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Thursday, 25. April 2024
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 1915-08-01 hh:mm
Am Jahrestage der Kriegserklärun...

Am Jahrestage der Kriegserklärung – Wer hätte es für möglich gehalten, daß der Krieg so lange dauern werde? Und nun ist ein Jahr verflossen, wie die jetzige Generation noch keines erlebt, wie unsere Kinder und Kindeskinder hoffentlich keines erleben müssen! Ströme von Blut und Tränen sind geflossen und ewig unvergeßlich wird den Lebenden dieses Jahr bleiben! Unermeßliche Opfer an Leben und Gut hat es gefordert, welche unser Volk mit beispielloser Freudigkeit dargebracht! Bis zu Beginn des neuen Jahres war die Last des Krieges trotz ewiger Unruhe und einiger Schrecken, dennoch erträglich, auch für uns an der Grenze! Seit Neujahr jedoch mehrten sich die Schwierigkeiten – die Brodnot und Mehlnot begann und bis heute hat sich dies vermehrt von Tag zu Tag! Wir haben in diesen Zeiten erkannt, wie viel wir bisher lebenslang besaßen, ohne dies zu schätzen, nun lehrt der Krieg, der große Erzieher der Menschheit uns, mit manchem auskommen, was wir früher mißachteten. Da jeder Erwachsene wöchentlich nur eine Brodkarte bekommt (à 3 ½ Pfund) so ist es unmöglich, damit auszureichen! Statt der Brodration bekommt man für eine Karte 2 ½ Pfund Mehl, aber es ist unmöglich, so zu sparen, daß man dies durchsetzen kann.So ist man auf allerlei Mehlersatz verfallen. Ich verwende bis jetzt Buchweizenmehl, welches etwas dunkel, aber wohlschmeckend und beim Kochen sehr ergiebig ist. – Nun ist keines mehr zu haben und wir haben Heidekornmehl probiert (Sehr gut, aber teuer.) Viele Leute verwenden Maismehl, was mir aber, des eigentümlichen Geschmacks wegen, nicht zusagt. Maisgries dagegen ist sehr gut zu Mehlspeisen, - Das Kochen ist in der Tat eine Kunst geworden! Fleisch ist doppelt so teuer, als wie früher, Gemüse nicht sehr reichlich vorhanden; Eier teurer als Fleisch, da die Leute, aus Mangel an Hühnerfutter die Hühner abschaffen. Keine Brödchen, keine Zwiebeln, kein Reis, Gries, Gerste – da soll man kochen! - - -

Unterdessen haben die letzten Wochen unsere braven Truppen überall siegreich gesehen! Schwere Kämpfe und schöne Fortschritte im Argonner Wald, wobei sich Württemberger u. Rheinländer auszeichneten! –

In Rußland, seit der Einnahme von Lemberg ein reißendes Vorwärtsdrängen der Armee Mogosch u. Makensen, welche Warschau von zwei Seiten bedrängen während die Oesterreicher gestern Lublin besetzten. Man hält Warschau für verloren in kurzer Zeit, die Kämpfe dort sind jedoch furchtbar und fordern auch von uns viele Opfer!

Vor einigen Tagen besuchte uns ein früherer Lehrling, der jetzt 7 Monate in den Argonnen kämpfte. Er erzählte ganz ruhig, als sei dies selbstverständlich, daß sie, nach heißen Kämpfen oft nicht lange Zeit hatten, die Gefallenen zu bestatten. Da habe man sie in den Schützengraben gebettet und diesen zugeworfen um später, wenn mehr Zeit, dann wieder ein neues Stück Schützengraben hergestellt! – Ein anderer Besuch, ein Landstürmer, welcher zu Anfang des Krieges bei uns einquartiert war, erzählte aus Rußland viel Merkwürdiges: daß die Russen sich sofort ergeben, wenn nicht Vorgesetzte in der Nähe sind, daß sie die eigenen Häuser vor ihrer Flucht verwüsten, Alles zerschlagen und ruinieren, das Vieh töten und vergraben – nur, daß die Deutschen es nicht finden. - - - - -

 

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