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Tagebuch c.
2011-02-22 17:24
Eine Runde Selbstmitleid

Gerade mag ich das Leben einfach nur unfair und gemein finden. Und auch wenn ich weiß, dass ich damit ungerecht bin und auch wenn ich weiß, dass winseln und jammern niemandem weiterhilft, am wenigsten einem selbst, möchte ich gerade jetzt einfach nur das tun.

 

Eben googelte ich eine Freundin. Um mich zu vergewissern, ob sie morgen oder am Donnerstag Geburtstag hat. Tja…Wenn man keine Kalender führt und die sozialen Netzwerke ablehnt, muss man eben auf Tante Google zurückgreifen.

 

Denn was ich fand, trieb mir die Tränen in die Augen. Ja, ich heule. Vielleicht völlig überflüssigerweise. Vielleicht einfach nur aus Neid und Missgunst. Aber trotzdem…mir tut es weh.

 

Sie lebt meinen Traum, hat alles erreicht, alles verwirklicht, was ich wollte und ich dagegen…

 

So ein Glückskind. Sie selbst sieht es anders. Aber es ist nun mal so, dass sich die wesentlichen Weichen in ihrem Leben günstig stellten, weil sie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war und weil sie die richtigen Leute kannte.

 

Ja, wahrscheinlich muss man einfach nur die richtigen Leute kennen, dann kommt man immer weiter. Klettern sie eine Stufe höher auf der Erfolgsleiter, wird man automatisch mitgezogen.

 

So was scheint in ihrem Leben gerade auch mal wieder passiert werde.

 

Die wesentliche Kontaktperson in dem Leben meiner Freundin hat ein neues Projekt am Start und schon hat sie wieder davon profitiert und ist an attraktivster Stelle in dem Projekt integriert. Ob es nun ein Nebenjob ist oder überhaupt vergütet wird, weiß ich nicht. Aber im Grunde ist das egal. Denn der Effekt im Lebenslauf ist auf jedenfalls grandios. Öffnet viele neue Türen. Und allein schon, weil das Projekt unter dem richtigen prominenten Namen läuft, kann es kaum scheitern. Daran beteiligt gewesen zu sein ist Gold wert, mit oder ohne Bezahlung.

 

Ja, ich mag mir gerade ein wenig selbst Leidtun, das ist schon richtig. Ja, ich empfinde das als himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ja, ich bin neidisch. Und ja, ich mag ihr ihren Erfolg im Moment nicht gönnen.

 

Ich meine…ich habe ihre Hausarbeiten Korrektur gelesen, ihre Magisterarbeit. Dass sie jetzt eine solche Stelle inne hat…Sagen wir so, es gäbe Tausende, die qualifizierter wären.

 

Sie hat es schon richtig gemacht. Sie wusste, wohin sie wollte und hat die Kontakte, die sie hat, ausgenutzt. Vitamin B ist eben am Ende doch alles.

 

Ich habe diese Kontakte nicht. Ich kenne niemanden außer ihr. Und ich bin ja so ein liebes und braves und anständiges Mädchen. Ich wäre im Leben nie auf die Idee gekommen, sie jemals um einen Job oder eine Kontaktvermittlung oder sonst einen Gefallen zu bitten. Das bin ich einfach nicht. Denn zum einen finde ich mich selbst so scheiße, dass ich mich niemandem aufdrängen will und große Probleme damit habe, jemanden um etwas für mich zu bitten, weil es ja einer Zumutung gleichkommt, sich für ein Stück Dreck wie mich einsetzen zu müssen. In so eine Lage will ich niemanden bringen. Ähnliche Gedanken sind dafür verantwortlich, dass ich seit Jahren meinen Geburtstag nicht mehr gefeiert habe. Aber auf der anderen Seite denke ich auch, dass wir Freunde sind und die Freundschaft nicht deswegen besteht, damit man möglichst vom anderen profitiert. Mich hat das selbst so gestört, als sich die kleine Süße letztes Jahr nur bei mir meldete, wenn sie mich um einen Gefallen bitten wollte oder sonst irgendwas wollte. Das bin ich einfach nicht und mag ich auch nicht sein.

