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Tagebuch c.
2010-11-14 11:31
Wie viele Gedanken sind zu viele Gedanken?
Ich habe jetzt noch knapp zwei Monate und zwei Wochen Zeit. Dann hat meine Ma Geburtstag. Sie wird 60.

Als mein Dad letzten Sommer 60 wurde, habe ich ihm ein Dia-Musik-Video gebastelt. Ein Rückblick auf sein Leben in rund 30 Minuten. Kindheit. Jugend. Eltern. Arbeit. Hunde. Urlaube. Meine Ma. Ich. Das war echt unheimlich viel Arbeit. Zuerst mussten die Fotoalben gesichtet werden. Dann musste eine Bildauswahl getroffen werden. Dann mussten die Bilder eingescannt werden. Bearbeitet. Titelbilder für jedes einzelne Thema mussten gebastelt werden. Die passende Hintergrundmusik für jeden Abschnitt musste ausgesucht werden. Vier Wochen habe ich daran gesessen. Auch weil es zum Schluss dann Probleme mit dem Abspeichern der fertigen Datei gab. Aber die ganze Arbeit hatte sich gelohnt, das Ergebnis konnte sich echt sehen lassen.

Als ich vor jetzt fast 1 ½ Jahren mit diesem Projekt beschäftigt war, dachte ich damals schon, dass der ganze Aufwand noch problematisch werden könnte, wenn meine Ma ihren 60.Geburtstag feiert. Ja, man kann es sich schwerer machen, als es sein müsste, aber das ist nun mal so eine Grundeigenschaft von mir. Ich scheine es mir gerne schwer machen zu wollen. Denn mein Problem ist jetzt, dass ich für meine Ma nicht noch einmal dasselbe Geschenk in einer anderen Farbe basteln möchte. Zumal sich ja nun mal gewisse Kapitel aus ihrem Leben mit dem Leben meines Vaters überschneiden.

Ich möchte für sie ebenso etwas Besonderes machen wie für meinen Dad. Und nicht noch mal eine alte Idee neu aufwärmen.

Das Blöde daran ist nur, dass ich absolut keinen Schimmer habe, was ich stattdessen machen könnte.

Es soll etwas Persönliches sein, soll einen Bezug zu ihren 60 Lebensjahren haben.

Vor drei Jahren habe ich ihr zum Namenstag beispielsweise so einen Passepartout-Bilderrahmen mit verschiedenen Bildern von ihr und ihrer Mutter, meiner Oma, geschenkt. In diesem Jahr war meine Oma gestorben. Das war damals ein gutes Geschenk.

Theoretisch ist so ein Dia-Musik-Video-Gedöns auch ein gutes Geschenk. Weil mir auch jetzt schon klar ist, dass es wieder eine Heidenarbeit wird. Und so eine Bild- und Musikauswahl ist ja auch im Prinzip eine individuelle Angelegenheit. Aber es gefällt mir nicht. Es ist die Notlösung. Wenn mir sonst nichts anderes einfällt. Ich empfinde es als einen Abklatsch einer einst originellen Idee.

Aber was kann ich stattdessen machen? Ein großes Fragezeichen in meinem Kopf.

Ich wollte immer mal etwas aus der Bildersammlung meiner Oma machen. Der Oma mütterlicherseits. Früher haben wir uns ganz oft ihre Jugendbilder zusammen angeschaut und sie hat zu jedem immer etwas erzählt. Ich wollte daraus so eine Art Sketchbook machen, wie man ja nun in Neudeutsch Fotoalben bezeichnet. Eine Mischung aus Text und Bild. Ihre Bilder. Ihre Geschichten. Das ganze vielleicht auch als digitale Datei gespeichert, damit die Bilder nicht mehr verloren gehen.

Das ist eine gute Sache. Das sollte ich irgendwann auch mal endlich machen. Aber es hat nichts mit meiner Ma zu tun. Oder nur indirekt. Das wäre ein passendes Geschenk für irgendwann einmal. Aber nicht unbedingt für einen 60.Geburtstag.

