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Tagebuch c.
2010-11-04 10:37
Der Morgen danach
Inzwischen ist es nun fast zehn Uhr am Folgetag und wie es immer so ist, wird am Ende nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Planmäßig habe ich also heute recht früh geduscht und mal wieder festgestellt, warum es aus ökonomischen Gesichtspunkten einfach sinnvoller ist, erst am späten Vormittag/Mittag zu duschen. Morgens spinnt die Wassertemperatur. Meistens wird das Wasser erst richtig warm, wenn ich fast fertig bin. Dann wird es aber gleich so heiß, dass man es auch nicht aushalten kann. Bewegt man das Thermostat dann nur um einen Milimeter, wird das Wasser gleich wieder eiskalt. So ganz richtig ist das auch nicht.

Na ja, wie auch immer, gegen halb neun rief ich dann zu Hause an. Das große Donnerwetter blieb natürlich aus. Betrachtet man die Situation mal nüchtern und rational und mit Abstand, war das wahrscheinlich sogar vorhersehbar. Meine Eltern sind ja schließlich auch keine Monster oder Unmenschen. Es ist, sicher oft und in diesem Fall ganz definitiv, das eigene Gefühl, was ich auf sie projiziere. Ich habe mich nach dem Unfall selbst furchtbar schuldig und klein und unfähig gefühlt und meinem Gefühl nach wäre eine harte verbale Abstrafung mehr als angemessen gewesen. Die Stimme in meinem Kopf, die mich klein hält und runter macht, ist die Stimme meines Vaters. Dass es seine Stimme ist, hat natürlich auch seine Gründe in der Vergangenheit, aber irgendwann muss man auch mal zwischen dem, was ist und dem, was war unterscheiden können. Und ich strafe mich selbst eigentlich bei solchen Sachen am meisten, auch wenn ich dafür seine Wort benutze, aber der ganze "Diss" kommt letztendlich aus mir selbst heraus.

Mein Dad riet mir erst einmal dazu, die Hausverwaltung anzurufen, um herauszufinden, ob man selbstständig einen Installateur engagieren kann oder ob sie da in irgendeiner Form irgendwelche Vorgaben haben. Die Hausverwaltung wollte dem Hausmeister Bescheid geben. Der wird wohl, hoffentlich, im Laufe des Tages mal vorbeischauen und sich das Ganze erst einmal anschauen. Und für den Schaden kann, soll, wird dann wohl unsere Haftpflichtversicherung aufkommen.

Also habe ich Fotos gemacht. Wahrscheinlich war es doch nicht so eine kluge Idee, ohne Fotos das Waschbecken schon ins Wohnzimmer zu schleppen, aber ändern kann ich das ja eh nicht mehr. Also habe ich das fotografiert, was ich hatte.

Ansonsten...habe ich mir eben mal zur Abwechslung die Sorgen meines Vaters angehört. Er muss jetzt entscheiden, ob er im Zuge der Nachbehandlung seiner Krebserkrankung die Hormontherapie in den nächsten zwei Jahren fortführen will oder nicht. Er hatte ja Prostatakrebs und nimmt seit Anfang des Jahres Östrogene ein, damit das Resttestosteron in den Restzellen verschwindet und somit eine Wiedererkrankung möglichst ausbleibt. So ungefähr ist es mir erklärt worden, für fachliche Richtigkeit übernehme ich keine Garantie. Jedenfalls ist es wohl so, dass es durch die Hormontherapie zu ähnlichen Symptomen wie in den Wechseljahren kommen kann. Hitzewallungen. Depressionen. Zu 100% kann man eine Wiedererkrankung wohl nie ausschließen, aber mit den Hormonen hat man eben eine noch größere Sicherheit.

Das ist natürlich eine schwierige Entscheidung, bei der man kaum Ratschläge geben kann. Aber mein Dad fühlt sich jetzt von meiner Ma im Stich gelassen und hat den Eindruck, dass sie sich gar nicht für sein Problem interessiert, weil sie wohl gestern nicht wirklich auf seine Schilderungen eingegangen ist.

In einer Familie, in der nie über Gefühle gesprochen werden konnte, ist es natürlich schwer, so etwas von heute auf morgen zu ändern. Ihre Eheprobleme haben sie bis heute noch nicht aufgearbeitet und die schwelen unter der Oberfläche noch heute. So mancher Konflikt gründet sich auf alte, nicht aufgearbeitete Verletzungen. Ich kann auch meine Ma recht gut verstehen. Man weiß nie, inwieweit man meinen Dad nun auf seine Krankheiten ansprechen darf, wie viel man sagen darf und wo was zu viel ist. Mein Dad gibt sich immer so cool und abgeklärt und gefasst und auch, wenn man mal nachfragt, kommt nicht allzu viel.

Mein Gerechtigkeitssinn will meine Ma verteidigen. Weil ich ihre Sicht kenne. Mein Dad sagt: "Es scheint sie nicht zu interessieren, also werde ich das Thema nicht mehr ansprechen und mal wieder alleine damit fertig werden." Ich denke, ich werde ihr davon nichts sagen. Es ist nicht meine Aufgabe, zwischen den beiden zu vermitteln. Aber irgendwie ist es doch sehr schade. Weil diese Situation so beispielhaft für unsere Familie ist. Zwischen mir und meinen Eltern läuft es ja letztendlich nicht anders. Irgendwie ist das traurig. Aber was soll man da machen? Da kann man nicht viel tun. Jedenfalls nicht so lange die beiden für sich die Möglichkeit einer Therapie kategorisch ablehnen. Tja. So ist das eben. Dumm gelaufen. Oder so.

So...und jetzt lasse ich mich mal überraschen, wann wohl der Hausmeister klingeln kommen wird. Spätestens nach sechs heute Abend dürfte er ja wohl nicht mehr kommen. Denn eigentlich war mal der Plan, heute ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Ich hasse solche Wartesituationen ja immer...Na ja. Da muss ich jetzt durch. Gibt wohl Schlimmeres.

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