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Tagebuch c.
2011-05-13 04:48
Satz mit X....

Ich kann nicht schlafen. Die Angst sitzt mir auf der Brust. Drückend, schwer. Eine Mischung aus Angst, Zweifeln, Wut, Trauer und Enttäuschung.

 

Der Job in Bayern…ich habe ein schlechtes Gefühl.

 

Ich will ihn, ja unbedingt, es hat mir wirklich super gefallen am Dienstag. Man könnte meinen, die Chancen stünden auch gar nicht so schlecht, ich bin eine von nur drei eingeladenen Bewerberinnen. Aber ich denke man wird sich gegen mich entscheiden.

 

Es sind die Schwächen in meinem Lebenslauf, an denen es scheitern wird. Sie haben mir von Anfang an Bauchschmerzen bereitet.

 

Die Tage zuvor habe ich mich so gut vorbereitet. Am Dienstag selbst war ich wie gelähmt. Mehr als vier Stunden Zeit hatte ich vor dem Termin.

 

Es wäre Zeit genug gewesen, meine Notizen noch einmal durchzugehen, wieder und wieder.

 

Es wäre Zeit genug gewesen, das Anschauungsmaterial noch einmal zu sichten, wieder und wieder.

 

Es wäre Zeit genug gewesen, mir eine Strategie zu überlegen, wie ich diese Schwächen am besten verkaufen kann.

 

Aber ich konnte nicht. Ich war wie gelähmt, völlig betäubt. Mir war von Anfang an klar, dass es, wenn es scheitert, an diesen Schwächen scheitert. Der Gedanke hat mich blockiert. Konstruktives Denken verhindert.

 

Es ärgert mich. Wirklich.

 

Oft gibt es nicht nur eine einzige Wahrheit. So auch in meinem Fall. Es gibt viele Erklärungen für diese Schwächen, jede ist auf ihre Art und Weise wahr.

 

Eine schlechte Idee wäre es wohl gewesen, die Wahrheit aus der Perspektive der Psychokacke zu erzählen. Von lähmenden Selbstzweifeln und Ängsten zu reden. Von gestört engen Familienverhältnissen zu sprechen. Von Abhängigkeiten, vom Kleinhalten, von Selbsthass von Zweifel.

 

Natürlich sind das alles Gründe, die mich bisher davon abgehalten haben, beruflich genau die Richtung zu verfolgen, in die ich immer wollte. Man hat mir immer gesagt: „Du kannst das nicht.“ Ich habe es geglaubt, verinnerlicht. Habe einen Traum mit mir herumgetragen, aber war sicher, es würde immer ein Traum bleiben. Ich habe mich nie getraut, es einmal zu versuchen.

 

So ist es. Das ist eine Wahrheit. Eine Wahrheit, die ich so nicht hätte erzählen können. Auch das wäre mir mit Sicherheit negativ angekreidet worden.

 

Was ich erzählte ist auch wahr. Aber ich fürchte, auch damit habe ich mir keinen Gefallen getan. Ich fürchte, es hat mich profillos wirken lassen. Larifari. Wischiwaschi. Einzig dem Lustprinzip verpflichtet. Heute so, morgen so. Drei verschiedene Richtungen lassen sich in meinem Lebenslauf erkennen. Oder nein, laut Lebenslauf sind es zwei, mit der Bewerbung sind es drei. Die dritte berufliche Richtung gibt es eigentlich nur aus versicherungstechnischen Gründen, aber auch das kann man so ja nicht sagen. In einem Vorstellungsgespräch. Es ist schwer zu erklären, woher jetzt auf einmal das Interesse an dem Berufszweig kommt, für den ich mich am Dienstag vorstellte, wenn sich im Lebenslauf keine Hinweise darauf finden lassen. Und ich denke, ich habe es schlecht erklärt. Ich denke, man wird mich als Bewerberin ablehnen, weil man den Eindruck gewonnen hat, dass die Bewerbung nur einer spontanen Laune heraus entsprungen ist und man fürchten muss, dass ich in zwei Monaten wieder abspringe.

 

Dabei habe ich mir keine Geschichten ausgedacht. Auch das, was ich sagte,  ist wahr. Eine Mischung aus „Ich will endlich meinen Traum verwirklichen, von dem ich mich immer habe ablenken lassen.“, mein Studium war toll, aber realistisch betrachtet vielleicht mehr zur Selbstverwirklichung/Wurzelsuche geeignet als für berufliche Perspektiven und das vermeintlich zweite (versicherungsbedingte) Standbein sichert mir in Zukunft wenigstens ein Auskommen.

 

Aber „Selbstverwirklichung“ ist vielleicht nicht unbedingt das Wort gewesen, was am Ende besonders für mich sprechen wird.

