Abschied von Marta Strucksberg
Schon wieder ist eine lange Zeit vergangen. Meine Konfirmation rückt immer näher. Noch sind es 5 Wochen bis dahin. Ob ich wohl würdig bin am Tisch des Herrn
teil zu nehmen. Herr, hilf mir, daß ich es bin! Wir haben schon des nachmittags Konfirmandenstunde. Ob ich Ostern wohl zur zweiten Klasse versetzt werde? Am I. Juli geht Marta Strucksberg nach Berlin. Dort besucht sie das Mädchengymnasium, um sich später dem medicinischen Studium zu widmen. Es tur mir eigentlich sehr leid. Denn sie ist mir doch die liebste Freundin.
Aber so recht vertragen können wir uns eigentlich oft nicht. Dann suche ich, wo ich sie ärgern kann u. umgekehrt, so daß wir sehr oft auf Kriegsfuß stehen. Ich nehme mich ja jetzt auch viel mehr zusammen, damit ich nicht alles übel nehme. Denn sie sagt oft Worte, welche mir in meiner Seele wie ein Scharfes Messer weh tun. Grete Dienemann, die mir auch eine sehr liebe Freundin ist, ist ja das ganze Gegenteil von Martel. Ich beneide sie oft. Sie weiß stets was sie tut. Ich tue oft etwas in meiner Ausgelassenheit, was mir später so leid tut u. ich gar nicht verstehen kann, wie ich das jemals fertig gebracht hatte. Jedenfalls wären wir alle drei zusammen konfirmirt prachtvoll! In der Schule in manchen Stunden ist es ganz furchtbar. Wie ungezogen wir da sind. Die einzelnen Streiche, Dir liebe Freundin, anzuvertrauen, hätte wohl nicht viel Zweck.
Es war bis jetzt so wundervolle Eisbahn. Auch war erst neulich ein sehr schönes Eisfest. Meine Kloster Freundinnen können mir gar nicht gefallen. Die haben nichts anderes als diese dummen Jungen im Kopf. Trotzdem beide verlobt sind, poussieren sie doch mit anderen Leute. Hier kann man sich wirklich wahrnen laßen, daß man nicht unbesonnen so etwas tun soll. Na hoffentlich entwickelt sich alles recht gut. Sonst geht alles so weiter. Ich muß jetzt leider wieder für einige Zeit von Dir, mein Liebling, Abschied nehmen. Lebewohl für diese Zeit!