 

Ja, ja. Edel, edel. Edel geht die Welt zu Grunde. Ich bin es ja selber schuld.

 

Nun gut, selbst wenn ich es mir noch mal überlegen sollte…Vor einem halben Jahr hat die Freundin, deren Erfolg meine aktuellen Tränen ausgelöst hat, doch sehr klar gesagt, dass sie für niemanden als Vitamin B dienen möchte. Wir sprachen darüber, ich erzählte von der kleinen Süßen und ihren „Kannst-du-mir-einen-Gefallen-tun-Anrufen“. Und die erfolgsverwöhnte Freundin sagte da dann ebenfalls, dass sie solche Leute nicht leiden kann, die sich auf Grund ihrer aktuellen Stelle immer wieder an sie heranwanzen und sich Vorteile versprechen und dass sie außerdem lieber alleine glänze und nicht Tag für Tag mit Freunden zusammenarbeiten möchte.

 

Jemand wie ich, der eh schon Probleme hat, andere nur nach dem Weg zu fragen, wird jetzt natürlich erst recht nicht mehr ankommen.

 

Natürlich will ich sie auch nicht als strunzdoofe Kuh darstellen, die nur allein durch Däumchen drehen weitergekommen ist. So ist das auch nicht. Aber die wesentlichen Türen haben sich für sie Dank Glück und Vitamin B geöffnet. Und diese Türen öffnen dann immer wieder neue Türen…Wenn man einmal im Club ist, fliegt man so schnell nicht wieder heraus. Das beste Beispiel ist das aktuelle Projekt. Die Projektleiterin hat alle Stellen mit Leuten besetzt, die sie von früher kennt und mit denen sie schon einmal zusammengearbeitet hat. Ist man einmal drin, bleibt man eben unter sich.

 

Ich möchte auch rein. Genau das ist es. Genau deswegen weine ich, während ich diese Zeilen schreibe, bittere Tränen. Tränen der Wut. Tränen der Enttäuschung. Tränen der Verletzung.

 

Ich laufe immer nur gegen die Wand. Mal und mal. Immer wieder. Erfolglos. Ich habe keine Kontakte, die mir helfen könnten.

 

Seit Wochen schreibe ich eine erfolglose Bewerbung nach der anderen. Es ist ganz klar, dass man mich nicht nimmt, denn auf dem Gebiet kann ich nicht eine einzige praktische Erfahrung nachweisen. Was daran liegt, dass ich mich früher, als noch Zeit genug dafür war, nie getraut habe, es wenigstens mal zu versuchen, einen Fuß in die Tür zu kriegen. Das Mantra meines Dads „Für diesen Bereich bist du mit deiner Persönlichkeit und deinem Aussehen doch eh völlig ungeeignet“ saß zu tief. Ich hab darauf gehört. Und jetzt…sehe ich ja, was ich davon habe. Nämlich nichts. Praktikumsstellen wären für mich zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht noch zu kriegen. Aber Praktikumsstellen kann ich nicht gebrauchen. In einem Monat muss ich mich selbst unterhalten können. So der Deal, die Drohung. Natürlich, meine Ma würde mich zur Not auch nicht fallen lassen, finanziell und emotional, aber ich kann das auch einfach nicht mehr, will das nicht mehr, die finanzielle Abhängigkeit, mit der seit Jahren Druck ausgeübt wird, macht mich fertig.

 

Und so werde ich dann wohl am Ende ab April erst einmal irgendeinen Scheiß machen. Damit mir wenigstens niemand mehr reinreden kann, damit das finanzielle Druckmittel nicht mehr zieht. Und wer weiß, vielleicht lassen sich ja die Arbeitszeiten dann so günstig legen, dass doch noch mal ein Praktikum möglich wäre. Und doch noch ein verspäteter Einstieg in den Bereich, in den ich möchte.

 

 Ich könnte heulen, könnte schreien. Ich weiß, dass ich mir am Ende vor allem selbst im Weg stand. Natürlich weiß ich das. Könnte ich endlich damit aufhören, mich selber so unsagbar beschissen zu finden, könnte ich heute schon ganz woanders sein. Aber ich mach das ja auch nicht zum Spaß.

