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Tagebuch c.
2010-08-15 10:20
Erwachsenenparty

Ich bin müde. Gestern Abend war ich auf einer Gartenparty. Aber so spannend war es nicht. Eigentlich wollte ich ja gar nicht. Ich mag solche Geschichten nicht, wo ich außer dem Gastgeber niemanden kenne. In solchen Momenten merkt man erst einmal, wie bescheiden das wirklich sein kann, als „Single“ durch die Welt zu laufen. Andere „Einzelgäste“ konnten wenigstens ihren Partner mitschleppen.

Die Party…seit Wochen war mir klar, dass ich zu mindestens meinen Eltern erzählen würde, dass ich dort war. Weil…man denkt ja mit, man denkt ja vorausschauend…Die Gastgeberin ist Storyline-Autorin bei „Alles was zählt“ und irgendwie schien mir ihre Party die einzig passende Vorlage zu sein, um irgendwann später, für den Fall dass alles gut gehen sollte, erklären zu können, wo man jemanden kennen gelernt hat, der 370 Kilometer weit weg wohnt. Weil, dass wir uns aus dem Internet kennen, da waren er und ich uns schon vor Wochen einig, sollte vielleicht bei meinen Eltern nicht unbedingt erwähnt werden.

Tja, ja…Über was wir uns alles schon Gedanken gemacht hatten. Er mehr als ich. Aber trotzdem irgendwie wir beide. Und jetzt hängt alles so in der Schwebe. Er war auch der Grund, warum ich gestern tatsächlich dann doch entschied, auf die Party zu gehen. Gestern Morgen schrieb ich ihm kurz, dass ich es für besser halte, wenn wir das nächste Gespräch am Telefon führen, ich aber an den nächsten beiden Nachmittagen und Abenden nicht da bin. Ihm passen Nachmittage/Spätnachmittage besser für Telefonate als spätere Abende, weil er ja noch mit Mutter und Schwester unter einem Dach wohnt und die beiden dann nicht stören will, kann. Irgendwie…ich weiß ja nicht, wann er seine Entscheidung getroffen haben wird. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass ich möglicherweise den ganzen Tag lang vorm PC hocke und darauf warte, dass er sich meldet. Ich wollte mich nicht so von ihm, einem anderen Menschen, einem Mann abhängig machen. Und da ich ja schon seit Monaten auf diese Party eingeladen war…War ja von langer Hand geplant. Wäre irgendwie ja blöd gewesen, darauf zu verzichten, nur damit er mir eventuell möglicherweise schreiben kann, dass er den Kontakt beenden/weiterführen will.

Aber vielleicht hätte ich ja schon gestern meine Antwort bekommen. Ich, unsichtbar wie immer, sah, dass er den ganzen Nachmittag online war bis ich um sechs fuhr. Als ich um zwölf wiederkam, war er immer noch oder auch wieder da. Ich tippe eher auf immer noch. Aber ich bin sicher, wäre ich zu Hause geblieben, hätte ich den ganzen Abend wie eine dumme Gans vor dem PC gehockt und darauf gewartet, dass er auftaucht. So ist es doch immer. Irgendwie.

Von daher war es schon ganz gut, dass ich gefahren bin. Die Verabredung heute kann oder hätte ich unter keinen Umständen absagen können. Eine Freundin, die Ende des Jahres nach Amiland auswandert, ist heute noch einmal hier. Das wird dann wohl wirklich das letzte Mal sein, dass wir uns sehen. Und da sie mit Mann und zwei Kindern angereist ist, können wir uns, wegen der Kinder, nur am Nachmittag bis in den frühen Abend hinein treffen. Also wird es wohl frühestens heute Abend was mit meiner Antwort. Wobei…dann geht wohl telefonieren nicht mehr und ich mag einfach nicht schon wieder schreibend diskutieren. Aber…wer weiß schon, ob er sich überhaupt noch mal meldet. Man weiß es nicht.

