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Tagebuch c.
2011-02-10 11:46
Rätsel raten
Ich sitze hier und widme mich meinem letzten „frechen Flirt“ für längere Zeit. Im Ernst, wer denkt sich eigentlich so bescheuerte Namen für einen Tee aus? Aber es sei verziehen, denn Brombeere/Cranberry ist eine wirklich schöne Mischung.
Und sonst so? Sonst beschäftigen mich alte Fragen und neue Rätsel. Anschreiben oder ignorieren? So lautet die alte Frage. Seit Anfang Januar habe ich mich nun nicht mehr mit dem Lateinamerikareisenden ausgetauscht. Und eigentlich ist das ok so. Eigentlich. Es gibt doch immer ein eigentlich. Er schrieb damals, dass er ein Treffen im echten Leben hinauszögert, weil er fürchtet, er könne mir nicht gefallen, es könne nicht funken. Ich bin oft froh darüber, dass wir uns bisher nie im echten Leben begegneten, weil ich fürchte, es könne möglicherweise funken. Was ja wirklich ein Desaster wäre. Es passt mir ganz gut, dass ich mich damit nicht näher befassen muss und doch tue ich es. Es könnte mir egal sein. Ich könnte es einfach vergessen. Und doch tue ich es nicht.
Das Ding verunsichert mich in letzter Zeit immer wieder. Aber auch damit mag ich mich nicht auseinandersetzen. Nächste Woche ist er weg, in der Schweiz, in Genf, zu Besuch bei den Teilchen. Und das ist ganz gut so. Wegschieben. Aufschieben. Vergessen. Einfach nie wieder online gehen oder ihn blockieren. Egal.
Egal. Blöde Themen. Gefallen mir nicht. Da befasse ich mich doch lieber mit neuen Rätseln, die oft so rätselhaft sind, dass ich sie gar nicht verstehe.
Ich mag Rätsel. Ja, wirklich, sie machen interessant. Wecken mein Interesse. Ich denke an James. James, der sich oft so verworren ausdrückte, dass man seine Nachrichten mit einem einzigen großen Fragezeichen im Gesicht las. James war ein gutes Rätsel. Intelligent und gestört, kaputt in gleichem Maße. Wir beide ausgestattet mit übermächtigen Schatten aus der Vergangenheit. Bis heute frage ich mich manchmal, wer von uns beiden eigentlich manipulativer war. James…Seit einem Dreivierteljahr ist er nun schon in einer vermutlich überwiegend glücklichen Beziehung. Ja, natürlich weiß ich darüber Bescheid. Ich bin gerne informiert. Und es freut mich für ihn. Und es ist ganz gut so, wie es ist, wie es lief, wie es kam.
Aber ich mochte seine verrückten, hoch emotionalen, völlig verworrenen Worte. „Ich rede so viel, weil ich so viel weiß!“, sagte er einmal. Da will und wollte ich nie wiedersprechen. Selten, nein fast nie habe ich mich so gefordert gefühlt, selten war ich so willig, das Mödern auf ewig sein zu lassen. Ich habe so viel gelesen in der Zeit unseres Kontakts, wissenschaftliches, Belletristik, denn es machte einfach Spaß, sich später mit ihm auszutauschen. James, das Rätsel, war ein Katalysator für mich und mein Vorwärtskommen und gleichzeitig aber hat er auch die schlechten, negativen, „psychotischen“ Züge in mir aufs Ordentlichste gepusht.
Ich vermisse es. Manchmal. Die guten wie die schlechten Zeiten. Und ich mag Rätsel noch immer. Ich mag es, wenn jemand nicht geradeaus denkt. Jetzt habe ich ein neues Rätsel gefunden. Letztens schrieb man mir über mein Studium Folgendes:
hast da intresanten stuff studiert,
Bewusst habe ich nichts korrigiert. Ich mag die Bilder in denen er denkt. Und irgendwie auch dieses sprachliche Durcheinander. Ich finde es interessant. Aber manchmal verstehe ich nicht, was er von mir will. So wie hier:
wenn wir schnik schnak schnuk spielen würden ,
Muss die Antwort einfach nur wahlweise Stein/Schere/Brunnen oder Papier lauten? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht und denke schon seit Tagen darüber nach. Rätseln eben. Vielleicht sind andere ja schlauer und können mir auf die Sprünge helfen?! Ja, es ist ein Rätsel und es macht Spaß. Manchen Absatz seiner Nachrichten lese ich drei, vier, fünfmal. Ich muss sie erst einmal übersetzen, um sie zu verstehen. Hier zum Beispiel:
„schande über mein haupt“, muss sowas nicht schreiben , ist ja keine verpflichtung .kann mir selber , auch so schnell passieren das ich sachen verschleppe .die sache ist auch , komme mir vor als würde ich mit dem schicksal die gleich schiene fahren.
Und doch….ich finde es interessant. Ein Mensch ohne geraden Lebenslauf. Ein Mensch ohne gerades Denken. Es gefällt. Es interessiert. Ich fühle mich herausgefordert, herausgefordert, aus seinen Sätzen schlau zu werden. Ein Rätsel. Ein neues Rätsel. Ob gut oder schlecht, das kann ich noch nicht sagen. Aber es interessiert. Ist einfach nur interessant. Punktum. Das ist gut. Das ist nicht schlecht. Das ist viel besser als Verunsicherung, Furcht, Gleichgültigkeit. Eine gute Abwechslung, ja, das ist es. Und das reicht auch.
Jetzt werde ich mich mal der Post widmen. Sie schickt mir Mails mit dem Betreff „Wir haben etwas, was Ihnen gehört!“. Da kriegt man ja Angst. Wollte man witzig, locker, entspannt, innovativ sein, als man diese Standartmail konzipierte? Denn schließlich geht es nur darum, dass das Begrüßungspaket für die Packstation nicht zugestellt werden konnte. Das hätte man doch auch in die Betreffzeile schreiben können. Das würde mich nicht mit so gemischten Gefühlen zurücklassen. Hat was von gewollt und nicht gekonnt, wirkt auf mich einfach nur gezwungen locker.
Und so plätschern meine Tage dahin und ich werde älter und älter. Täglich, stündlich, minütlich, sekündlich. So viel sinnlos verstrichene Lebenszeit. Manchmal sollte man sich echt darüber ärgern. Und manchmal, da sollte man sich einfach erfreuen, erfreuen an den kleinen Dingen im Leben. Manchmal, da braucht man einfach ein kleines Rätsel und schon ist die Welt ein bisschen weniger trist. Kommentare |
c. OfflineMitglied seit: 05.06.2010DE mehr... 2011-02-10 11:46 |