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Tagebuch CharlieB
2006-03-19 10:35
Cafe
Es ist wieder einer dieser frühen Abende. C., meine Lebensgefährtin und ich, sitzen nach unserem Sport in einem Künstlercafe in Dortmund beim Essen. Dieses Ritual, das wie schon längere Zeit pflegen, möchten wir beide nicht mehr missen.

In der Zwischenzeit ist sehr viel passiert. C. hat mittlerweile ihr Brautkleid in einen kleinen Laden gefunden, nachdem sie sehr schlechte Erfahrung in dem vielleicht berühmtesten Brautgeschäft Dortmunds geerntet hatte.

P., meine zukünftige Frau, und ich werden in den nächsten Tagen losfahren, um nach einem geeignetes Brautkleid zu suchen. Nein, ich werde da nicht bei sein. Freundinnen von ihr werden ihr helfen. Ich werde lediglich als Fahrer fungieren. Später, so noch Zeit sein sollte, werden wir in dieser Stadt nach Ringe Ausschau halten.

Inzwischen haben wir auch einen geeigneten Fotografen und Catering-Service gefunden. Nun wollen C. und ihr Verlobter, sowie P. und ich zusammen das Schloss aufsuchen, in dem wir heiraten werden, um dort die Location genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber das wird erst in den nächsten Wochen geschehen.

Jetzt sitzen C. und ich bei Kerzenlicht in diesem kleinen aber feinen Cafe, ruhige Jazz-Musik rieselt langsam auf uns nieder, und bereitwillig nehmen wie diese Atmosphäre in uns auf. Wie schon die letzten male zuvor, dreht sich unser Gespräch auf „unser“ Leben, und was sich da alles in den letzten Jahren ergeben hat. Und wir wissen, dass wir beide sehr viel Glück haben. Schließlich waren wir über 10 Jahre ein Paar. Nach der Trennung hat jeder von uns einen Partner fürs Leben gefunden, und beide werden dieses Jahr den jeweiligen Partner heiraten. Wir vier verstehen uns sehr gut, so dass sogar gemeinsame Urlaube geplant sind.

Das Gespräch heute abend dreht sich um Kinder. C. ist Mitte 30 und macht sich mittlerweile Gedanken um eigene Kinder. Nicht nur, dass ihr Alter sie langsam zum Grübeln bringt. Ihr zukünftiger Mann ist selbstständig und somit selten Zuhause. Faktisch ist sie dann eine „alleinerziehende“ Mutter. Wir beide fangen an zu lachen, als ich den Vorschlag mache, dass wir beide uns mit unseren Kindern dann regelmäßig zur Krabbelgruppe oder Spielplatz treffen. Nach außen hin sehen wir dann als das Paar aus, dass wir vor einigen Jahren waren (da aber eben noch ohne Kinder). Dieser Gedanke birgt eine gewisse Komik, aber auch Verwunderung darüber, was einem das Leben so bringt. Jedenfalls weiß C. nicht so genau, wie sie sich nun verhalten soll.

Ich höre mich sagen: „Weißt du, wenn man auf seinen Verstand hört, dann gibt es erschlagend viele Argumente, die gegen Kinder sprechen. Die von dir gerade erwähnten gehören zweifelsfrei dazu. Außerdem muss man bedenken, dass Kinder auch „Kostenfaktoren“ sind, und das nicht zu knapp. Außerdem wird dein Leben nie mehr so sein wie vorher. Reisen, die ich für mein Leben gerne unternehme, werden bei mir auf langer Sicht gesehen, auch in den Hintergrund treten.“

C. nickt mir verstehend zu und nippt an ihrem Glas. Das Kerzenlicht zaubert flackernd tanzende Schatten von uns an die Wand. Ich schaue erst durch das große Fenster in die draußen stärker werdende Dunkelheit, dann wieder in ihre braune Augen.

„Das alles“, so argumentiere ich weiter, „sagt dir, wenn du auf deinen Kopf hörst. Aber ich glaube, diesen sollte man in diesem Fall nicht allzu viel Gewicht geben. Natürlich hat die Vernunft ein Wörtchen mitzureden. Aber man sollte hier, glaube ich, mehr auf das hören, was der Bauch sagt. Eine Entscheidung für oder gegen Kinder sollte auf jeden Fall auch die Vernunft mitreden, hauptsächlich aber sollte die Entscheidung vom Herzen kommen!“

Wir schauten uns einige Sekunden verwirrt an. Habe ich das gerade gesagt? Noch vor ein oder zwei Jahren hätte ich mir eher auf die Zunge gebissen. Und das merkwürdigste an der ganzen Sache ist, dass ich es auch so meine. Erschreckt über diese Erkenntnis zucke ich kurz zurück, meine Augen und Mund öffnen sich voller Erstaunen. Langsam lasse ich mich auf den Stuhl zurücksinken, bis die Lehne mich aufhält. Wieder schauen wir beide uns an. Und ohne ein Wort zu sagen, fangen wir beide an zu lachen. Das Lachen war wohl bis draußen zu hören, doch die Leute gehen gebeugt an unserem Fenster vorbei.

In den letzten Jahren haben wir beide uns verändert. Wir sind nicht mehr die Menschen, die sich vor langer Zeit kennen- und lieben gelernt hatten. Sind wir inzwischen erwachsener geworden? Vernünftiger? Nein, aber ich glaube, wir können mittlerweile mit uns und unserem Schicksal umgehen. Und wir beide wissen, dass wir Freunde fürs Leben sind. Irgendwo in Dortmund in einen kleinen gemütlichen Cafe bei Kerzenlicht und Jazz-Musik haben wir wohl eine weitere wichtige Sprosse in unserem Leben genommen...

Kommentare

19:51 22.03.2006
Vielen Dank ihr beiden!
Ich merke schon, wie es mir wieder Spaß macht, hier zu schreiben. Wie schon gesagt, es werden wohl viele wichtige Sachen in nächster Zeit auf mich einprasseln.
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unbekannt
19:02 19.03.2006
Herrlich, Charlie...du weißt, ich liebe deine Texte...und wer weiß, wo die Leiter des Lebens euch beide so hinbringt... :)

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unbekannt
10:46 19.03.2006
toller stil, macht spaß deinen eintrag zu lesen

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2006-03-19 10:35