Wie auch immer, eigentlich wollte ich sowieso eher über die Party berichten. Es war ganz gut, dass ich ihretwegen nicht den ganzen Abend zu Hause vor dem PC hockte. Aber so wirklich unterhaltsam war es auch nicht.

Als ich kam, sah ich ein Mädel, was mir bekannt vorkam. Im Laufe des Abends fiel mir ein, dass sie ja die „Isabelle“ bei „Alles was zählt“ spielt. Ja, ja. Ich verkehre in Promikreisen…Ich Heldin, ich. Nee, warum ich das erwähne….Es heißt ja immer, dass Fernsehkameras so unheimlich auftragen und man viel breiter wirkt, als man eigentlich ist. Irgendwie habe ich das ja nie so wirklich glauben wollen. Aber bei diesem Mädel fiel mir das zum ersten Mal so richtig auf. Es ist erschreckend, wie spindeldürr sie in echten Leben ist. Richtige Streichholzbeinchen hat sie. Da musste man fast Angst haben, dass sie sich mit ihren Super-Duper-Keilabsatz-High-Heels stolpert und sich alle Knochen im Leib bricht.

Ansonsten waren auch noch ein paar Leute aus dem Autorenteam da. Ein Mädchen faszinierte mich. Sie wirkte mal locker doppelt so breit wie ich und strahlte dabei so viel mehr positive Energie aus als ich. Irgendwie schien sie doch um einiges zufriedener mit sich zu sein. Kam da mit ihrem Freund. Und…Ihre ganze Erscheinung unterstrich eher die Wirkung, dass sie wirklich felsenfest im Leben steht. Dass sie nichts so leicht umhauen kann. Dass sie nicht tausend Selbstzweifel plagen. Wie ein Fels in der Brandung. Irgendwie in sich ruhend. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass sie im Gegensatz zu mir eben nicht eine Fremde unter Fremden war an dem Abend. Sie hatte ihr „Arbeitsgrüppchen“ mit dem sie den Abend verbringen konnte. Sie hatte ihren Freund an ihrer Seite. Also ist sie auch nicht alleine, keine Einzelkämpferin. Nicht an dem Abend. Und auch nicht im Leben. Wahrscheinlich macht das ja doch eine Menge aus.

Fast am besten verstand ich mich am Abend mit der Köchin. Eine Brasilianerin. Die verschwand aber recht bald in der Küche. Aber sie gehörte zu den wenigen Menschen an diesem Abend, mit denen ich etwas gemeinsam hatte, mit der irgendeine Art von Verbindung existierte. Eine ähnliche Geschichte. Tja. Ich dachte ja, dass sie eine Bekannte der Gastgeberin sei, aber sie war wirklich nur die Köchin, die ein sehr leckeres Essen gezaubert hatte. Irgendwie war es seltsam, dass sie so außen vor war, am Anfang am Rand saß und den ganzen Abend dann in der Küche verbrachte. Aber auf der anderen Seite war das ja ihr Job, für den sie bezahlt wurde. Ich glaube, es wäre mir gar nicht so negativ aufgefallen, wenn sie die ganze Zeit in der Küche gewesen wäre. Aber so…Vielleicht bin ich übersensibel, aber es wirkte auf mich so ein bisschen wie: „Der Bimbo darf mal kurz aus der Küche heraus, muss dann aber wieder an die Arbeit.“ Auch, weil sie von der Gastgeberin so ignoriert wurde. Aber vielleicht lag dieser Eindruck auch daran, dass ich bis kurz vor meiner Abfahrt davon ausging, dass sich Gastgeberin und Köchin auch privat kannten. Wahrscheinlich war das so, wie es war, einfach ein ganz normales „Arbeitsverhältnis“ und ich bin einfach übersensibel.