 

Wie ich das hasse. Seit Wochen mache ich mir vor allem selbst so einen unheimlichen Druck. Und wie reagiere ich darauf? Nun, mir fällt nichts Besseres ein, als mich selbst noch weiter kaputt zu machen. Systematisch. Alle Programme auf Selbstzerstörung. Und es funktioniert ja auch noch so gut. Es geht bergab. Kontinuierlich. Bravo. Mission completed. Jedenfalls vermutlich in nicht allzu ferner Zukunft.

 

Irgendwann, irgendwann, wenn man nicht immer nur jammert und winselt, irgendwann wird man dann einfach neidisch und eifersüchtig. Auf alle und auf jeden, der sein Leben im Griff hat. Auf die Leute, die voller Selbstbewusstsein durchs Leben gehen, die nicht jeden Tag mit so einer Psychokacke in ihrem Kopf zu kämpfen haben. Die die richtigen Leute kennen und denen sich die richtigen Türen öffnen.

 

Irgendwann findet man das einfach nur noch unfair und gemein und dann ist die Welt da draußen ja auch so böse und man selbst ach so arm dran und hat es ja so schwer und buhuhu.

 

Wie viel Energie man mit so einem Scheiß verschwendet. Aber natürlich, das ist im Grunde nichts anderes als Faulheit. Eigentlich bin ich zu faul dafür, den Arsch hochzukriegen. Jammern ist ja so viel bequemer. Denn schließlich…ich hab es mir ja selbst eingebrockt und noch nicht wirklich was unternommen, um wieder da herauszukommen.

 

Ich hasse diese Trips durch meine ganz eigene Selbstdiss-Achterbahn. Ich hasse es, wenn ich so drauf bin. In solchen Momenten will ich mich einfach nur noch ablenken. Ablenken mit irgendwelchen dämlichen Männergeschichten. Wenigstens ein Punkt, auf dem ich mir noch so was wie Erfolg vorgaukeln kann, dabei mach ich es wohl wahrscheinlich nur noch schlimmer. Manchmal möchte ich mich einfach nur betäuben, zudröhnen. Aber Alkohol passt nicht, irgendwo, zu…ich weiß auch nicht, langweilig, nichtssagend, allgemein, blöd, was auch immer. Und für den ganzen Rest, für die ganzen weichen und harten Drogen, bin ich ein zu braves und anständiges Mädchen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich derzeit völlig blank bin, wüsste ich nicht, wohin ich mich dafür wenden müsste. Und in diesem Fall ist Tante Google keine große Hilfe.

 

Ablenkung ist alles. Manchmal, da muss man sich sensationslüstern gierend und geifernd auf die Dramen in anderer Leute Leben stürzen. Denn manchmal ist es einfach so viel angenehmer, sich für einen kurzen Moment mit den vermeintlichen Sensationen im Leben der anderen zu befassen. Das Leben ist gleich viel bunter und erträglicher, wenn man mal für einen kurzen Moment den eigenen stinkenden Scheißhaufen neben sich ausblenden kann.

 

So. Wieder mal eine Runde ausgekotzt. Geht’s jetzt besser? Man weiß es nicht. Eben checkte ich meinen Simsen, um zu schauen, ob mir denn die erfolgsverwöhnte Freundin im letzten Jahr zum Geburtstag gratuliert hat. Sie hat. In den acht Jahren, in denen wir uns kennen, hat sie es dreimal bestimmt vergessen. Ich nie. Und ich werde natürlich übermorgen auch brav gratulieren. Denn zum einen ist es albern und kindisch und dann doch wirklich mal weit unter meiner Würde, so zu tun, als habe ich ihren Geburtstag vergessen. Und zum anderen…so bin ich dann doch einfach nicht.

Kommentare


unbekannt
19:36 22.02.2011
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Du sprichst mir aus dem Herzen. Mir gehts auch so.
Lg


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2011-02-22 17:24