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Tagebuch c.
2010-09-11 14:44
Ein extrem zappeliges, aber total inspirierendes erstes Mal

Mein gestriger Abend verlief genau so, wie ich mir einen Abend voller funkensprühendem Yay-Input vorstelle. Inspirierende Gespräche. Neue Sichtweisen. So muss das sein.

Ich war nämlich gestern Abend im Kino. Mit jemandem, der auch aus der Stadt an der holländischen Grenze kommt. Ja, dort gibt es viele einsame Männerherzen. Liegt wahrscheinlich auch an den Studiengängen, die dort angeboten werden. Na ja, der Mensch von gestern ist Physikstudent. Ich glaube, ich erwähnte ihn sogar schon mal. Nämlich im Zusammenhang mit DEM Witz des Jahrhunderts, der es ja wäre, wenn der Physikstudent in der Übung vom Ding säße und das Ding nebenbei den Nick des Physikstudenten mal einfließen lassen würde. Ja, der Witz des Jahrhunderts, ich weiß, aber damals, als ich mir das vorstellte, war ich mit wenig zufrieden zu stellen.

Wie auch immer. Wir waren also im Kino. In der Nachmittagsvorstellung. Um 17.30 Uhr. So früh war ich ja schon ewig nicht mehr im Kino. Überhaupt…

Zappelig war ich ja gestern den ganzen Tag gar nicht. Bis ich mein Auto parkte eigentlich nicht. Bis zu dem Zeitpunkt nicht, als mir aufging, dass ich gerade kurz vor einem weiteren „ersten Mal“ in meinem Leben stand. Da wurde ich dann richtig zappelig. Glaubt es oder glaubt es nicht, aber bis gestern war ich in meinen langen, langen 28 Lebensjahren noch niemals nicht mit einem Jungen oder später einem Mann alleine im Kino. Das wäre mir mal besser nicht wieder eingefallen, denn mir war plötzlich extrem schlecht. Noch viel schlechter wurde es mir, als ich vor dem Kino ankam und weit und breit niemanden entdecken konnte, der den Fotos des Physikstudenten auch nur halbwegs entsprach.

Ich blieb stehen und kramte in meiner Tasche nach meinem Handy. Auf mich zu kam so ein typischer Latino-mit-südosteuropäischem-Migrationshintergrund-möglicherweise-auch-arabischen-Einschlägen-Gigolo. Das typische Männerexemplar, mit dem ich früher, zu meinen regelmäßigeren Datingzeiten, verabredet war. Das erklärt auch die Kinoverabredungslosigkeit. In diesen Fällen wäre das sicher auch manchmal ein Sprachproblem gewesen, so ein Kinobesuch. Erklärt übrigens auch das Fehlen einer „richtigen“ Beziehung. Das hätte mit diesen Exemplaren auf Dauer nie funktioniert und das eine Mal, wo ich es versuchte, ging ja auch nach gerade mal zwei Monaten in die Brüche. Ist eben die Frage, in wie weit ich mich damals bewusst unter Wert verkaufte, aber irgendwie war ich eine ganze Weile, eigentlich bis vor kurzem, sehr davon überzeugt, dass sich „normale“ Männer eh nie für mich interessieren würden und war deswegen froh, wenigstens mit solchen Ersatzexemplaren so ein bisschen mein Selbstwertgefühl aufpolieren zu können.

Warum ich das überhaupt erzählte? Das gestrige Exemplar fand sehr offensichtlich Gefallen an mir. Lächelte mir zu. Warf mir eine Kusshand zu. Eigentlich eine Geste, bei der man innerlich kotzen möchte. Aber irgendwie….für einen Moment war ich gestern versucht, den Physikstudenten Physikstudenten sein zu lassen und nicht nachzuforschen, ob er wirklich vor dem Kino steht, um mich stattdessen von dem schmierigen Gigolo up-picken zu lassen, wie man im angloamerikanischen Sprachraum so schön sagt. Ein Abend nur fürs Egopushing hat gelegentlich auch so seine Reize.

Aber ich hab es dann doch gelassen, den Physikstudenten auch ohne Handyanruf orten können und ja…gezappelt. Furchtbar. Begrüßung brav mit Händchen geben. Dann rein ins Kino. Nach oben führt eine ellenlange Treppe, die ich hasse, seit es das Kino gibt. Das ist nämlich die Art von Treppe, auf der ich gerne mal stolpere und hinunter segele. Ist mir zum Glück bisher noch nie passiert. Jedenfalls nie so krass. Gestern waren wir schon fast oben, als ich irgendwie über die letzten zwei Stufen gestolpert bin. Ich bin zwar die Treppe dann nicht hinunter gesegelt, aber dachte echt nur: „Nein, das darf nicht wahr sein, wo ist jetzt mein Loch in der Erde? Ich will bitte sofort darin versinken

Von da an hab ich natürlich nur noch mehr gezappelt. Es war fürchterlich. Und noch so viel Zeit bis zum Film zu überbrücken. Wir sind noch durch den Bahnhof gelaufen und ich habe mich endlich mal erkundigen können, wie das ist, wenn ich Mr. SM-Studio treffen will, bis wohin dann mein Bundeslandticket überhaupt reicht. Ich käme sogar bist fast ganz dorthin. Sehr schön. Weiß ich das nun auch.

Zurück im Kino der obligatorische Toilettengang und danach dann leicht schleppende Konversation. Dazu umgeben von lauter kleinen Kindern. Wir haben den Altersschnitt im Kinosaal ganz schön gehoben. War irgendwie aber mal ganz interessant, die heutige Jugend mal so hautnah zu erleben. Irgendwie süß, aber irgendwie auch extrem nervig.