Die meisten Gäste waren so absolut gar nicht mein Fall. Die sehr nette Ausnahme war eine süße Perserin, die ich tatsächlich noch von ein, zwei, drei Treffen früher kannte. Sie fand ich ja schon immer entzückend. Eine der Frauen, zu denen ich mich hingezogen fühle. Und so war es ganz nett, wenigstens sie als Gesprächspartnerin zu haben und mich über ihre reizenden kleinen Ticks insgeheim zu amüsieren. So hatte sie wirklich dauernd ihre Hände in ihren Haaren und wenn sie sich nicht durch die Haare fuhr, kämpfte sie mit ihrem Oberteil, dessen Ärmel andauernd über ihre Schultern herunterrutschten. Sehr süß.

Aber irgendwie…Der Rest der Gäste vermittelte mir den Eindruck, dass ich zu jung bin für mein Alter. Die meisten Gäste kannte die Gastgeberin noch aus Schulzeiten. Sie sind also alle mehr oder weniger in meinem Alter gewesen. Aber sie wirkten alle so alt. Sie sahen so erwachsen aus. Und so gleich. So durchgestylt. Männlein wie Weiblein. Als entsprängen sie alle einer heilen Ikea-Esprit-Katalog-Traumlandschaft, die immer so herrlich den Prototyp des Pärchens Ende zwanzig/Anfand dreißig darstellen. Alles ein Brei. Einheitskacke. Mainstream-Menschen. Man kennt sich schon ewig und hat da irgendwie einen Zustand konserviert…Ein Leben, ein soziales Umfeld mit immer denselben Menschen. Wie vor zehn Jahren. Neue Leute haben da wenig Platz.

So etwas hatte ich nie. Mir sind heute nur noch zwei Kontakte aus Schulzeiten geblieben. Aber wahrscheinlich ist das auch etwas anderes. Mädchen/Frauen sind da anders als Jungs/Männer. Der Kontakt zu meinen beiden Mädels besteht auch nur noch, weil wir uns wirklich mochten und wirklich Interesse an unserem Kontakt hatten. Aber alle beide haben sie sich, als sie mit ihren Partnern zusammen kamen, gleich völlig in den Freundeskreis des Partners integriert und die eigenen Kontakte fallen gelassen oder vernachlässigt. Wurden alle beide irgendwie Anhängsel eines Mannes. Ist das nur mein Eindruck, der vielleicht darin begründet liegt, dass ich extreme Bindungsprobleme habe? Oder neigen Frauen wirklich dazu, sich für ihren Partner aufzugeben?

Das ist wirklich nicht meine Welt. Sie alle, mit denen ich gestern sprach, haben zwar ihre Freunde, aber sie kennen sie alle über ihre Partner. Was, wenn das mal auseinander geht? Dann stehen sie da. Alleine. Manche von ihnen sind bereits verheiratet. Darüber wurde gestern auch gesprochen. Über Nachnamen. Den eigenen Namen aufgeben, sich damit endgültig von den Eltern abnabeln und dem Partner auf diese Weise zeigen, ich gehöre zu dir. Wahrscheinlich ist das tatsächlich so. Darüber habe ich noch nie so nachgedacht. Ich meine, ich und mein Nachname….Ich muss ihn nicht zwangsläufig behalten, eine Heirat inklusive Namenswechsel ist eigentlich auch nur wegen des Namenswechsels attraktiv für mich. Um tatsächlich irgendwie die Vergangenheit abzulegen und mich ein Stück vom Einfluss meiner Eltern zu befreien. Aber dafür muss man nicht heiraten. Ich habe mich nie über das Regelwerk rund um Namensänderungen informiert, aber es müsste doch theoretisch auch möglich sein, dass ich meinen Geburtsnamen wieder annehmen kann. Oder ich schaffe mir einen Künstlernamen an. Oder so. Na ja, wie gesagt, es war jetzt nie dringend für mich, meinen Nachnamen zu ändern, also habe ich mich noch nie dahingehend informiert. Aber der Abnabelungsteil von den Eltern würde bei mir vermutlich wirklich eine Rolle spielen. Aber…dafür muss ich wie gesagt nicht heiraten. Bei dem zweiten Teil der Diskussion der Mädels, als sie darüber philosophierten, sich auf diese Weise ihrem Partner ja noch zugehöriger zu fühlen, bekam ich eher Beklemmungen. Mich aus der einen Umklammerung zu lösen, um gleich in der nächsten aufzugehen. Wieder kein ich. Wieder ein wir. Da denke ich eher an Selbstaufgabe. Aber andererseits. Eine Identität kann natürlich auch ein „Wir-Gefühl“ sein. Natürlich kann man sich auch als Teil von etwas definieren. Teil einer Partnerschaft. Teil einer Familie.