Und so etwas mit meiner Ma als Thema statt meiner Oma? Schwierig. Es gibt zwar jede Menge Bilder aus der Kindheit und der Jugend meiner Ma. Bildmaterial ist also genügend vorhanden. Es mangelt am Text. Ich weiß erschreckend wenig über sie.

Ich weiß, dass ihr Vater starb, als sie 16 Jahre alt war. Ich weiß, dass es in diesem Zusammenhang zu Streitigkeiten mit ihrer Mutter kam. Ich weiß, dass sie sich einmal gegen ihren Vater durchgesetzt hat. Sein Plan für ihr Leben hieß: „Realschule und dann aufs Büro“. Sie wollte das Abitur machen. Und sie konnte ihn am Ende tatsächlich dazu überreden, sie aufs Gymnasium gehen zu lassen. Ich weiß, dass sie sich von ihrer Mutter vernachlässigt fühlte. Am Tag ihrer Abifeier konnte ihre Mutter nicht kommen, weil sie Kohle bestellt hatte. Nach ihren Studienfächern hat sich ihre Mutter erst erkundigt, nachdem sie von Nachbarn danach gefragt wurde. Ich weiß, dass meine Ma meinen Dad kennt, seit sie in etwa 14, 15 Jahre alt war. Ich weiß, dass sie sich im Schwimmbad kennen lernten.

Aber das ist schon alles, was ich über die Kindheit und Jugend meiner Ma weiß. Das ist erschreckend wenig und vor allem eignet sich dieses Wissen überwiegend nicht wirklich für ein positiv geprägtes nostalgisches Fotobuch.

Über ihre Studien- und Referendar-Zeit weiß ich kaum mehr, als wo sie stattfand. Natürlich weiß ich, warum sie keine eigenen Kinder mehr bekommen konnte und warum ich dann adoptiert wurde. Aber das ist auch kein Umstand, auf den man positiv zurückblickt. Jedenfalls nicht uneingeschränkt.

Nein, sehr viel weiß ich eigentlich nicht über die Vergangenheit. Mit einer Ausnahme: Über ihre Gefühle bezüglich der langjährigen Affäre meines Vaters bin ich sehr genau informiert. In dieser Hinsicht verstehe ich sie sehr gut. In dieser Hinsicht weiß ich genau, wie sie tickt. Ich würde fast behaupten, sie in manchen Dingen besser zu kennen als mein Dad. Natürlich ist klar, dass das auch kein Thema für ein Fotobuch ist.

Das ist der Vorteil, wenn man sich nur auf Bild und Musik beschränkt. Bildern erzählen ihre ganz eigenen Geschichten und am Ende kann man nie so genau wissen, ob mit manchen Bildern nun positive oder negative Emotionen verbunden sind. Man entzieht sich damit recht geschickt der Möglichkeit, sich ganz böse in die Nesseln zu setzen. Bei Bildern müssen Schein und Sein nicht übereinstimmen und man kann es sich recht angenehm in einer gewissen Ahnungslosigkeit bequem machen. Denn woher soll man schon so genau wissen, ob es jemanden bei der Betrachtung bestimmter Bilder wohlig melancholisch durchschauert oder schmerzhaft sticht. Ja, mit so einer Dia-Musik-Video-Geschichte könnte man negative Emotionen viel leichter ausblenden. Richtig arrangiert lassen sich so vermeintliche Rosa-Wolken-Träumereien kreieren.

Ich kenne das Phänomen ja von mir selbst. Es gibt so viele Fotos, auf denen ich lächele, obwohl es mir in dem Moment eigentlich hundeelend ging. Würde man mir ein solches Bild in einem hübschen Rahmen schenken, würde ich mich nur oberflächlich freuen. Innerlich würde es stechen, weil ich mich eigentlich an schmerzhafte Momente meines Lebens erinnert fühlte. So passierte es mir jedenfalls schon in der Vergangenheit.

