Willkommen auf Tagtt!
Thursday, 28. March 2024
Tagebücher » Bunny_Hop » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch Bunny_Hop
2007-01-29 21:20
Say no
Die S-Bahn ist überfüllt, voller Menschen! Ich habe mir einen Platz ergattert und bin wirklich dankbar dafür. Stunden auf den Beinen, heiße Füße von einer anstrengenden Schicht! Mörderische Halsschmerzen, aufgrund meines Lebenswandels oder einfach so!
Du stehst auf und wartest bis die S-Bahn zum Stehen kommt und aus einem unerfindlichen Grund drehst du dich nach rechts, einfach so! Und da steht er, schaut zu dir hinüber, eure Blicke treffen sich, halten sich für Sekunden fest und du hast das Gefühl, dass dein Herz für einen Schlag aussetzt. Dann wendet ihr euch beide gleichzeitig ab. andi! Andi! ANDI!
Die S-Bahntüren öffnen sich und du gehst mit Absicht zu der anderen Treppe und mit Absicht im Zeitlupentempo nach unten, obwohl du doch eigentlich deinen Bus erwischen musst! Aber viel wichtiger, du musst Andi aus dem Weg gehen!
"Warum? Warum willst du ihn nicht treffen, ihm nicht begegnen, nicht vielleicht sogar mit ihm reden? Er kennt dich, er weiß wie du denkst, vielleicht würde es dir helfen, gefallen?", fragt der Teufel in mir.
"Es gab niemals nur Gespräche zwischen dir und Andi und das weißt du nur zu genau! Andi ist deine Schwäche, also geh ihm aus dem Weg, geh langsamer!", sagt der Engel.
Und ich gehe tatsächlich noch ein bisschen langsamer bis der Bahnhof leer ist und ich alleine die Treppe hinaufschlurfe. Mein Bus ist natürlich weg, aber auch Andi ist weg und im Grunde genommen ist das ein beruhigender Gedanke. Ich war vernünftig, ich habe nachgedacht. Ich setze mich auf eine eisig kalte Bank, zwanzig Minuten warten. Aber was sind schon zwanzig Minuten?
Ich blättere in meiner Zeitschrift und schaue erst wieder auf, als ein Auto vor mir hält. Andi, ich starre ihn an! Er öffnet das Fenster, beugt sich ein bisschen in meine Richtung. "Soll ich dich mitnehmen?"
Es vergeht eine Ewigkeit in welcher wir uns nur ansehen, das heißt, ich starre ihn immernoch an! Klar, ich war vernünftig, aber was heißt das schon?
"Nein," ich glaube ich habe das nur geflüstert, also räuspere ich mich. "Nein," sage ich lauter und dann verschlägt es mir buchstäblich selbst die Sprache, weil ich nicht glauben kann, was ich da gesagt habe! Ich habe "Nein" gesagt! Ich habe zu Andi "Nein" gesagt!!
Und anstatt mich beleidigt anzusehen, lächelt er, dieser Schwachkopf und ich lächle zurück! Und in diesem Moment erkenne ich ein neues Muster! Andi ist meine Schwäche, aber ich bin auch die Seine! Und Chris ist meine Schwäche, aber ich bin auch die Seine!
Es geht nicht um Betrügertypen und es ist auch vollkommen unwichtig, wie zufrieden die beiden in ihren Beziehungen sind, ob ihnen etwas fehlt, es ging niemals darum! Es ging um mich und es ging um Andi und um Chris und die Gefühle, die wir irgendwann einmal füreinander entwickelt, die Sonderstellungen die wir eingeräumt haben. Wir haben Schlüssel verschenkt, Schlüssel zu unseren Herzen, Leben und haben vergessen sie zurückzunehmen, weil es bequemer, tröstlich ist.
Ich sage also "Nein" und Andi schließt sein Fenster wieder und fährt nach Hause oder zu seiner Freundin, wer vermag das schon zu sagen?
Ich lege meine Zeitung beiseite und freue mich, weil ich konsequent und vernünftig war!
Mein Bus kommt und während ich nach Hause fahre kommen mir zwei Fragen in den Sinn, die mich wirklich so gar nicht mehr loslassen wollen:
Erstens, warum hat Andi niemals den Mut aufgebracht "Nein" zu sagen oder Chris, die doch beide vorgeben ihre Freundinnen über alles zu lieben und ja auch ach so lang schon mit ihnen liiert sind? Warum hat Andi nicht von sich aus irgendwann einmal "Nein" gesagt anstatt auf mein "Nein" zu warten?
Und zweitens, warum zum Teufel habe ich ausgerechnet heute "Nein" gesagt und nicht schon vor Wochen bei dieser Supermarktepisode?

Tags

leben 

Kommentare

01:54 30.01.2007
es war gut so, wie du es gemacht hast.
ja, man schleppt sein leben lang viele schlüssel mit sich herum, wenn man sich einmal richtig in die augen gesehen hat, dann hofft man irgendwie doch immer wieder auf das schließgeräusch: dass man dort nochmal aufschließen kann oder dass der andere seinen alten schlüssel nicht verrosten lässt. nein, man hofft nicht, man träumt nur davon.
es ist im regelfall schon besser, wenn es nicht tatsächlich passiert.
denn es wäre dann ganz anders als im traum!
trotzdem - man wirft diese schlüssel niemals ganz weg ....
Good luck!
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
Löschen | Abbrechen

Kommentieren


Nur für registrierte User.

Bunny_Hop Offline

Mitglied seit: 29.07.2005
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

2007-01-29 21:20