Wie gesagt, vielleicht habe ich dazu zu viele Bindungsprobleme, vielleicht bin ich doch zu sehr Individualisten, kann und mag mich nicht über andere definieren, aber ich wäre, wenn ich eine Namensänderung anstreben würde, damit lieber mehr ich und nur ich als immer nur ein Ich+. In den Fällen von gestern schien es sogar auch eher so  zu sein, als seien die Mädels vielmehr ein +Ich. „Mein Mann/Freund und ich“. Vielleicht ist mir das nur so extrem aufgefallen. Vielleicht meinten sie es gar nicht wertend. Vielleicht drückt diese Formulierung für sie ja gar nicht aus, dass sie sich ihrem Freund unterordnen, sich selbst zum Anhängsel machen. Vielleicht merken sie es gar nicht, empfinden es nicht so, wenn es denn so ist. Und schließlich wurde uns allen in frühstem Kindsalter beigebracht: „Der Esel nennt sich selbst zuerst.“ Es gilt in unserer Gesellschaft als unhöflich, sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Erst die anderen. Dann ich. Muss also vielleicht gar nichts heißen, das die Mädels von +Ich sprachen. Vermutlich folgen sie einfach nur gesellschaftlichen Konventionen. Man weiß es nicht.

Aber nein…das ist nicht meine Welt. Hochzeit. Familie. Heim. Haus. Hof. Gestern unterhielt man sich über Wohnungen. Man baut gerade Nester. Hat entweder selbst gerade eine Wohnung, ein Haus gekauft oder kennt nur Leute, die sich in dieser Phase ihres Lebens befinden. Man sprach über die Renovierungsprobleme in der schicken Altbauwohnung, die man Anfang des Jahres gekauft hat. Alles Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann, bei denen ich nicht mitreden kann, weil sie mich einfach nicht betreffen. Und alle wolle sie irgendwann mal wieder zurück nach Hause. Zurück in die Städte, in denen sie geboren wurden. Zurück zur Familie. Zurück zu den Wurzeln. Auch das bin nicht ich.

Ich will hier weg. Ich habe mein ganzes Leben in dieser Gegend hier verbracht. Ja, ich mag sie auch irgendwie. Aber nicht mal zum Studieren kam ich weg von hier. Hat sich einfach nicht ergeben. Die Fächer, die ich studieren wollte, gab es in der Form nur hier. In meiner Wohnung und meiner Studentenstadt fällt mir das nicht so extrem auf. Auch wenn sie ein Dorf ist und man nicht durch die Innenstadt gehen kann, ohne ein bekanntes Gesicht zu sehen. Aber deswegen ist sie ja auch Studentenstadt, das hat irgendwie einen besonderen Flair. Aber jetzt im Moment, wo ich hier im Haus meiner Eltern sitze…Es gibt Tage, da bekomme ich fast Beklemmungen. Das ist mir hier alles zu eng, zu klein. Die Nachbarn, die mich schon mein Leben lang kennen. Ich fühle mich eingezwängt. Die Innenstadt….nichts Neues. Seit Ewigkeiten dieselben Geschäfte. Und wenn es sie nicht mehr gibt, rücken höchstens 1-Euro-Läden da. Das habe ich so wie in diesem Sommer auch noch nicht gemerkt, aber es ist mir hier alles zu eng, zu klein geworden. Irgendwie zu vertraut. Ich muss weg. Ich muss ganz bald weg von hier. Vielleicht erst einmal in eine deutsche Großstadt. Obwohl ich Berlin vor zwei Jahren nicht so mochte, weil es mir dort eben zu anonym war, reizt mich die Stadt heute doch sehr. Vielleicht gerade deswegen. Und ich muss auch nicht hier bleiben. Deutschland an sich nervt mich. Ich hätte nichts dagegen, ganz zu verschwinden. Die Welt zu entdecken. Zurück zu den Wurzeln, in trauter Heimeligkeit mit der Familie. Womöglich für immer. Nee, das bin ich nicht. Nicht jetzt. Und ich glaube, das wird so auch nicht mehr werden.

