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Tagebuch bloghead
2020-03-21 18:02
Nachtgedanken: Ästhetik und Gender (2016) - Tag 24

Die Frau als hübsch ausstaffierte Puppe wird für das gemocht, was sie ist. Der Mann als heroischer Siegertyp wird für das gemocht, was er tut.

Das ist eine Abwertung des Mannes, der sich als Heros nur durch seine Taten rechtfertigt und in sich selbst keinen Grund trägt, warum man ihn mögen sollte - er muss diesen extrinsisch erst erzeugen. Dem gegenüber trägt die Frau durch diese ästhetische Komponente den Grund dafür, warum sie gemocht wird, in sich selbst.

Wenn nun einseitig der weibliche Stereotyp abgeschafft werden soll, dann passt das in den allgemeinen kulturellen Desubstanziationsprozess, der dem Menschen keinen inhärenten Wert zusprechen mag. Denn so wird auch die Frau unter den Druck gestellt, ihren Wert extrinsisch erst einmal zu erzeugen.

Und auch wenn das ausstaffierte Püppchen ein eher stigmatisierender Stereotyp sein mag, so zehrt er doch davon, dass in der Frau etwas besteht, das sie so begehrenswert und anziehend macht. Das ist nicht wie beim heroischen Mann lediglich ein Vermögen oder eine Fähigkeit, etwas zu tun, sondern es ist geradewegs das Dasein der Frau selbst, das attraktiv ist, es ist ihr ganz real vorhandener, sichtbarer und spürbarer Körper. Der heroische Mann wird erst durch seine heroischen Taten zu dem, wofür man ihn bewundert, anziehend findet, mag. Die ausstaffierte Puppe ist gerade durch ihr Dasein als ausstaffierte Puppe das Bewundernswerte, Anziehende, Gemochte: das ist ihr Wesen. Gewiss - die Attraktivität des Püppchens ist eine Perversion dessen, wovon die Attraktivität selbst zu zehren beabsichtigt: nämlich Schönheit.

Das Traurige daran ist nun, dass in einer Kultur, die Schönheit rein im Auge des Betrachters verortet, genau dieses Püppchen einen letzten Rest derjenigen Einstellung darstellt, die Schönheit eben auch (das ist wichtig, denn "auch" heißt nicht "ausschließlich"!) als objektiv vorhanden begreift. Der Held erzeugt die Ursache, deretwegen er attraktiv ist, durch seine Heldentat und schafft damit den objektiven Grund seiner Attraktivität - er wird wie gesagt nicht für das gemocht, was er ist, sondern für das, was er tut; man mag streng genommen insofern gar nicht den Helden, sondern bloß die Heldentat. Das Püppchen trägt die Ursache, deretwegen es attraktiv ist, durch ihr bloßes Dasein in ihrem bloßen Dasein - der objektive Grund ihrer Attraktivität wäre damit also immer schon vor alldem, was sie tut, vorhanden. Eine Kultur nun, die Objektives nicht mehr im Sein, sondern nur noch im Tun erkennen kann (oder will?), kann folgerichtig natürlich nichts mit so einem Grund anfangen. Er wird entweder gänzlich bestritten, oder er muss halt aus dem kulturellen Kanon entfernt werden. Also: Weg mit den ausstaffierten Püppchen, denn bloß vorhandene Attraktivität leistet nichts; im Gegenteil, sie hindert diejenige sogar daran, selbst objektive Gründe zu erzeugen, dass wir sie mögen.

Schön-sein ist halt keine Helden-tat.

Das mag eine "inzwischen recht alte" Ansicht sein, ich betrachte sie sogar als zeitlose Ansicht, da sie jeder Tat prinzipiell vorausgeht: Im Kern geht es nämlich speziell darum, in der Frau die Schönheit als objektiv vorhanden anzuerkennen, und generell schließlich im Menschen selbst. Dieser Kontext ist es dann, in dem Mann und Frau handeln.

Ich stimme zu, dass Werbung mit nackten Frauen zwar Produkte verkaufen mag, aber gesellschaftlich kontraproduktiv wirkt. Daher der Hinweis, dass die Attraktivität des Püppchens eine Perversion von Schönheit darstellt. Nichtsdestoweniger ist es m.E.n. eines der letzten Überbleibsel eines Begriffs von Schönheit, der diese eben nicht nur ins Auge des Betrachters legt und damit zur rein subjektiven An-dichtung macht, sondern als objektiv vorhanden postuliert. Weil fast nur noch diese Perversion lebt und gedeiht, lässt sich schließen, dass da etwas falsch läuft.

Und, ja, wir leben insofern in einer Männerkultur, die der Frau die Anerkennung verweigert - eben weil die Schönheit nur noch pervertiert auftritt oder gar auftreten darf. Von einem Standpunkt, der den heroischen Siegertypen als einziges Ideal gelten lässt, wird jegliche Weiblichkeit - und damit potenzielle Schönheit - zur Bedrohung. So ist natürlich weibliche Körperlichkeit nur als Karrierevehikel, und damit als missbräuchlich pervertierte Schönheit (ob nun als "Tittenbonus" oder weil man halt "keinen abkriegt"), denkbar.

Hausfrauen haben es dabei gesellschaftlich übrigens doppelt schwer: Einmal, weil sie natürlich mit genau den o.g. Problemen zu kämpfen haben, aber in ihrem Ehemann jemanden haben, der die objektiv in ihr vorhandene Schönheit bezeugt. Andererseits aber auch, weil gerade sie es sind, die analog zum männlichen Heroen ebenfalls objektive äußere Gründe erzeugen, deretwegen sie attraktiv sein könnten. Aber, ach, es sind halt die falschen Gründe, denn sie lassen sich nicht in der Einheit messen, in der man heute Heldentaten misst.

Selbiges gilt letztlich auch für den Hausmann: Er verweigert sich diesem Helden-Ideal, und wird gerade so als Versager empfunden, da seine Heldentaten halt die falschen Heldentaten sind.

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