Willkommen auf Tagtt!
Wednesday, 17. April 2024
Tagebücher » c. » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch c.
2010-10-31 20:46
lfvhzds6ulzipuundrsiöl
Damals, als ich noch jung war, in meiner fernen, fernen, weit entfernten Jugend, da habe ich viel Zeit mit den Büchern von Marion Zimmer Bradley verbracht. „Die Nebel von Avalon“ waren eine meiner ersten großen Lieben. Letztens zog ich „Geisterlicht“ aus dem Bücherregal und fühlte mich um Jahre zurückversetzt.

Marion Zimmer Bradley. Feministischer Schund, mag manch einer sagen. Aber wirklich verdammt gut recherchierter feministischer Schund. Ich habe großen Respekt vor ihrem wirklich verdammt umfangreichen Werk. In meinen unrealistischsten Zukunftsphantastereien gehört sie, neben Isabel Allende und Anne Rice, zu meinen heimlichen Vorbildern.

Eine wirklich starke Frau, die gerne starke Frauen in den Mittelpunkt ihrer Geschichten stellt.

In meiner Jugend gab es einige Romanheldinnen, die ich glühend bewunderte. Noch heute liebe ich meine ewig unvergessene Alanna von Trebond (Tamora Pierce). Wenn ich so darüber nachdenke, würde ich behaupten, dass sich in vielen mir bekannten Geschichten von Marion Zimmer Bradley dieselben Muster wiederholen.

Selbstständige, junge und unabhängige Frau versucht altes Rätsel zu entschlüsseln, gerät in den Bann eines mysteriös-düsteren Mannes, aber schafft es am Ende nach einigen Irrungen und Wirrungen doch aus eigener Kraft, das Rätsel zu lösen. Und manchmal, da taucht am Ende sogar noch der weiße Ritter auf, für das Herzschmerz-Happy-End, aber im Rahmen der Geschichte blieb er doch immer im Hintergrund und spielte eher eine untergeordnete Rolle.

Eine Zeit lang hat mich Marion Zimmer Bradley wirklich sehr stark beeinflusst. Bestimmt ein Jahr lang wollte ich auch Parapsychologin werden, der Beruf der Truth Jourdemayne in „Geisterlicht“. Die esoterische Phase in meinem Leben war wesentlich von der in Zimmer Bradleys Büchern beschriebenen Glaubenswelt geprägt.

So viele starke Frauenfiguren haben mich in den entscheidenden Jahren meiner Jugend begleitet. Lauter Figuren, die trotz allerlei Hindernisse am Ende ein selbstbestimmtes, unabhängiges und selbstbewusstes Leben führten. Ich frage mich, warum mich die vielen, vielen mit diesen Romanheldinnen verbrachten Stunden dann nicht auch in dieser Hinsicht stärker geprägt haben. Warum ich heute noch immer so zutiefst unsicher und abhängig und unselbstständig und vor allem passiv bin. Ich lasse mein Leben an mir vorbeiziehen und schaue ihm wie ein verschrecktes Kaninchen zu.

Ich frage mich, wie sehr uns die Dinge, die uns begeistern, am Ende wirklich prägen. Im Zuge meines fröhlichen Schwelgens in alten Erinnerungen habe ich in den letzten Wochen die Abendstunden mit einer meiner drei Lieblingsserien verbracht. Roswell. Nirgendwo sonst habe ich wohl Fiktion so sehr mit persönlichen Gefühlen, Eindrücken und Erinnerungen versponnen wie mit dieser Serie. Liz und Max waren so etwas wie die außerirdische Happy-End-Version von Filipe und mir. Diese ganze Kiste rund um füreinander bestimmt sein und die größten Hindernisse zu überwinden zu haben…Ich habe wirklich sehr lange daran geglaubt. In der vierten Episode der ersten Staffel (Leaving Normal) sagt Liz‘ Großmutter so etwas zu ihr wie: „Wenn es nicht kompliziert ist, ist es nicht der Richtige.“ Ich fürchte, dieser kleine Satz ist mir, ob bewusst oder unbewusst sei mal dahingestellt, zum persönlichen Mantra geworden.

Danach habe ich wirklich viele, viele Jahre meines Lebens gestaltet. Drama, Drama, Drama. Mindestens ein großes Drama pro Jahr. Und der Witz dabei ist: Realistisch betrachtet gab es eigentlich immer wenig echtes, wenige Fakten, auf die sich das ganze Drama gründen konnte. Viel Lärm um nichts, so könnte man es auch ausdrücken.

Und jedes Mal ließen mich diese Dramen über Wochen und Monate völlig niedergeschmettert zurück. Was den anderen Beteiligten vermutlich keine zwei schlaflosen Nächte brachte, hat mich über Monate beschäftigt.

Auch das aktuellste Drama, das Drama meines Sommers…Mittlerweile ist es schon länger vorbei als es dauerte. Ich könnte sicher lang und breit erklären, warum es trotzdem gerechtfertigt ist, dass mich der Gedanke an den Sommer auch heute noch schmerzt. Mehr schmerzt, als es sollte. Aber es finden sich doch immer und immer tausend Gründe, die den eigenen Wahn erklären können. Die Frage ist, ob es überhaupt nötig ist zu erklären, Rechtfertigungen zu finden. Vielleicht sollte man manches einfach annehmen, wie es ist. Vielleicht ist das Ding mit dem Loslassen dann auch einfacher.

Tue ich nicht wieder einmal das, was ich mir und anderen immer vorwerfe? Bewerten. Gefühle lassen sich nicht bewerten. Man sollte sie vielleicht einfach nur akzeptieren statt sich tausend und abertausend Gedanken darum zu machen, was nun gesellschaftlich richtig oder falsch ist. Man sollte einfach jeden Gedanken aus seinem Kopf streichen, der sich mit dem beschäftigt, was andere denken könnten. Sie sind mir sowieso zu oft zum Verhängnis geworden, diese elenden Gedanken.

Wo ist der Punkt? Was soll der ganze Text?

Ich weiß nicht, ob ich je völlig auf Dramen und Komplikationen verzichten könnte. Dazu sind diese Dinge wahrscheinlich schon zu lange und zu tief in mir verwurzelt. Aber vielleicht braucht es alltagskompatiblere Dramen. Vielleicht sollten sie mehr in Bahnen ablaufen wie in den Leben meiner früheren Romanheldinnen.

Vielleicht ist das aber auch alles einfach ganz großer Quatsch. Ohne Punkt. Ohne Komma. Vermeintlich geordnetes Gedankenchaos an einem meiner seltenen „freien“ Sonntage.

Ich sitze hier und schaue den Blasen in meiner Lavalampe zu. Ich fühle mich traurig und wütend und einsam und glücklich und befreit und gefangen und voll und leer zugleich.

Vielleicht braucht nicht immer alles auch einen Punkt. Vielleicht ist es manchmal nötig, einigen Gedanken Form und Struktur zu geben und manches ungesagt und ungreifbar zu lassen.

Vielleicht ist das alles auch ganz großer Quatsch.

Vielleicht bade ich einfach an diesem Abend ein wenig zu tief in bittersüßer Melancholie.

Vielleicht braucht es manchmal nicht mehr als nur ein vielleicht.

Man weiß es nicht.

Video

Kommentare

Noch keine Kommentare!
Kommentieren


Nur für registrierte User.

c. Offline

Mitglied seit: 05.06.2010
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

2010-10-31 20:46