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Tagebuch c.
2011-02-01 02:23
Die Psychobraut

Args….Urgs….Jetzt bin ich also wieder zu Hause. Im Hintergrund laufen noch die letzten Minuten von Rach, dem Herrn Restauranttester, der wohl tatsächlich irgendwann in seinem Leben einmal Mathematik studiert hat. Das wurde dem Zuschauer heute im Verlauf der Sendung mitgeteilt. Ja, das Programm gab es früher am Abend schon einmal als Hintergrundbeschallung. Und ja….Da ich dem Fernsehprogramm meine Aufmerksamkeit schenken konnte, kann man sagen, dass es nicht wirklich gut lief.

 

Ich sollte die Männer vielleicht doch nicht unbedingt immer ein zweites Mal treffen. Das wenigstens habe ich heute gelernt.

 

Irgendwie sank meine Laune ja schon, als ich sah, dass er an der Haltestelle auf mich wartete. Das war ja wirklich lieb gemeint, dass er mich nicht im Dunkeln alleine die fünf Minuten Fußmarsch machen lassen wollte, aber ich fand es….na ja….irgendwie überflüssig. Es hat mich einfach gestört.

 

Und dann….es gibt Männer, die riechen wirklich unangenehm maskulin. Und damit meine ich nicht schweißig. Es gibt Männer, die verströmen, selbst direkt nach dem Duschen, einen unglaublich starken Eigengeruch. Offenbar kann das nicht jeder riechen. Wir hatten einmal einen Kommilitonen, bei dem ich das Phänomen auch wiederholt feststellte. Irgendwann sprach ich mal mit der kleinen Süßen und der Silvestermaus darüber. Der kleinen Süßen war es noch nie aufgefallen, die Silvestermaus stimmte mir sofort zu. Na ja, jedenfalls empfinde ich persönlich diesen Geruch als höchst unangenehm und verstörend. Und es hat mich irritiert, dass er so stark roch, obwohl ich gut einen Meter entfernt von ihm ging. Das war mir vom letzten Mal nicht so in Erinnerung. Und obwohl ich schon geduscht habe, habe ich irgendwie das Gefühl, immer noch nach ihm zu riechen.

 

Eigentlich hätte ich da schon wieder gehen sollen. Aber man ist ja irgendwie auch dämlich. Dann schmeckte er, schmeckten seine Küsse irgendwie seltsam, irgendwie…ja…War da schon der Wurm drin.

 

Also Problem eins: Körperliche Anziehung war heute nur zu…hm….wahrscheinlich guten 60-70 Prozent gegeben.

 

Dann die aufkommende Vertrautheit…die hat’s mir ja fast noch mehr vermiest. Ich bekam quasi ein Jobangebot. Was irgendwie toll ist, weil ich dringend einen Job brauche. Aber…ich möchte nicht mit ihm in seiner Firma zusammen arbeiten, möchte ihm nicht für die Vermittlung dankbar sein müssen und überhaupt…So verstrickt sollte mein Leben mit seinem nie sein.

 

Ja, was für ein Arsch auch, dass er doch glatt die Frechheit besitzt, mich zu mögen und sich Gedanken um mich zu machen und darum, wann und wir Zeit zusammen verbringen könnten.

 

Der endgültige Stimmungskiller kam dann später, als er mein „Nein“ und „Stop“ erst einmal ignorierte. Ich meine, es darf ja gerne mal ein bisschen wehtun, aber wenn es keinen Spaß mehr macht, dann muss auch sofort Schluss sein. Und ich finde, das ist ein No-Go, wenn man(n) in so einer Situation nicht ein „Nein“ sofort akzeptiert. Im Gegenteil. Zumal…gerade er hätte es vom letzten Mal noch wissen müssen, dass er da vorsichtiger hätte sein sollen.

 

Ja, natürlich es gab vorher genug Anzeichen, dass das mit ihm heute doch keine gute Idee sein könnte. Aber ich wollte ja nicht auf mein Bauchgefühl hören. Das hat man dann davon.

 

Wahrscheinlich hätte ich spätestens da meine Sachen packen sollen. Wahrscheinlich hätte ich spätestens dann gehen sollen.

 

Warum ich es nicht tat? Ja, warum eigentlich nicht? Mein Kopf war ganz woanders und ich versuchte, einige Antworten zu finden auf Fragen, die mich beschäftigten. Hauptsächlich die Frage: „Was willst du eigentlich? Wie soll es weitergehen?“

 

Ein innerer Konflikt zwischen den Bedürfnissen, die ich wohl doch noch habe, so unlieb mir das auch ist und dem Wunsch, genau diese Bedürfnisse nicht nur zu verleugnen sondern ihnen völlig entgegen zu handeln.

