Nun ist wieder eine Woche vorüber, ohne den entscheidenden, sehnlichst erwarteten, großen Schlag zu bringen. – Die Russen sind nach 2tägiger Herrschaft aus Memel vertrieben, wo sie furchtbar gehaust, gemordet und gewütet hatten. In den Karpathen rücken die OEsterreicher langsam aber sicher vor. In Flandern und im Westen steht unsere „eiserne Mauer“ fest gegen alle Angriffe. –

Täglich werden Ausfälle der Franzosen zurückgeschlagen, immer näher rücken wir Verdun, aber so lange wir solche bedeutende Streitkräfte in Rußland brauchen, wird wohl auch keine Schlacht im Westen stattfinden. – Hindenburg schweigt noch immer, die gestrige Depesche aus dem Hauptquartier war ganz kurz – 4 Zeilen – das heißt, daß sich etwas vorbereitet. –

Heute kamen wieder eine Menge Truppen hier durch, wie man sagt, aus Belgien; sie sollen nach den Vogesen kommen u. in d. Argonnen Wald, wo tägl. heftig gekämpft wird. Allgemein äußert sich im Volk der heiße Wunsch nach Frieden! –

Die Kriegserklärung zwischen Japan und China wird stündlich erwartet und dann muß doch eigentlich Amerika sich einmischen. –

Nun wird das Fleisch knapp, alle j. Schweine zwischen 120 und 180 Pfund müssen auf behördl. Anordnung bis zum 15. d. M. geschlachtet werden, damit nicht für Menschen eßbare Sachen als Futter für sie verwendet werden. Wir haben im Garten unsere kl. Wiese umgraben lassen und pflanzen Kartoffeln auf diesen Platz, da die Behörden mahnen, die Ziergärten in Nutzgärten umzuwandeln.

Im Geschäft ist immer noch Personalmangel, was uns viele Sorgen macht. – Rudolf ist, mit gutem Zeugniß nach Oberprima versetzt und läuft nun überall umher, um seine Militärsachen zu ordnen. Es ist wenig Hoffnung, ihn bei der Artillerie unterzukriegen und zur Infanterie will ihn sein Vater nicht lassen. Die Zukunft liegt sehr dunkel vor uns – Kampf überall! Gebe Gott, daß bald wieder bessere Zeiten kommen!