfen sie ja, aber ich muss darüber lachen können. Nicht so hinterrücksrwartet). Andern Tags –
sonntags – hält plötzlich das Wägelchen von – Ach so, am Sonnabend war ich also wieder zu Sch’s zurückgelaufen, als die beiden Junior kamen, hatten wir uns festgeredet. Es war nett und interessant. Und plötzlich kam der „Micha“. Von diesem Jungen hatten sie schon erzählt. Am Mittwoch hatte ich Sch’s zu früh verlassen. Auf dem Weg ging ich am Micha vorbei. Damals hatten sie dem „Kleinen“ erzählt: Schade, dass er nicht früher gekommen wäre, vor 10 Minuten wäre da eine deutsche Lehrerin gewesen, die gerne Russisch lernen wolle. Und er lachte, ach, er brauche kein Mädchen (also hat Herr Sch. doch wohl in dieser Hinsicht etwas geredet). Und zeigte ein Bild von einer Russin aus der Heimat. Heute, am Sonnabend, den [] 12.45 trafen wir also zusammen. Ich war recht „aufgedreht“ durch die merkwürdige Käfersache. Und nun unterhielten wir uns vergnügt. Als Herr Krohn und Friedl mit der Mutter mal draußen waren, setzten wir uns zusammen und er half mir beim Russisch in [russisch]. Es war nett und ich empfand gewiss eine Sympathie für den offenen, blonden Jungen. – Als ich gehen wollte, ging er auch. „Warten Sie noch, bis er sich die Zigarette angezündet hat, er will mit Ihnen gehen“, sagte Sch. Nun, wir gingen, ich noch am Stock. Er gab mir den Arm als Stütze. Bis zum Gartentor kam er mit und fragte, ob er wohl morgen mich zu Andree abholen dürfe. Nun, ich gestattete es gern. – Am Sonntag war mir etwas nach [russisch], wie ich sage. Plötzlich, ich half abtrocknen, rollt das mir ja bekannte Wagelchen vor. Der Käfer steigt aus. Als er an der Tür klinkt, meint Mutti, dass sie in ihren Hosen nicht öffnen gehen könnte. Also ich hin. Als Begrüßung schlägt er eine sieghafte Lache an. Nein, ins Zimmer will er nicht. Also Verhandlung im Flur. Er beugt sich aus der Tür und ruft den Kutscher, der dann vor der Tür steht und interessiert zuschaut. Und ich dummes Ding fühle mich durch dessen Gegenwart bewogen über so heikle Dinge möglichst nicht so klar zu reden. Er wird zudringlich, will mich küssen, nimmt mir eine Wimper von der Wange, usw. Ich fordere noch einmal auf ins Zimmer zu gehen. Nach oben, meint er. Jedenfalls schließe ich erstmal die Tür, da auch Käthe Stielaugen machte (oder war es Fischer selbst). Jedenfalls sagte ich, nun gut, wir müssen einmal vernünftig reden. Was natürlich oben erst recht unmöglich war. Das Tischchen wäre beinahe umgekippt. Nur mit List und Tücke gelangte ich wieder an die Tür. Als ich somit die Herrschaft wieder hatte, vor der offenen Tür, sammelte ich mich wieder, da war die kritische Lage überwunden. Wir gingen ohne jede ernsthafte, vernünftige Auseinandersetzung hinunter. Und ich hatte so gehofft, ihm zu verdeutlichen, dass ich erst jemanden kennen müsse, um dann entscheiden zu können, ob ich ihn liebe. Mit Diplomatie war aber da nichts zu wollen. Na, ich solle doch mit ihm kommen. Er hatte gleich eingangs mich zu sich eingeladen. Ich lehnte wieder ab. Na, dann käme er halt doch! Nein, ich würde nicht mit ihm [russisch]. Er antwortete wie ein Sieger. „Du wirst!“ Alle wäre diplomatischer von ihm gewesen als das. Nein, mit Umwegen ging er, der „Kommandant von Albrechtshof“. „Schafskopf“ nennt ihn sein Koch. Und nach diesem Ereignis kam dann der kleine Micha. Er fühlte sich sehr wohl bei uns auf dem Sofa an der Ofenecke, während ich daneben auf dem Sessel saß. Schließlich gingen wir zu Andree. Auf dem Rückweg war es kühl, Sch. schauerte und Micha legte also stützend und wärmend den Arm um meine Taille. Aber bei der kleinsten Bewegung zog er sich zurück, wirklich, eine Ausnahme von Rußki. – Am Montag, den [] hatte sich Mutti mit Frau T. unterhalten. Der Käfer habe Adinda und Christine zu sich hinbestellt. Sie seien natürlich nicht gegangen. Und dann habe die Christel ihm gesagt, dass sie seinen Wagen vor Wittes Tür ja habe stehen sehen. Ach, sie war doch nicht da? Naja, die beiden seien bei Hombachers Nichte, der Dolmetscherin gewesen. Ich dachte das ist ja heiter, will er uns zu dritt da haben? Aber vermutlich sind die zwei einfach hingegangen, um zu sehen, was los wäre. Am Montag waren sie auch wieder da, das erzählte Frau R., zu der ich wegen einer Rechnung von Herrn Leudert war. Sie beschrieb, wie der dann Adinda runterschicke, um mit Chr. allein zu sein. Er habe sie so als „Notnagels“. Er suchte doch jemand anderes, aber fände wohl keinen. Übrigens solle eine Lehrerin die noch in Berlin weiter studieren wolle auch da gewesen. Ob ich das doch nicht sei. Na, da war ich ja nicht gerade erbaut. Reden dürfen sie ja, aber ich muss darüber lachen können. Nicht so hinterrücks
