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Tagebuch Bunny_Hop
2005-09-01 10:57
Beerdigung
Die Beerdigung oder der Tag X.
Die letzten Tage waren nur ein warten, ein Vorbereiten auf dieses Ereignis. Aber ich bin nicht vorbereitet und ich fühle mich gerade auch gar nicht stark.
Ich habe früh angefangen mich fertig zu machen, habe mich geduscht, meine Haare gemacht, mich angekleidet. Ich habe meine Handtasche vorbereitet, habe mir Taschentücher eingepackt und Zeug um mein Make up wieder in Ordnung zu bringen. Ich habe meine Sonnenbrille geputzt. Ich habe die einzelne Rose aus dem Wasser genommen und gekürzt.
Dann klingelte es an der Tür, es war Alex, ich würde mit ihm gemeinsam zur Kirche fahren.
Kirche, es würde einen Gottesdienst geben. Ich bin mir nicht wirklich sicher ob Stefan das gewollt hätte, er war nicht religiös. Genauso wie Alex und ich. Wir wurden zwar alle getauft, aber irgendwann haben wir aufgehört zu glauben.
Aber meine Familie wollte es so, ich denke sie brauchen das. Also standen wir vor dieser Kirche, ich bei Alex und Stefans Freunden, die auch wir beide gut gekannt haben. Die Familie stand woanders, man würdigte uns keines Blickes. Aber das war schon immer so. Als die Glocken leuteten waren Alex und ich die ersten welche die Kriche betraten, wir nahmen in der ersten Reihe Platz. Unsere Familie setzte sich dazu. Nun gut, die engsten Angehörigen eben.
Der Gottesdienst war zwar an sich ganz schön, aber er bedeutete mir nichts. Stefans Name wurde ab und zu erwähnt, aber es ging eigentlich nicht um ihn. Es ging darum, dass der Tod etwas schönes ist und so weiter. Bla bla bla...
Es wurde viel gebetet, wir mussten uns oft hinknien. Seit dem Tanzen habe ich eine Knieverletzung, ich hatte höllische Schmerzen. Aber ich hatte ja keine andere Wahl. Danach konnte ich nicht alleine aufstehen und Alex musste mich hochziehen. Stefan hätte gelacht und so dachte ich an ihn und blendete den Gottesdienst aus.

Danach fuhr ich mit Alex zur Aussegnungshalle. Jetzt würde derschwierige Teil beginnen, dass wusste ich genau. Jetzt würde über Stefan persönlich gesprochen werden, jetzt säße ich seinem Sarg und auch seinem Bild gegenüber. Bald würde Stefan begraben werden und dazu war ich noch nicht bereit. Ich wollte nicht, dass er verschwindet, ich wollte dass ich seinen Sarg und somit Stefan immer ansehen konnte. Ich wollte ihn immer vor Augen haben und damit die Illusion, dass er mich nicht verlassen hat.
Ich betrat die Aussegnunshalle, man überreichte mir ein Sterbebildchen. Da stand der Sarg, da stand das Bild von ihm, da lagen diese vielen Blumen, da standen Kerzen. Mir kamen schon bei diesem Anblick die Tränen. Wieder setzen wir uns in die erste Reihe, aber diesmal an den Rand, die Familie nahm daneben Platz.
Dann geschah etwas überraschendes. Ein großer, attraktiver Mann trat durch die Türe, dieser Mann war Andi. Unsere Blicke trafen sich wie sooft, meine mit Tränen verhangen. Er blickte mich prüfend an, ich sah die Besorgnis in seinem Blick. Er ging auf mich zu, aber anstatt etwas zu mir zu sagen, machte er einen Bogen um mich und setzte sich direkt hinter mich. Ich weinte.
Liebe Leser, ich möchte an dieser Stelle nur sagen, dass Andi Stefan kannte. Sie hatten zusammen Volleyball gespielt und sie waren auch flüchtig befreundet gewesen. Es war also nicht ungewöhnlich, dass er hier auftauchte.
Die Aussegnung begann mit einem von Stefan´s Lieblingsliedern. Da er immer ein Fan von Heavy Metall und auch Rock gewesen war, hatten wir ein bisschen Probleme gehabt passende Musik zu finden. Aber wie es meistens so ist, gibt es einfach Lieder, die einem mehr bedeuten. Als erstes Lied haben wir einen Song gewählt, der für uns drei eine Bedeutung hatte. Beim ersten Ton musste ich schluchzen, der Schmerz war so groß, Stefan hätte das niemals passieren dürfen! Alex nahm meine rechte Hand, drückte sie fest. Seine eigenen Tränen liefen ihm stumm über die Wangen. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine linke Schulter, ich wusste dass dies Andi war und Wärme breitete sich in mir aus. Ich legte meine linke Hand über die Seine an meiner Schulter und wir verschränkten unsere Finger. In diesem Moment war ich mir sicher, dass Stefan irgendwo in unserer Nähe stand, ja, ich war mir sogar sicher, dass er Andis Hand genommen und auf meine Schulter gelegt hatte. Dieser Gedanke war schön, denn jetzt in diesem Moment waren wir wieder zu dritt.