Na ja. Das löst mein Problem aber nicht. Vielleicht sollte ich für ein Fotobuch weiter denken als nur an eine Kombination aus Erinnerungstext und Bildern. Ich weiß, welche Musik meine Ma mag und mochte. Ein Soundtrack ihres Lebens wäre so viel leichter zusammenzustellen. Ich weiß, welche Künstler sie bewundert, welche Dichter sie liebt, welche Bücher sie bevorzugt. Das Werk von Ulla Hahn bedeutet ihr sehr viel, gerade die Romane „Das verborgene Wort“ und „Aufbruch“, weil sie sich von diesen Geschichten sehr an ihr eigenes Leben, ihre Kindheit, ihren Werdegang erinnert fühlt. Sie hat eine Schwäche für Dekoschnickschnack, liebt Pflanzen, ihren Garten, Gartenarbeit. Und Tiere sind absolut ihr Ding. Sie liebt Tiere über alles. Sie bemuttert alles, was atmen kann. Die Liste der Tiere auf der Futterliste ist lang. Sie kümmert sich gerne.

Das ist alles nicht wirklich schlecht. Daraus könnte man wirklich etwas machen. Aber mir fehlt die Linie, ein Konzept, das schwirrt alles so ungeordnet und ungreifbar durch meinen Kopf.

In gewisser Weise kann man sagen, dass ich es mir damals bei dem Geschenk zum 60.Geburstag meines Dads „einfach“ gemacht habe. Da habe ich die Tatsache, dass ich recht wenig über ihn weiß, ausgeblendet und stattdessen eben ein Bild aus Bildern und Musik geschaffen, was für sich selbst sprechen kann.

Ich weiß, es ist nicht so ganz normal, dass ich mir so viele Gedanken mache. Niemand würde vermutlich ein zweites Dia-Musik-Video-Projekt in Frage stellen. Am wenigsten wahrscheinlich meine Ma. Niemand außer mir selbst würde es vermutlich als Notlösung betrachten. Mein Anspruch an mich ist einmal mehr viel zu hoch. Der Grund meines ganzen Dilemmas ist einfach, dass die Beziehung zu meiner Ma eine völlig andere ist als die zu meinem Dad. Und das möchte ich gerne würdigen, das möchte ich zum Ausdruck bringen. Sie sollte es mir wert sein, dass ich mir etwas wirklich, wirklich Besonderes für sie einfallen lasse, statt nur eine alte Idee zum x-ten Mal neu aufzuwärmen. Sie verdient etwas wirklich eigenes, eine ganz neue Idee.

Schwierig, schwierig. Das alles wabbert so ungreifbar durch meinen Kopf. Ich hätte gerne einen Plan. Ich hätte gerne ein Konzept. Aber irgendwie bereitet mir das gerade Schwierigkeiten.

Wenn irgendwer von euch einen Plan für mich hat: Immer her damit. Sofern ihr nicht angesichts so vieler, vieler, vieler überflüssiger Gedanken schon längst kopfschüttelnd das Lesen des Eintrags aufgegeben habt.

Ansonsten…machen mir meine Augen seit Freitag Probleme. Sie jucken und die Lider sind leicht geschwollen. Gestern Abend war es ganz schlimm mit dem Juckreiz. Richtig unangenehm. Heute Morgen waren die Augen dann leicht entzündet. Eben kam mir dann eine „zündende“ Idee, was das Problem gewesen sein könnte. Am Donnerstag habe ich mir zwei Duftkerzen gekauft. Die brannten seit Donnerstag so fast an die zwölf Stunden pro Tag. Mal ein bisschen länger, mal ein bisschen kürzer. Dieser Umstand kombiniert mit Heizungsluft und einem recht kleinen Wohnraum könnte womöglich der Grund des Übels gewesen sein. Also werde ich die Kerzen in den nächsten Tagen mal nicht anzünden und mal sehen, was passiert. Triefaugen sind doof. Ich hoffe, das hat sich dann bald erledigt.

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