Nee, die Leute auf der Party gestern waren gar nicht meine Wellenlänge. Es war überwiegend eine Pärchen-Party. Leute, Paare, die eh all ihre Freizeit zusammen verbringen, haben sich an diesem gestrigen Abend eben einfach auf dieser Gartenparty getroffen und dort ihre Zeit verbracht und über dieselben Themen gesprochen wie sonst auch immer. Das kommt mir so eng, so begrenzt vor. Das lässt sie alle so alt wirken. Sie in ihrem mit Perlenohrringen gespickten Esprit-Tommy-Hilfiger-Schick. Einheitsbrei. Heimelig wohlfühlen ist angesagt. Aufgehen in der Masse. Mainstreamkultur.

Wenn das heutzutage das ist, was man so gerne mit dem kleinen Wörtchen „Normalität“ bezeichnet, dann will ich glaube ich gar nicht normal sein. Das ist mir gestern mal wieder deutlich bewusst geworden.

Natürlich muss es nicht so sein. Denke ich. Ich bindungsunerfahrenes, kleines, naives Küken, ich. Ich glaube, sich zu binden muss nicht zwangsläufig bedeuten, sich aufzugeben. Man muss nicht zwangsläufig nur noch und ausschließlich Teil eines Ganzen sein. Aber ich bin doch davon überzeugt, dass Frauen eher darauf geeicht sind, zum „Wir“ zu werden. Aller Emanzipation zum Trotz. Das habe ich gestern beobachtet. Dass beobachte ich in meinem eigenen Freundeskreis. Das passierte im Leben der anderen Menschen, Mädchen, mit denen ich zu Abizeiten noch befreundet war und zu denen heute kein Kontakt mehr besteht. Sie alle sind doch eher zum Teil des Lebens der Partners geworden. Ist man so glücklicher? Ich weiß es nicht. Am meisten erschreckt mich in diesem Zusammenhang immer das Beispiel der Freundin, die ich heute Nachmittag treffen werde.

Sie war immer so eine Individualistin. So stark. So selbstsicher. So unabhängig. Hatte eine nicht unproblematische Familie im Hintergrund, zu der sie den Kontakt sehr knapp hielt. War spätestens seit dem Abi komplett für sich selbst verantwortlich. Finanziell. Aber sie war einfach sie und stand so mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Sie machte immer den Eindruck, als würde sie ihr Leben so schätzen, wie es ist, als bestünde sie auf ihre Individualität. Aber vielleicht hat sie ja doch etwas vermisst und fühlte sich zu sehr als Einzelkämpferin. Ich weiß es nicht. Und trotzdem…Irgendwann wurde sie schwanger und heiratete. Und heute ist sie nur noch und ausschließlich Mutter.

Da ihr Mann ein amerikanischer Soldat ist, wird das wohl auch ein Leben lang so bleiben. Sie wird immer die Hauptverantwortung für die Kinder haben. Jedenfalls so lange er bei der Army ist. Denn er wird immer nur vorübergehend in seiner Familie sein. Jetzt ist er mal wieder dort. Für etwa ein Jahr. Aber dann wird er wieder für mehrere Monate, vielleicht auch mehr als ein Jahr, auf irgendeinen Auslandseinsatz geschickt. Und sie sitzt alleine zu Hause. Inzwischen mit zwei Kindern. Der Junge wird drei im Herbst, das Mädchen wird ein Jahr alt. Und alle beide zerren sie an ihrer Mutter herum. Natürlich ist das auch ein anstrengendes Alter, in dem die Kinder viel Aufmerksamkeit brauchen.

