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Tagebuch c.
2016-03-26 17:03
Freunde wachsen nicht auf Bäumen
Ostersamstag. Sonnenschein in Berlin. Und ich bin alleine. Das hatte ich mir vor einem Monat mal anders vorgestellt.

Mister Silvester und ich … Das wird wohl nichts mehr. Jedenfalls nicht in der nächsten Zeit.

Anfang März, am Abend meines letzten Arbeitstages vor meinem Urlaub, habe ich eine ganze Flasche veganen Rotwein geleert. Guter Stoff, tatsächlich, aber er hat auch ganz schön reingehauen.

Wirklich ordentlich neben mir habe ich also versucht, etwas in Gang zu bringen. Ihn zu einer Stellungnahme zu bewegen, weil diese Ungewissheit, dieses ständige in der Luft hängen nicht mehr tragbar war für mich.

Tatsächlich, nach einigen Anlaufschwierigkeiten habe ich sie doch bekommen an diesem Wochenende, die Stellungnahme, die ich wollte.

Das Ding mit dem Flughafen war der Knackpunkt. Er hat zumindest für den Moment einiges kaputt gemacht. Jetzt zählt er mich zu den wenigen Menschen, die er als enge Freunde bezeichnen würde.

Und weil die Wunden aus der noch nicht offiziell beendeten Ehe wieder aufgebrochen sind, glaubt er, derzeit eh nicht beziehungsfähig zu sein.

Im Grunde sind das gute Nachrichten, die mir sehr entgegenkommen. Vor allem befreien sie mich. Ich muss nicht mehr rätseln, was jetzt ist und ob noch was ist. Und ich bin auch selbst noch nicht weit genug, um mich mit jemand anderen zu befassen, ich habe mit mir noch zu viel zu tun.

So kam es, dass der März eigentlich ein recht entspannter Monat war in Hinblick auf Mister Silvester. Wir schrieben viel, telefonierten einige Male. Eigentlich alles gut.

Wenn, ja, wenn ich mich nicht in letzter Zeit immer häufiger fragen würde, ob er mich nicht zurückhält.

Nach wie vor arbeitet er nicht, versumpft zuhause und trinkt. Trinkt so gotterbärmlich viel, dass es Angst macht. Rum, Wodka, Whiskey, Calvados und seit neustem auch Absinth. Mehrere Flaschen des harten Zeugs leert er in der Woche. Noch ist es nicht ganz eine Flasche am Tag, aber es reicht.

Er will sich nur noch abschießen und vergessen. Er will nicht mehr. Im Grunde hat er mit dem Leben abgeschlossen.

Inzwischen bin ich so weit, dass ich laienhaft mutmaßen möchte, dass er an einer bipolaren Störung leidet.

Tatsächlich war er Anfang des Jahres voller Hoffnung, als er glaubte, aus ihm und mir könne ein uns werden. In manchen Momenten denke ich mir, ich kann vielleicht auch ganz froh sein, dass es nie so weit kam, denn wenn er sich an dem Gedanken so sehr hochgezogen hat … lastet irgendwo auch eine ziemliche Verantwortung auf der anderen Person.

Es ist nie gut, wenn man aus sich selbst keinen Antrieb findet, sondern ihn von jemand anderem abhängig macht.

Der Januar, er war für uns beide schon ein ziemliches High. Das, was er jetzt durchlebt, ist ein wirklich düsteres Low.

Mal davon abgesehen, dass ich sowieso zunächst einmal mich selbst retten muss, ist dennoch das Bedürfnis groß, ihm zu helfen. Aber er will sich nicht helfen lassen. Er lässt nicht wirklich jemanden an sich heran und er will auch nicht reden.

Dass ich vielleicht nicht die richtige Ansprechpartnerin bin, kann ich akzeptieren, aber es erschreckt mich, dass er vor einiger Zeit auch den Kontakt zu seiner besten Freundin abgebrochen hat. Die beiden sind seit mehr als dreißig Jahren befreundet. Im Januar wollte er noch unbedingt, dass wir sie zusammen auf der Irlandreise besuchen. Sie wusste auch schon Bescheid. Und jetzt hat er wegen einer Lappalie den Kontakt abgebrochen. In diesen Tagen ist sie zu Besuch in Deutschland, aber er hat nicht die geringste Lust, sie zu treffen und wird es wohl nicht tun.

Was bedauerlich ist, denn ich könnte mir vorstellen, dass sie ihn schon entsprechend in den Arsch treten könnte.

Er sagt, er hat nicht die Absicht, sich umzubringen. Aber so, wie er mit sich umgeht, ist das Selbstmord auf Raten. Das kann auch Dauer nicht gutgehen.

Mich macht das unheimlich traurig, weil ich ihn wirklich für einen besonderen Menschen halte und glaube, er könnte noch so viel mit seinem Leben anstellen.

Aber was will man machen?

Ich befinde mich in der Zwickmühle. Ich hänge an ihm. Er hat Bedürfnisse geweckt. Ich vermisse eine gute Freundschaft in meinem Leben. Täglich mit jemanden kommunizieren zu können, es tut mir unheimlich gut. Besonders die regelmäßigen Telefonate waren gut für mich und sie fehlen mir. Aber auch so … Dass da einfach jemand ist, dem man mal kurz „Hallo“ und „Gute Nacht“ sagen kann, es hilft, sich nicht ganz so alleine zu fühlen.

Aber mit diesem Maß an Selbstzerstörung, wie er sie betreibt, kann ich nur schwer umgehen. Ich weiß nicht, wo das enden soll.

Ich glaube, grundsätzlich ist er jemand, der mir viel über eine positivere Perspektive auf das Leben und die Welt hätte beibringen können. Aber er vergisst derzeit seine eigenen Grundsätze.

Es ist schon blöde, er ist mir nicht egal, deswegen fühle ich mich umso hilfloser, wenn er mal wieder einen besonders schlechten Tag hat. Eigentlich will ich mich als Folge dessen nicht zurückziehen, weil das möglicherweise auch keine Hilfe für ihn wäre, aber … mich zieht es nur runter.

Ich will mich wieder mit Menschen umgeben, möglichst von positiven, von denen ich lernen kann.

Es ist nur das ewige Problem … Wo kann man sie finden? Freunde wachsen nun mal nicht auf Bäumen …

Kommentare

17:32 31.03.2016
Es ist das Gesetz der Anziehung. Bist du positiv, ziehst du auch positive Menschen an. Siehst du dein Leben als problematisch an, triffst du auch nur problematische Menschen,... schon mal aufgefallen? Und die, die dir doch mal "nur" positiv begegnen... denen bist du wahrscheinlich ebenfalls schon im Vorfeld positiv begegnet (bewusst oder unbewusst.) Achte mal drauf. *drückdich*
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