Irgendwann fing endlich der Film an. „Duell der Magier“ haben wir gesehen. Auch der Film war recht süß. Kleiner Physikstudent wird großer Held. Ich musste hier und da echt lächeln.

Süß ist überhaupt das Wort des Abends, das Wort, das letztendlich sinnbildlich für den ganzen Abend stehen kann.

Nach dem Kino hatte das Zappeln dann endlich aufgehört und es gab tatsächlich den funkensprühenden Yay-Input, die inspirierenden Gespräche und die neuen Sichtweisen.

Vorher durfte ich allerdings beim erneuten Toilettengang noch feststellen, wie sehr ich tatsächlich zu Beginn des Abends gezappelt hatte. Auch so ein Schlag-die-Hand-Vor-die-Stirn-Oh-Gott-du-bist-so-peinlich-Moment. Nach dem ersten Toilettengang war ich wohl so durch den Wind, dass ich mich nicht mehr richtig angezogen hatte. Zwar nicht nach außen hin und für andere sichtbar, aber trotzdem….Ich fand mich jedenfalls mal wieder hochnotpeinlich. Ich meine, wie schlimm muss man zappeln, um sich dann nicht richtig anzuziehen und es nicht mal zu merken? Das ist ja echt…Geht mal gar nicht.

Aber abgesehen von meinen kleinen Aussetzern gestern hatte ich einen total netten Abend. In jeder Hinsicht nett.

Der Physikstudent ist schon süß. Aber auch nur süß. Mit ganz viel Kind in sich. Ein großer, kleiner Junge, der mit staunenden Augen durch die Welt geht. Kleine Jungen findet man nicht anziehend. (Wenn man halbwegs normal ist…) Kleine Jungs findet man einfach nur süß.

Ich meine, meine Erfahrungen mit LARP und Pen&Paper-Rollenspielen beschränkt sich gerade mal darauf, dass ich so ungefähr weiß, was das ist. Aber ich fand es total interessant, mal mit jemandem zu sprechen, der da total drin ist. Ich hab da einige interessante Sachen erfahren gestern. Außerdem kann ich nun auch annähernd nachvollziehen, was an Naturwissenschaften im Allgemeinen und Physik im Speziellen so faszinierend ist. Auch da kam der kleine Junge wieder zum Vorschein, der den Dingen auf den Grund gehen will.

Wir haben über so viele interessante Dinge gesprochen. Beispielsweise auch meinen Kryonik-Eintrag von vor ein paar Monaten wieder aufgegriffen. (Ist nicht hier gespeichert, nur für den Fall, dass jemand suchen wollen würde.) Während ich ja damals zu dem Schluss kam, dass ich es viel interessanter fände, die Vergangenheit zu sehen und die Zukunft mich gar nicht reizt, ist er dagegen unheimlich neugierig auf die (technischen) Entwicklungen in der Zukunft und die Fortschritte der Wissenschaft. Wahrscheinlich prägen da die Studiengänge die Interessen doch wirklich nachhaltig. Physiker/Naturwissenschaftler und Ein-Drittel-Historikerin. Fand ich sehr spannend. Während ich, mit Sicherheit auch romantisierend begeistert, beispielsweise gerne 1492 auf Kolumbus Santa Maria dabei gewesen wäre oder das 19.Jahrhundert gerne in vollen Zügen in allen Ländern dieser Welt ausgekostet hätte, überlegt er, wie sich ein Leben ohne Strom und sanitäre Einrichtungen denn leben ließe und was wäre, wenn man im Mittelalter von irgendeinem Bauernknüppel versehentlich niedergestreckt werden würde. Andererseits würde er sofort, wenn er denn könnte, auf ewig in seine Rollenspielwelten eintauchen, so denn diese real werden könnten.

Das war gestern einfach ein toller Abend. Total und absolut und in jeder Hinsicht einfach nur interessant. Gerade weil wir so unterschiedliche Interessen haben. Unheimlich inspirierend. Input der Yay-Sorte vom allerfeinsten.

Und so facettenreich. Einen kleinen Einblick in die internen Strukturen der Zeugen Jehovas gab es als Schmankerl zum Abschluss noch obendrauf. Die Mutter des Physikstudenten ist Zeugin Jehovas und er hat das Ganze von außen hautnah miterlebt. Man denkt ja immer so: „Uh…Gefährliche, böse, böse, Gehirn waschende Sekte.“ Aber so hat er es wohl auf jeden Fall nicht empfunden. Es muss relativ gut möglich gewesen sein, ihn als Kind aus dem ganzen System da herauszuhalten. Er selbst sieht sich selbst als gar nicht religiös und es war, jedenfalls in seinem Fall, wohl kein Problem, dass er sich nie den Zeugen Jehovas angeschlossen hat. Mag ein Einzelfall sein. Man weiß es nicht. Aber interessant war es allemal.

Na ja, abschließend kann man also sagen, dass die allererste Kinoverabredung meines Lebens ein voller Erfolg war. So muss das sein mit dem Input. Nicht nur Ablenkung der Ablenkung wegen. Sondern tatsächlich auch noch jede Menge interessante Gespräche und neue Sichtweisen und Inspiration. Das Zappeln wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen. Auch, weil ich an mehr als Inspiration nicht interessiert war und bin. Aber manchmal bin ich eben ein bisschen….eigen. Nee, war ein schöner Abend. Und das ist ja die Hauptsache.

 

Kommentare

07:43 13.09.2010
Schön. Den Film wollte ich auch gucken.
Nun, was ist denn nun ein Pen&Paper Rollenspiel?
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
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2010-09-11 14:44