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Friday, 29. March 2024
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 1937-05-03 hh:mm
Bin ich ein guter Schauspieler?
Hinter mir liegt ein eiliger Tag, so kann ich heute abend wohl sagen. Vorige Woche fiel mir ein, daß ich mal nach Wanne fahren könnte. Da wir am Samstag keinen Unterricht hatten, konnte ich schon zeitig fahren. Tante Anna und Mariechen haben mich wirklich liebevoll aufgenommen. Trotzdem bin ich nicht ganz befriedigt. Bald schon merkte ich, wie es am letzten tiefsten Verstehen selbst bei Tante Anna fehlte. Mir ist das oft besonders schwer, da ich überall bei Verwandten die gleiche Feststellung machen muß. Den ganzen Tag waren Mariechen und ich unterwegs, ein wunderschöner Tag war es, weil es schon recht warm war. Da ich auf dem Rückweg in Hattingen einigen Aufenthalt hatte, konnte ich noch eine kath. Messe mitmachen. Die Brüder der ersten Klasse hatten heute Examenstag, wir hatten daher den ganzen Tag Arbeitsdienst. Da die Sonne recht heiß schien, habe ich schon einen gehörigen Sonnenbrand gekriegt. Am Vormittag haben wir einen kleinen Hasen gefangen.
Das Tierchen schrie wie ein kleines Kind und sah so unschuldig aus, daß wir es bald laufen lassen haben. Willy Nolte schrieb mir heute, dass er aus meinen Briefen sähe, daß ich mit ganzem Herzen in der Mission stände. Trotz meiner Steifheit muß ich also wohl ein guter Schauspieler sein, denn ich finde, daß ich in viel stärkerem Maße in der Mission stehen müßte. Diese Woche ist die Missions Gebets- und Opferwoche. Die Hausgem. hat jeden Abend im Betsaal eine Gebetsstunde. Im Unterricht werde ich es vorläufig gut haben, denn wir nehmen einigen Stoff der vorigen Klasse noch einmal durch. Insp. Flender will, da bei ihm die letzten Prüfungen nicht gut ausgefallen sind, mit besonderer Strenge vorgehen. Uns tröstet, daß bei ihm noch nie eine Prüfung gut ausgefallen sein soll. Einige Zeit wird es bestimmt dauern, daß wir in unserer Klasse uns aneinander gewöhnt haben. Jeder bringt seine Eigenheiten eben auch mit ins Missionshaus, und wir sind alles andere als Heilige. In Wanne wollten unbedingt bezüglich einer Freundschaft in mich dringen. Wenn ich auch ganz unschuldig getan habe, so muß ich doch bekennen, daß ich Heidchen wie ich „sie“ in meinen Gedanken nenne, noch nicht vergessen habe, sondern viel an sie denke.

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