mit so nem Kerl liiert werden. – Aber am Montag kam der Micha wieder treu an. Er erzähle mir, dass ich ihn interessiere. Ich interessierte mich darauf für seine Bekannte in Russland. Ach, das sei doch nichts gewesen! Aber außer einem Sehnsuchtsblick wagte er nichts. Und dieser tat mir weh. Als er am Dienstag nicht kam, tat mir das einerseits leid, doch fand ich es besser, wenn er nun doch in den erwarteten Urlaub geschickt worden wäre. Doch Mittwoch war er wieder da. Ob ich mit ihm am Sonntag nun ins Kino gehen würde. Da ich für meine Prüfung arbeiten musste, sagte ich, dass ich das noch nicht wissen könnte. Er war traurig, zog ab. Dabei hatte ich ihm vom abgesetzten Leutnant erzählt, was ihm Lachen entlockt hatte. „Ein Leutnant!“ Doch nun verging die Zeit, er kam nicht. Nicht Sonntag, nicht Montag oder Dienstag. Schneiders hatten mich schon im Verdacht ein Rencontre mit ihm gehabt zu haben. Da tauchte er am Mittwoch auf. Der arme Kerl war verunglückt auf einem Auto. Beinquetschung. Doch tapfer war er vom [russisch] bis zu Andree und dann zu uns gelaufen. Von dort erst nach Hause zur Kaserne. Freitag wollte er wieder kommen, doch obwohl ich dieses mal nett zu dem kleinen [russisch] war, blieb er fern. Nun, diesmal hatte ich kein schlechtes Gewissen. Als er am Sonntag kam, erzählte er von seiner vielen Arbeit. Von dem Sonntag vorher, dem 23. habe ich ganz vergessen. Wer tauchte auf? Der Peter. Es bimste. Ich fragte, wer da sei. Man solle öffnen. Ich zögerte, Mutti kam, während ich in den Hintergrund ging. Übrigens war die Tür gar nicht verschlossen, nur verquollen. Jedenfalls ließ sie einen etwas lauten „Käfer“ ein. Grüßen. Schritte, mich sehen, lachen. Das Rad solle rein, bedeutete er mir. Nun, ich [russisch], so musste der Kamerad, der da auftauchte, das Rad reinstellen. Dann saßen sie in den Sesseln, Mutti neben mir auf dem Sofa. Nach Konversation forderte mich der Käfer auf rauf zu gehen. Ich sah nicht ein, warum. Er wolle mir oben, wo der Schreibtisch stand, was aufschreiben. Nun, das solle er hier, usw. Schließlich stand er auf, fasste mich immer wieder am Handgelenk, er wolle, dass ich komme, usw. Da ich meine Kraft einsetzte, kam es in Gegenwart aller zu einer gemäßigten Rangelei. Ganz hilflos ließ er ab. Halb verdutzt, halb flehend wandte er sich an Mutti: „Matha, sage, sie soll mitkommen“, was natürlich nichts nützte. Er war lächerlich hilflos. Das war ihm wohl selten passiert. Das wäre keine Kultur! Wie er meinte, er hätte keine Kultur? [russisch]! Er war fast noch mehr beleidigt dadurch. Zum Ausklang zog er an Papis Schachfiguren rum. [russisch] Er verabschiedete sich durch Handschlag. Sein Kamerad drückte mir fest die Hand. Noch draußen wollte Peter mir noch etwas erzählen. Ich solle rauskommen. [russisch] Auf Wiedersehen. Darauf kam eine unverständliche Antwort. Noch zitternd rannte ich rauf ans Fensterchen, doch trotz der lauten Stimme verstand ich nichts. Später erzählten Sch’s, dass die zwei ebenso wenig nüchtern übrigens bei ihnen angekommen wären. Wegen des Radaus hatte sich Friedl verflüchtigt, doch muss Peter es gemerkt haben. Er war ärgerlich: Sie sollten sie rufen, usw. Da es gar zu lange dauerte, zog er plötzlich ohne Gruß ab mit dem Spießgesellen. Sicher hoffte er, Friedl mit zu mir zu bringen, damit jeder eine habe, meinte Herr Sch. Na und, dass er jetzt sich wohl blamiert fühle, wie sie alle springen tun, wenn er kommt, das wollte er sicher doch dem Kameraden zeigen. Ach, haben wir über den Peter gelacht. Als Hampelmann am Weihnachtsbaum hätt’ er uns gefehlt (Herr Krohn). Friedensweihnacht 1945, usw. Achja, das ist grad kein Ideal von Grisinier. Seitdem habe ich ihn zwar öfter getroffen. Am 1. Weihnachtsfeiertag. Da meinte er, ob ich frei hätte. Ach, sehr viel Arbeit, lehnte ich ab. Und sagte abschließend „Na,…“, er fiel ein „No ladno.“, Gruß und ab. Dann übersah er mich wohl wirklich (oder auch nicht). –

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der_major Offline

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