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Tagebuch c.
2010-06-29 23:54
Fußballgedanken

Brrrrrrrrrrrrrrrrrrrr und bääääääääähhhhhhhhh und pfuuuuuuuuuuuuuuiiiiiiiiiiiiiiii!

Da ich generell zu Weitschweifigkeit neige, übe ich mich gerade in der Beschränkung auf das Wesentliche. Kurze Randnotizen. Gut, das Verständnis mag dabei auf der Strecke bleiben, aber Leserservice ist eben auch nicht immer alles.

Jetzt in dieser Minute übe ich mich darin, ein paarmal tief durchzuatmen und der Panik keinen Raum zu geben.

Schließlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben und manchmal muss man auch nicht um jede Kleinigkeit ein riesiges Theater machen. Vielleicht ist ja auch alles sowieso nur halb so schlimm. Eine Wochenbilanz habe ich für das Wochenende angedacht. Eine Wochenbilanz wird es auch erst dann geben. Es ist ja schließlich erst Dienstag. Da kann noch viel passieren. Und am Samstag schauen wir dann mal, wie die erste Woche auf den verschiedensten Singleseiten so gelaufen ist.

Also lenke ich mich ab. Womit? Fußball passt. Aktuell ja scheinbar wichtigstes Tagesgeschehen. Wie soll Deutschland bloß die beiden kommenden fußballfreien Tage überstehen? Wie werden die Medien morgen wohl mit dem zweiten großen Thema umgehen: Die Wahl des Bundespräsidenten. Wie wird das gelenkte Volk wohl reagieren? Man weiß es nicht.

Aber jetzt geht es ja um Fußball. Mir jedenfalls. Die Viertelfinalspartien stehen fest.

Das ist jetzt die vierte WM in meinem Leben, die ich bewusst miterlebe und für die ich mich mehr oder weniger interessiere.

Lustiger weise ist es die dritte WM, die ich in der Ex-Tagebuchclub-Ex-Diary-z-Now-Tagtt-Gemeinde erlebe. Knopfs WM-Berichte scheinen genauso zu diesem Turnier zu gehören wie die grölenden Massen  auf der Straße. Man kann sich die WM ohne das irgendwie nicht so recht vorstellen.

Oder spricht da jetzt nur der Teil von mir, der definitiv zu viel Zeit im Internet verbringt? 

Gestern freute ich mich über den Viertelfinaleinzug der Brasilianer. Heute war ich mir nicht sicher, ob ich den Spaniern oder den Portugiesen die Daumen drückte. Verschiedene Gründe sprachen einerseits für die einen und anderseits gegen die anderen. Oder so. Ob ich mich nun für Spanien freue? Das weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau.

Eigentlich ist die WM ja sowieso nichts weiter als eine riesige Geldmaschine. Also an manchen Tagen möchte man ja fast kotzen, wenn man sieht, wer sich alles über die Maßen verrenkt, um auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Das ist echt schon richtig widerlich.

Geld regiert die Welt. Geld regiert vermutlich auf die Fußball-WM-Welt.

Wenn man sich mal anschaut, wie die Teilnehmerliste aussah… Da heißt es so schön, dass die teilnehmenden Nationalmannschaften aus allen sechs Kontinentalverbänden kommen. Aber wenn man sich die Verteilung dann mal genau anschaut…13 europäische Länder nahmen teil. Wenn man Australien zu Asien rechnet, gab es dagegen nur vier asiatische Teams. Sechs Teams aus Afrika. Und der Rest aus Nord-, Mittel- und Südamerika.

Das ist eine Verteilung, die so eigentlich nicht sein darf. Wer Geld hat, hat Erfolg. Die falsche Philosophie. Mir persönlich tat es in der Seele weh, dass die afrikanischen Mannschaften fast komplett nach der Vorrunde ausschieden.

Whoohoo. Afrika. Waka Waka. Tralala.

Jetzt widmet die Welt dem Kontinent, und besonders Südafrika, für einige Wochen seine Aufmerksamkeit. Und das ist auch gut und richtig so. So viele interessante Reportagen und Artikel wie im Moment, gab es schon lange nicht mehr. Man kann nur hoffen, dass das Interesse auch nach der WM anhält und der ganze Kontinent weiterhin von der WM profitieren und sich entwickeln kann.

Man muss Idealist sein, um solch fromme Gedanken zu hegen.

