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Tagebuch Bunny_Hop
2007-09-25 21:00
Die Frau für gewisse Stunden
Meine neue Brille: Emporio Armani. Vielleicht werde ich sie ab und an tragen und auf die Kontaktlinsen verzichten. Sie ist schwarz und verleiht mir ein distinguiertes Aussehen. Ich liebe Maskeraden und ich liebe Abwechslung. Leuchtend rote Haare, schwarze, pinke Strähnen. Heute setze ich auf Natürlichkeit. Sie passt am besten zu mir. Und die Brille passt gut zu meinem zukünftigen Ich. Elegant im Anzug oder leger im Jacket. Kapuzenpullis und Cappies. Rosa, schwarz, blau, grün, grau. Ich besitze sie in allen Farben und werde die Freiheit sie nach Lust und Laune zu tragen, vermissen. Reserviert für die Freizeit, die in Zukunft knapp sein wird.
Das Partyjahr geht zu Ende und die Ernsthaftigkeit beginnt. Schwarze Hosen, Nadelstreifen, Strickjacken und Broschen. Ich freue mich darauf.
Zur Feier des Tages oder um die Traurigkeit des baldigen Abschieds zu überdecken, gibt es "Deinhard Rubin, halbtrocken". Danach einen Spaziergang im Nieselregen, um den Kopf frei zu bekommen, um ein bisschen in der Vergangenheit zu schwelgen, die letzten Tage in der vertrauten Umgebung zu genießen. Ich gehe meine alte Route mit meinem früheren Lieblingsplatz als Ziel. Früher. Aus der Zeit als ich noch zu Hause gelebt habe. Vor dem Auszug, dem großen Knall.
Er sitzt auf meiner Bank. Wie verwirrend das Leben doch manchmal ist und wie gemein. Es kommt mir wie Schicksal vor, dass ich ihnen allen noch einmal begegne, bevor ich mich verabschiede, ein neues Leben beginne. Chris, Michi und jetzt Andi. Er ist in Gedanken versunken und ich überlege einfach umzudrehen und einen anderen Weg einzuschlagen. In diesem Moment hebt er den Kopf und unsere Blicke treffen sich. Ich schraube ein Lächeln in mein Gesicht und gehe auf ihn zu.
"Was für eine Überraschung," stelle ich fest und klettere neben ihn auf die Bank, setzte mich wie Andi auf die Lehne, statt der durchnässten Sitzfläche.
"Allerdings eine Überraschung. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen."
"Stimmt." Ich starre auf meine Füße. Meine Schuhe sind nass und der Saum meiner Jeans hat sich dunkel verfärbt. "Warum sitzt du alleine im Regen auf einer Bank?"
"Warum gehst du alleine im Regen spazieren?"
"Ich wollte den Kopf frei bekommen."
"Dito." Schweigend blicken wir in den Regen. Unser letztes Treffen scheint mir schon eine Ewigkeit her, auch wenn es sich wohl nur um zwei, drei Monate handelt. Ich habe Toby mit ihm betrogen oder nicht? "Ich habe dich vermisst," sagt er in die Stille hinein. Seine Stimme ist leise und viel zu vertraut.
Ich glaube, ich habe ihn auch vermisst. Allerdings wird mir das meist immer erst bewusst, wenn ich einem von ihnen begegne. Im Verdrängen bin ich gut. Ich habe Andi verdrängt. "Ich habe dich vermisst und oft an dich gedacht," wiederholt er.
Möchte er nur nett sein oder verfolgt auch er die Warmhaltetaktik? Meint er es aufrichtig, ernst? Wie dem aber auch sei, ich habe diese Worte in den letzten Wochen zu oft gehört.
Das Problem ist doch, dass Männer zwischen zwei Frauentypen unterscheiden. Frauen für Träumereien und Augenblicke und Frauen für die Wirklichkeit, das Leben. Ich bin die Frau für die Augenblicke. Ernsthaftigkeit und Beständigkeit traut man mir nicht zu. Ich bin der exotische Schmetterling und ich bin die Katze, die immer wieder auf ihren Pfoten landet. Vielleicht werde ich deshalb sooft aus dem Fenster geworfen. Sie wissen, dass ich nicht zerbreche, keine Szene mache, sie wissen, dass ich weiterlebe. Ich suggeriere es ihnen durch mein Verhalten, meine Arroganz. In Wahrheit bin ich aber nur eine Schauspielerin. Zu stolz, zu zynisch, zu hart. Er hat sich für Melanie entschieden, weil sie die Schwächere von uns beiden ist und wohl auch die Frau für das Leben. Ruhiger, ausgeglichener, unkomplizierter. Sie geht nicht gerne feiern und trägt ihr Haar Tag ein Tag aus in einem nachlässigen Pferdeschwanz.
Katzen landen immer auf den Pfoten, aber sie können sich wie wir Menschen bei einer harten Landung die Beine brechen.
"Sag nicht, dass du mich vermisst, an mich denkst. Du hattest deine Chance und hast dich gegen mich entschieden. Du bist mit Melanie zusammen."
"Ich frage mich jeden Tag, ob ich mich richtig entschieden habe."
Gordi, Chris, Michi und nun auch Andi. Sie sind sich so ähnlich, so gleich. Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Ich kann es nicht mehr zulassen, dass bei solchen Worten immer neue Hoffnung in mir aufkeimt. Ich kann es nicht mehr gestatten, denn meine Hoffnung ist sinnlos, wurde immer enttäuscht.
Ich lache. Mein Lachen klingt leicht und beschwingt, auch wenn ich mich gar nicht so fühle. Ich bin traurig und wütend. "Tja, dass werden wir niemals erfahren, nicht wahr?" Ich klettere von der Bank und mache mich auf den Weg. Dann drehe ich mich zu ihm um. "Bye, Andi."
Und in Gedanken: Bye bye Chris und Michi.
Ihr könnt mich alle mal!

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leben 

Kommentare

00:01 26.09.2007
das kommt mir schon wieder so bekannt vor.
immer die andere, die vorübergehende, die für zwischendurch und bis was ernstes kommt. vor allem immer die, die mal mehr, mal weniger sanft, aber doch sehr bestimmt vor die tür gesetzt wird und sich die hoffnungen dann selbst aus dem hirn wringen darf.
und im nachhinein war das alles gar nicht so und eigentlich großes gefühl und was ein fehler, dass man gegangen ist, gehen gelassen wurde. und wenn es nur zwei wochen mehr oder vielleicht eine halbe stunde, dann wäre heute alles anders und du hast mich so unheimlich glücklich gemacht.
und natürlich vermissen sie... aber was? die möglichkeit mal wieder jemanden mit reuigem (wahlweise verwegenem, selbstsicherem, sehnsüchtigem) blick vor die tür zu setzen?

...und wenn sie nicht gestorben wären...
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
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2007-09-25 21:00