 

Versteht kein Mensch, was ich meine, oder? Nun, ich fragte mich, ob ich wirklich das will: Anonyme, bedeutungslose, von jeglichem Gefühl befreite Fickgeschichten, die  am Ende nicht mal zwangsläufig auch befriedigend für mich sein müssen. Oder gibt es da nicht doch noch das Bedürfnis nach etwas ganz anderem, nach Nähe, Vertrautheit, emotionaler Intimität, nach was auch immer?

 

Ich versuchte, eine Antwort auf die Frage zu finden, welchen Weg ich weiter beschreiten will. Wirklich schlauer bin ich nicht. Er hält mich jedenfalls nun für die totale Psychobraut. Mir soll es recht sein. Seiner Definition von „psycho“, nämlich dass bei jemandem die Stimmung von einer Minute zur anderen ohne erkennbaren Grund von himmelhochjauchzend auf zu Tode betrübt kippt, habe ich wohl schon erfüllt an diesem Abend. Irgendwo war ich dann weg, woanders, hing meinen Gedanken nach und starrte Löcher in die Luft. Während er sich den Restauranttester Rach anschaute und dabei noch meinte, sich an mich kuscheln zu müssen.

 

Nee, irgendwie war der Abend nichts für mich. Da war zu wenig Abenteuer dabei und schon zu viel Vertrautheit. Oder wenigstens der Versuch, eine solche aufzubauen.  Wiedersehen werde ich ihn wohl nicht. Erst recht nicht, weil ich ihm deutlich sagte, dass ich unser zweites Treffen für ein Fehler hielt. Ein nettes Kompliment gab es am Ende dann auch noch. Auf höchstens 24 Jahre hätte er mich geschätzt. Das freut doch mein fast 30jähriges Herz ganz außerordentlich. Aber das war schon fast das einzig Positive, was es zu diesem Abend zu vermerken gibt.

 

Zum krönenden Abschluss habe ich dann natürlich meinen Nachtbus verpassen müssen. Also brach ich am Ende des Abends noch eines meiner absoluten Tabus und schnupperte doch noch einen Hauch von Abenteuerluft. Auf den nächsten Nachtbus hätte ich eine Stunde warten müssen. Blöde Idee bei den Temperaturen. Also nahm ich die Straßenbahn. Leider hält diese nur so halb in meiner Nähe, je nach Lage muss ich von der Haltestelle bis zu mir noch fünf bis fünfzehn Minuten zu Fuß gehen. Und der Fußweg ist nicht der schickste. Es gibt zwei Möglichkeiten und beide führen über einen Bahnübergang. Da ist es dunkel, da brennt kein Licht, da ist nichts, da ist man ganz alleine unterwegs. Und solche Schleichwege wollte ich eigentlich nie nach Einbruch der Dunkelheit alleine gehen. Für heute habe ich dann gleich den Schleichweg gewählt, der am Friedhof vorbei führt. Erstaunlich, wie viele Lichter dort nachts auf den Gräbern brennen. Ebenso erstaunlich, dass die Friedhofstore nachts um eins noch offen stehen. Am Bahnübergang durfte ich dann noch zehn Minuten warten. Schranken zu. Vier Güterzüge brauchte es, bis ich weiter konnte. Echt ätzend so was.

 

Es war zwar niemand unterwegs und mir ist auch ganz offensichtlich nichts passiert….Aber ob ich das nach mal machen würde….tagsüber ist der Weg am Friedhof vorbei ja wirklich ganz nett. Aber nachts, wenn dort wirklich niemand ist…Und da die Tore ja wohl aufbleiben, weiß man auch nie, wer sich da nicht so herumtreibt. Nee…Das war dann auch nicht so das Abenteuer, dass ich gerne wiederholen wollen würde.

 

Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, ob ich den Typ von Samstag noch ein zweites Mal sehen kann. Der hat in seinem Eifer schon ein passendes Hotel aufgetan und fragt, ob ich am Mittwoch oder am Samstag wieder für ihn Zeit hätte. Aber ob das wirklich so eine gute Idee wäre? Man weiß es nicht.

 

Hach ja….Wenn ich irgendwann mal endgültig entscheiden könnte, was ich eigentlich will, wäre mir selbst vermutlich schon sehr geholfen.

Kommentare

09:52 12.02.2011
... aber er kuschelt mit dir und küsst dich und er bietet dir einen job an. eine reine ficksache scheint es für ihn also nicht zu sein, oder?
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
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