Man ist Realist, wenn einem bewusst ist, dass in knapp 1 ½ Wochen Afrika wieder vergessen ist und sich nichts an den Problemen dort ändern wird, dass sich nichts weiter entwickeln wird.

Es ist eine Schande, dass Afrika in dieser WM so chancenlos war. Und woran liegt das? Wieder einmal am lieben Geld. In der ZEIT erschien letztens ein Artikel zu dieser Thematik.

„A black star never  shines.“

Wie kann es sein, dass Afrikas Mannschaften über international höchst erfolgreiche Spieler verfügen, aber dennoch in einem solchen Turnier so kläglich scheitern? Das war die Hauptfrage, mit der man sich in diesem Artikel befasste.

Die Antwort, die man darauf fand, ist so alt, wie die Entdeckung des Kontinents als Quelle des Reichtums. Ausbeutung der Ressourcen. Fußball als moderner Sklavenhandel. Kritische Stimmen stoßen schon seit längerem immer mal wieder in dieses Horn. Erfolgversprechende Fußballtalente aus Dritte-Welt-Ländern werden früh von vorwiegend europäischen Talentscouts für die großen europäischen Vereine eingekauft. Dort verbringen sie dann den Großteil ihrer Zeit als Profispieler. Für die Rückkehr in die Heimat und zum Training mit den jeweiligen Nationalmannschaften bleibt dann wenig Zeit.

Das jedenfalls war die Meinung des Herrn Artikelverfassers: Afrika hatte trotz vieler großer Namen keine Chance, weil die Spieler nicht als Mannschaft funktionierten, denn es fehlte schlichtweg die Zeit, in der sie als Mannschaft im Training hätten zusammenwachsen können.

Aber auch wenn man die WM aus weniger gesellschaftskritischer Sicht betrachtet…Der Gerechtigkeitssinn vieler Menschen mit ein bisschen Herz dürfte wohl fordern, dass bei einer afrikanischen WM die afrikanischen Mannschaften eigentlich eine größere Rolle spielen sollten.

Und so freue ich mich gerade aktuell auch über das Weiterkommen von Ghana. Die USA aus dem Turnier zu kegeln…Das war wirklich groß. Auch wenn mein Herz persönlich am meisten für die lateinamerikanischen Mannschaften schlägt, würde ich mich, glaube ich, auch sehr über einen Sieg der Ghanaer über Uruguay freuen. Sie hätten es verdient, ins Halbfinale einzuziehen.

Was mein Verhältnis zur deutschen Mannschaft angeht…Das war schon immer sehr gespalten, auch wenn es mit der Mannschaft an sich nichts zu tun hat. Vor acht Jahren fieberte ich für Brasilien mit und freute mich riesig über den Sieg. Dabei hätten mir meine Pässe auch genauso gut Siegesfreude erlaubt, wenn es anders herum gewesen wäre.

Aber geht es um Deutschland, dann will bei mir einfach kein Wir-Gefühl aufkommen. Die Mannschaft spielt in diesem Turnier wirklich gut, keine Frage. Es liegt wohl auch mehr an den deutschen Fans, dass ich froh bin, mich zu diesen Zeiten auf meine andere Seite berufen zu können.

Dieser grölende, lärmende Pulk auf den Straßen, dieses besoffene Etwas, das bin ich einfach nicht. Wobei…das ist natürlich nur das Fanbild, was den Menschen zu Hause über die Medien präsentiert wird. Vereinzelt mag es in den Innenstädten der deutschen Großstädte tatsächlich so zugehen. Aber der Durchschnittsfan ist sicher nicht das, was man im Fernsehen so zu sehen bekommt.

Und trotzdem kann ich mich mit deutschem Fandom rund um „unsere Elf“ einfach nicht anfreunden. Das bin ich nicht und das werde ich in diesem Leben wohl auch nicht mehr werden.

Deswegen ist für mich eines klar: Mein Herz schlägt am Samstag für die Argentinier. Und das ist auch gut so.

Hach…wäre ich doch nur früher am Abend bei anderen Themen nur auch so wunderbar auf den Punkt gewesen…Aber….vielleicht war es ja gar nicht so schlimm, wie es mir gerade vorkommt. Na ja. Samstag. Samstag! Bis dahin geht noch viel Wasser den Rhein runter. Noch viel Zeit. Schauen wir mal. Am Samstag sieht die Welt bestimmt schon wieder ganz anders aus. Ganz sicher.

 

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