 Aber Zeit für sich hat diese Freundin nicht mehr. Sie ist ständig unter Strom. Sie ist nicht ungepflegt, nein, das ist sie nicht und so will ich hier auch bloß nicht verstanden werden, wenn ich sage, dass sie gar keine Zeit mehr hat, sich um sich selbst zu kümmern, auch um ihr Äußeres. In ihrem Leben ist einfach keine Zeit für ausgiebige Duschen. In ihrem Leben ist keine Zeit dafür, sich ewig lang aufzurüschen. Da muss alles schnell gehen. Weil sie ja für ihre Kinder da sein muss. Ihre Rolle als Mutter verlangt von ihr, sich selbst zu vernachlässigen. Alles flott, flott. Fünf Minuten für die Dusche. Höchstens. Alles immer schnell, schnell, Eiltempo. Wenn die Kinder dann mal zehn Minuten beschäftigt sind, kann sie mal eben zwischendrin beispielsweise ihre Emails checken. Und auch wenn die lieben Kleinen abends schlafen, ist es immer noch nicht vorbei. Dann muss sie ja noch den Haushalt schmeißen.

Das erschreckt mich. Wirklich. Ihr Leben besteht nur noch daraus, für andere da zu sein. Für sie selbst bleibt kaum Zeit. Dass ausgerechnet sie so eine 180°Grad-Wende in ihrem Leben vollführen würde, hätte ich nie gedacht. Aber…vielleicht hat ihr ja tatsächlich etwas gefehlt. Mit den eigenen chaotischen Familienverhältnissen im Hintergrund hat sie sich vielleicht immer genau das gewünscht. Vielleicht hat sie sich ja nie so wohl gefühlt, als Einzelkämpferin. Angedeutet hat sie es nie. Im Gegenteil. Sie sprach immer davon, sich nie binden zu wollen. Vielleicht hat sie sich damit selbst verleugnet. Vielleicht ist sie jetzt glücklich. Aber ich finde es schon auf eine Art und Weise beunruhigend, wie sehr sie ihr Leben umgekrempelt hat. Eine wirklich absolut krasse Umstellung von Ich zu +Ich.

Hm. Vielleicht bin ich also zu jung für mein Alter. Vielleicht sind die anderen zu alt für ihr Alter. Vielleicht bin ich auch einfach nur naiv und lebensunerfahren, wenn es um die wesentlichen Dinge im Leben geht. Vielleicht bin ich auch einfach nur in Sachen Bindungen absolut verdreht. Man weiß es nicht. Aber der gestrige Abend hat mir mal wieder deutlich gezeigt, was ich alles nicht will in meinem Leben. Wäre schön, wenn ich vielleicht genauso sicher sagen könnte, was ich eigentlich will. Tja. So ist das.

 

 

Kommentare


unbekannt
23:50 16.08.2010
das denke ich nicht.
man braucht ziele im leben. wenn man sich unklar über etwas ist und mit sich selbst nicht ausmachen kann, was man will, kommt am ende auch genauso ein murks raus.
andreas ackermann hat mal gesagt: "Die meisten Menschen wissen was sie nicht wollen, aber das mit aller Kraft." Laut einer Umfrage haben in Deutschland gerade einmal 5% der Leute ein klares Ziel, wenn sie danach gefragt werden.
wie soll man das bekommen, was man eigentlich will, das was einen glücklich macht, wenn man so unschküssig ist?

liebe grüße(:


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14:04 15.08.2010
aber manchmal hilft es auch zu wissen was man nicht will!
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c. Offline

Mitglied seit: 05.06.2010
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Wirklich beenden?
Ja | Nein

2010-08-15 10:20