Abifeier und Party
Wir sehen alle so schick aus, es ist unglaublich. Wirklich jeder aus der Stufe, bis auf zwei Ausnahmen, hat sich richtig in Schale geworfen. Pompöse Abendkleider, elegante Roben, Cocktailkleidchen und Anzüge, schwarz, grau, mit Nadelstreifen, grüne Hemden, blaue Hemden, rosane. Mein Kleid geht bis kurz über die Knie, ist fliederfarben und aus Seide, eine meiner Freundinnen trägt ein knalliges grün. Wir sehen beide toll aus und werden mit Blicken verfolgt. Die Abifeier an sich ist gut, lustig, aber natürlich stimmt es uns alle ein bisschen melancholisch, denn jetzt ist das letzte Bindeglied gekappt. Einigen wird man natürlich auf Partys wieder begegnen, anderen am See beim Baden, doch einige, wird man wohl nicht mehr sehen, denn die Schule ist nun endgültig vorbei.
Wir unterbrechen unsere Abifeier für dieses wirklich sagenhafte und bis zur letzten Sekunde spannende Fussballspiel, der Saal tobt und ich weiß, unsere Abifeier ist etwas besonderes. Auf welcher offiziellen Feier tanzen die Leute schon und schreien wie wild: "Ihr könnt nach Hause gehen.. ihr könnt nach Hause gehen.."
Ein Lebensabschnitt ist zu Ende, ein neuer beginnt und das muss natürlich gefeiert werden. Feiern aus Freude es endlich geschafft zu haben und vielleicht auch ein bisschen Feiern um ein an sich trauriges Ereignis zu überdecken. Ich tanze auf sieben-Zentimeter-Absatzschuhen und meine schon mehrmals gebrochenen Zehen bringen mich beinahe um, aber was solls? Wir sehen toll aus und da kann man ein bisschen Unanehmlichkeiten schon ertragen. Und so wechseln meine Freundin und ich das Outfit von eleganter Abendrobe zu kurzem Partyminirock (die Schuhe bleiben natürlich) und rocken danach die Tanzfläche, stets beobachtet von diversen Männern. Aber ich hab heute keine Lust auf eine neue Bekanntschaft und drehe mich weg, sobald mich jemand zu sehr antanzt. Heute feiere ich und lege keinen Wert auf neue Bekanntschaften, wir feiern alle. Manche mehr, manche weniger ausgelassen. Am Ende übergibt sich Dominik, ein Novum, ich habe ihn noch nie so fertig gesehen, davor hat er mit einer aus der zwölften rumgeschoben. Andi gibt mir einen herzhaften Kuss zum Abschied auf die Backe und ich denke ein bisschen wehmütig an die alten Zeiten und daran, dass dieser Kerl leider nicht zu haben ist. Manuel schmeißt sich mal wieder an ein Mädel ran, wieder eine Bekannte von mir, aber was solls. Er ist eine männliche Schlampe und auch wenn ich mir gelegentlich wünsche, dass er mich ansieht und mir seine Aufmerksamkeit schenkt, so bin ich mir in eigentlich nicht sicher, ob ich das WIRKLICH will. Eine meiner besten Freundinnen, von der Einstellung total zurückhaltend und sagen wir "jungfräulich" schiebt auf das Übelste mit einem Kerl aus meiner Abiklasse rum, mir wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen als ich es entdeckte. Ich schreibe Chris eine SMS, einfach so, wegen der Party und weil ich neugierig bin wie er reagiert. Er reagiert so wie erwartet und schreibt mir nicht zurück und ich kümmere mich nicht weiter darum. Ich rede mit Gordi und er fragt mich ob zwischen uns noch alles so wie früher ist, ich sage: "Ich weiß nicht" und füge hinzu, dass es in meinem Leben zum ersten Mal etwas gibt, was ich ihm nicht erzählen kann. Ich denke dabei an meine Liason mit Chris und er findet es traurig. Ich verabschiede mich von einem Kumpel, der in zwei Tagen zum Bund muss und dieser hält mich ganz fest. Mit brennenden Füßen fahre ich im Morgengrauen und bei Vogelgezwitscher nach Hause und stelle fest, dass meine Schulzeit und eventuell / höchstwahrscheinlich meine Zeit hier nun vorbei ist, was an sich einfach unglaublich und irgendwie abartig ist.