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2006-05-07 10:55
Der Ball ist rund, damit das Denken
Der Ball ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann
Mit Texten v. Nick Hornby, Tim Parks, Dave Eggers, Henning Mankell u. v. a.

Das Buch für den intelligenten Fußballfan. Eine ebenso unterhaltende wie literarische Anthologie mit 32 Erzählungen namhafter Autoren von Nick Hornby über Tim Parks und Alexander Hemon bis zu Henning Mankell. In ihren sehr persönlichen, oft anekdotischen Texten porträtieren die Autoren die Länder, die an der WM 2006 teilnehmen. Sie schreiben über eigene Erlebnisse oder die Geschichte des Fußballs in den Teilnehmerstaaten, über die Eigenarten der Fans oder die Rolle, die der Fußball im jeweiligen Land heute spielt. So entsteht ein buntes Kaleidoskop des Weltfußballs.

Ein paar Auszüge aus dem Buch:

...König Fußball - diese perfekte Kombination aus Geschäft und Religion - wird dieses Jahr bei der ersten WM im wiedervereinigten Deutschland also wieder grenzenlos unfair, frustrierend, großartig und verbindend sein. Und in den 90 Minuten zwischen Anpfiff und Abpfiff wird alles, was sie in diesem Buch gelesen haben, auf den Schultern junger, stürmischer Männer mit überentwickeltem Quadrizeps und ausgeprägtem Stolz ausgetragen werden...

...Ich empfinde großes Glück bei dem Gedanken, dass ich einer der Milliarden von Menschen sein werde, die zusehen, wie 32 Nationen sich an 17 einfache Regeln halten...

...Vielleicht bin ich deshalb so optimistisch, was Angolas Zukunft betrifft. Der Krieg hat den Fußball in Angola nie umbringen können. Die Fußballplätze waren entmilitarisierte Zonen, und das Kräftemessen zwischen Mannschaften, die einen intensiven, aber dennoch im Grunde friedlichen Wettkampf ausfochten, bot einen Schutz gegen die Gräuel ringsum.
Einmal besuchte ich ein Flüchtlingslager für Angolaner, die vom Bürgerkrieg aus dem Land getrieben worden waren. Als die Lastwagen mit neuen Flüchtlingen eintrafen, scharten sich diejenigen, die bereits im Lager lebten, um die Neuankömmlinge, weil sie hofften, ihre verschollenen Verwandten darunter zu entdecken. Plötzlich begann eine Frau laut zu kreischen und zu tanzen. Sie hätte sich fast die Kleider vom Leib gerissen. Sie tanzte um zwei alte Menschen herum, einen Mann und eine Frau. Die junge Frau weinte und schrie, sie tätschelte der alten Frau die Wange und ergriff die Hand des Mannes. Später erfuhr ich, dass die beiden ihre Eltern waren, die sie für tot gehalten hatte und die nun plötzlich vor ihr standen.
So sieht wahres Glück aus, dachte ich mir. Ich werde diese drei Menschen aus Angola, die getrennt worden waren und sich schließlich wieder fanden, niemals vergessen. Für mich sind sie das Sinnbild eines Angolas, wo die Menschen sich selbst und ihre Vergangenheit wieder finden werden, jene Vergangenheit, die ihnen gestohlen wurde.
Und es wird ihnen gelingen. Angola ist ein Land, das unsere volle Unterstützung und unseren ganzen Respekt verdient. Aus unfassbarem Leid erschaffen diese Menschen eine neue Welt...

...Blicken wir voraus zum Abend des 17. Juni 2006, in das Zimmer des australischen Torwarts Mark Schwarzer in einem Münchner Fünfsternehotel. Du bist ein erfahrener Torhüter, ein Aufsteiger in der englischen Premier League, hast für deine Nationalmannschaft gegen Uruguay großartig pariert. du bist an große Spiele gewöhnt, an spannende Begegnungen, an knappe Entscheidungen. Aber heute Abend, vor dem Spiel gegen Brasilien, kannst du nicht schlafen. Du tigerst durch dein Hotelzimmer und machst ein paar Dehnungsübungen, um deine Nerven zu beruhigen. Morgen findet das wichtigste Spiel deines Lebens statt. Ihr spielt bei der WM-Finalrunde gegen den amtierenden Weltmeister. Obwohl deine Mannschaft in der Fifa-Weltrangliste nur auf Platz 47 steht, nimmst du am größten Sportereignis des Planeten teil, und jedes Spiel fängt 0:0 an.
Jetzt schläfst du ein und träumst davon, dass du die Südamerikaner fertig machst, gekonnt parierst und den Ball sofort wieder ins Spiel bringst. Du spielst Neill an, der zu Viduka köpft. Viduka köpft den Ball ganz tief ins brasilianische Tor. Vielleicht schießt du sogar selbst eines, rennst wie der Wind über das gesamte Spielfeld, dribbelst an den besten Spielern der Welt vorbei - an Ronaldinho, Robinho, Ronaldo, Roberto Carlos - und hämmerst den Ball zwischen den Beinen von Julio Cesar hindurch ins Netz. Das fantastische Tor der Weltgeschichte...

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2006-05-07 10:55