Ich weinte und weinte, die Tränen liefen über mein Gesicht, ich wusste das ich mittlerweile bestimmt unmöglich aussah, aber bevor der Sarg nach draußen gefahren wurde, drehte sich Alex zu mir und wischte mir über das Gesicht. Er entfernte meine verlaufene Schminke unter den Augen. Das war Alex, immer fürsorglich, immer genau wissend was ich jetzt brauchen würde! Stefan war genauso gewesen. Wir drei hatten ein Gespür für die Bedürfnisse des anderen entwickelt. Es war ein starkes Band, vielleicht ist dies eine Bindung die den Tod überdauert.

Alex ergriff meine Hand, Andi drückte mir noch einmal kurz die Schulter, dann standen wir auf und folgten als erste dem Sarg. Der Trauermarsch begann. Eigentlich stand mir der erste Platz in der Reihe nicht zu, ja nicht einmal Alex. Er hätte unserem Vater gebührt und dann wären wohl die Geschwister gekommen, irgendwann weiter hinten ich. Aber als wir aufstanden und als Alex meine Hand ergriff, trat meine Familie zurück. Sie respektierten dieses unsichtbare Band, sie zollten uns Respekt.
Diese Geste, dieses Zurücktreten und Platz machen bedeutete mir sehr viel. Es war die erste freundliche und anteilzeigende Geste seid Stefan von uns gegangen war.
Draußen setzte ich meine Sonnenbrille auf, meine Augen würden nun verdeckt bleiben. Es war ein heißter, sonniger Tag. Ich fand es schreclich und ich fragte mich ein zweites Mal warum es so schön sein kann, wenn etwas so trauriges geschiet.
Am Grab angekommen stellte sich die Familie zu uns, ich entdeckte Andi weiter hinten bei Bekannten von ihnen, doch er beobachtete mich unverwandt. Das war auch eine Bindung und diese Verbindung gab mir Kraft.
Es wurden Reden gehalten, die einem Tränen in die Augen trieben, Freunde wollten vor allen noch etas über Stefan sagen. Es war wunderschön, ich bin mir sicher, dass es Stefan gefallen hätte. Er war einfach ein wunderbarer Mensch, er war fürsorglich, er war für andere da. Und heute zollten ihm diese Leute Respekt, er würde nicht vergessen werden.
Der Pfarrer segnete das Grab, warf die Erde hinein und gab es für die Familienangehörigen frei. Auch diesmal gewährte man Alex und mir den Vortritt.
Ich ging auf das Grab zu, in einer Hand meine Blume, in der anderen einen Brief an Stefan, den ich ihm mit ins Grab geben wollte. Worte, die ich Stefan niemals gesagt habe und ihm unbedingt noch sagen wollte. Ich warf den Brief und meine Blume in die Grube auf seinen Sarg.
"Dort unten liegt dein Bruder", flüsterte mir eine innere Stimme zu. "Das ist das letzte was du jemals wieder von ihm sehen wirst."
Ich weiß, dass Stefan immer in meiner Erinnerung und in meinem Herzen sein wird. Aber in diesem Moment, musste ich von ihm Abschied nehmen. Ich sprühte das Weihwasser über den Sarg, ich warf die Erde hinein und dann drehte ich mich weg. In diesem Moment traf mich der Schmerz wie noch nie zuvor. Es war ein scharfer, stechender Schmerz in meiner Brust. Mir wurde die Luft ageschnürt und ich wäre bestimmt vor allen Leuten zusammen gebrochen, wenn Alex nicht dieses Satz gemacht hätte.
Er sprang vor und stand plötzlich neben mir, ich war schon dabei in die Knie zu gehen, als er mich unter den Armen ergriff und mich wieder aufrichtete. Der Moment der Schwäche war vorbei, ich fühlte mich nur noch entsetzlich elend. Alex führte mich zu der Stelle an welcher sich die Familie nun wieder versammelte, er legte einen Arm um meine Schultern und einen auf meine Taille. Er hielt mich fest und ich fühlte mich geborgen.

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leben 

Kommentare

20:22 01.09.2005
Ich sitze hier mit einer Gänsehaut, einem schweren Gefühl im Herzen und Tränen in den Augen. Worte finde ich keine. Nur in Gedanken bin ich bei Dir....wünsche Dir viel viel Kraft.
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18:38 01.09.2005
alles alles liebe von mir und die kraft, die du jetzt brauchst.

das mit dem sonnenschein glaube ich auch.
er wollte euch sicherlich zeigen, dass er bei euch ist und euch damit vllt. ein bisschen trost spenden...
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unbekannt
11:56 01.09.2005
oh nein..auch mir sind gerade die tränen in die augen gestiegen...ich weiß wie schwer das ist und wünsch dir ganz viel kraft weiterhin!

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unbekannt
11:18 01.09.2005
Ich weiß nicht was ich sagen soll....nur das ich hier mit tränen in den augen sitze. Ich habe alles nachgelesen. Ich weiß wie du dich fühlst und wie ungerecht sonnenschein auf einer beerdigung ist. aber weißt du es kann von ihm sein. Er wollte das die sonne scheint,damit ihr wisst ihm geht es gut und er ist nicht traurig.
Auch wenn es schwer ist lacht über die erinnerungen und weint nicht weil er weg ist. er wird in euch leben für immer. Bleibt stark für ihn! Er hätte es so gewollt. Haltet zusammen und wenn ihr euch später alle wieder seht dann rockt gewaltig den Himmel!
Ich glaube an gott und ich bin mir sicher das er da jetzt glücklich ist. Er ist auch nicht allein-er ist immer bei euch!

Viel Glück und viel kraft wünsche ich dir....leider denke ich manchmal holt einen der alltag viel zu schnell ein.


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