Kampf der Evolution


Meinem Alter entsprechend mußte ich wieder mal bei einem Arzt vorsprechen. Diesmal ging es um meine linke Schulter; diese schmerzte nach einem ausgiebigen Fotoshooting doch sehr stark. Und da ich sowieso Urlaub hatte (natürlich fällt sowas immer in diesen Zeitraum), ging ich eben zum Arzt. Der meinte schon, dass meine Schulter altersbedingt so seine Macken machen würde. Aber, um es so richtig rauszubekommen, sollte ich mich doch mal in die Röhre legen.

Gesagt, getan.

Zwei Tage später lag ich also auf diese Unterlage. Ein junges... ja, ich muß sagen: Mädchen (schätzungsweise knapp über 20 Jahre) wuselte da so um mich herum und befestigte hier und da irgendwelche Sachen. Zwischendurch versuchte sie etwas Smaltalk, wohl, um mich alten Knopf zu beruhigen. Als sie mich dann so fragte, was ich denn wegen der Schulter getan hätte, antwortete ich: „Bin älter geworden“. Hey, da fing sie doch ganz natürlich an zu lachen. Sehr sympathisch, die Kleine.

Naja, eine Stunde später saß ich im Zimmer vom Arzt. Alles hier nur vom Feinsten. Klar, ich bin ja privat versichert, und diese Einrichtung hier zielt wohl nur auf solche Patienten ab.

Der Doc zeigte mir auf seinen Apple-Flachbildschirm das Innenleben meiner Schulter und versuchte etwas umständlich, mir zu erklären, was ich denn da so sehe, und vor allem, warum. Als er aber merkte, dass ich mich stark für Wissenschaft interessiere, wurden seine Worte präziser. Er teilte mir mit, dass ich entgegen der Evolution lebe. Eigentlich ist der menschliche Körper nur für eine Lebensdauer von 30 Jahren konzipiert. Wenn dieser aber darüber hinaus noch funktioniert, dann häufen sich eben die Abnutzungserscheinungen.

Das finde ich sehr interessant. Das heißt doch, dass meine Vorfahren alle kein Haarausfall hatten, da diese ja schon früh verstorben sind. Somit sehe ich mein lichtes Haupthaar jetzt mit ganz anderen Augen. Wenn ich also morgens in den Spiegel schaue, sage ich nun zu mir: “Und wieder ein Tag der Evolution abgeknöpft!“