 

Ich hätte anders damit umgehen müssen. Offensiver. Selbstbewusster. Der Ton macht die Musik, es kommt immer auf das Wie, nicht so sehr auf das Was an. Besonders in der Branche, in der ich mich beworben habe. Es hätte gleich einen völlig anderen Eindruck hinterlassen, hätte ich etwas gesagt wie: „Ich weiß, ich habe eine Entscheidung getroffen, die mir den Berufseinstieg ungemein erschwert, aber ich habe sie mit vollem Bewusstsein getroffen, weil ich trotz aller Widrigkeiten, denen ich deswegen begegnen werde,  genau weiß wohin ich will.“ Aber auf solche schlauen Ideen kommt man immer erst, wenn es zu spät ist.

 

Noch ist nichts entschieden. Die Entscheidung wird mir in einer Woche mitgeteilt. Es gibt auch viele Dinge, die für mich sprechen. Ich habe es geschafft, mich wieder einmal als besonders offen und kommunikativ zu präsentieren. Obwohl ich innerlich vor Angst zitterte, obwohl das eigentlich gar nicht zu  mir passt. Die menschliche Basis ist den Geschäftsführern besonders wichtig, in der Zusammenarbeit mit dem Team muss die Chemie stimmen, weil es auch nur ein sehr kleines Team ist. Da habe ich gepunktet. Da kam ich gut an. Erstaunlicherweise haben die Chefs ebenfalls Gefallen an ausgerechnet meiner derzeit so verhassten Interviewer-(Callcenter)-Tätigkeit gefunden. Weil man in diesem Job keine Angst davor haben darf, offensiv auf Menschen zuzugehen und weil man sich nicht davor fürchten darf, auch mal zum Telefonhörer zu greifen. Stichwort: Offen und Kommunikativ. Ja, ja.

 

Ich könnte noch hoffen, tatsächlich. Denn ein Zeichen dafür, dass ich wirklich will und wirklich dahinter stehe, sind auf die Umstände, die für mich mit dem Job verbunden wären. Der weite Weg für ein Vorstellungsgespräch. Erst einmal nur für ein Praktikum, für das es nur wenig finanzielle Anreize gibt. Ohne soziale Kontakte in der Gegend. Ein kompletter Neuanfang. Auch wenn eine mindestens zweieinhalbjährige Zusammenarbeit geplant ist und man froh wäre, mich danach noch länger dort halten zu können, wird erst am Ende des ersten halben Jahres klar sein, ob das wirklich was wird, von beiden Seiten aus. Dass jemand dann trotzdem bereit ist, dafür erst einmal alles aufzugeben, spricht auch für den Kandidaten und seinen Willen.

 

Vielleicht sehe ich alles mal wieder viel zu schwarz. Wahrscheinlich bin ich mal wieder viel zu selbstkritisch. Aber ich will den Job unbedingt und kann mir derzeit nicht vorstellen, dass es was wird. Zumal es auch schon einen dezenten Hinweis auf die mögliche Entscheidung gibt.

 

Da ich in diesem Berufsbereich keine Vorerfahrungen mitbringe, überlegte man am Dienstag, ob man mir nicht bis Ende der Woche einen kleinen Probearbeitsauftrag via Mail zukommen lassen sollte, den ich dann in begrenzter Zeit zu erledigen habe. Diese zusätzliche Mühe macht man sich ja nur, solange ein Kandidat noch im Rennen ist. Natürlich, es hieß vielleicht und nicht auf jeden Fall. Vielleicht kann auch noch heißen, dass man noch im Rennen ist, aber man doch von dieser Idee Abstand genommen hat. Vielleicht kann vieles heißen. Dass bis jetzt noch keine entsprechende Mail kam, werte ich als schlechtes Zeichen.

 

Das war sie nun, meine bisher beste Chance, endlich Fuß zu fassen in dem Bereich, in dem ich immer unterkommen wollte. Ich habe sie mir selbst versaut, werde sie mir selbst versaut haben, wenn eine Absage kommt. Durch schlechte Selbstvermarktung in einem entscheidenden Punkt. Das macht mich so wütend auf mich selbst. Und so traurig. Und so enttäuscht. Und ängstlich bin ich zugleich, ängstlich und angespannt, denn noch gibt es keine Sicherheit, keine Antwort, noch könnte ich hoffen. Und doch fühle ich mich wie der Kandidat in der Todeszelle, der nur noch auf den Termin zu seiner Hinrichtung wartet. Ein etwas krasser Vergleich vielleicht, aber ich denke, die Entscheidung ist schon getroffen, jetzt heißt es nur noch warten. Warten. Warten.

 

Es wäre so schön, wenn ich mich irren würde, wenn mein schlechtes Gefühl nur Produkt meiner Selbstzweifel wäre. Es wäre so schön, wenn es entgegen all meinen Erwartungen doch was wird mit diesem Job. In einer Woche bin ich schlauer. Sicherlich. Vielleicht erlebe ich ja doch noch eine Überraschung.

Kommentare


unbekannt
18:57 15.05.2011
Habe Mut und ein wenig Glaube an dich selbst - dann klappt das!

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13:01 13.05.2011
ich drück dir ganz ganz fest die daumen! manchmal hat man auch einfach glück, sogar du es würde dir sicher bei uns gefallen
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