wehmut und füße
tori singt und ich schreibe offline, weil m. sonst verdacht schöpft und mich fragt, was ich die ganze zeit im internet mache. karl klammer treibt mich noch zum wahnsinn, aber ich bringe es nicht übers herz, ihn ganz zu verbannen.
heute ist ein mittelguter tag. ich bin müde und frage mich, wann diese mittelguten gefühle endlich aufhören und ein gutes gefühl kommt. die letzten tage waren nicht schlecht, ziemlich gut sogar. die arbeit macht mir spaß. ich mag die patienten und die patienten mögen mich. obwohl das leben jetzt ausgefüllt ist mit arbeiten, mit malen, mit genug von allem, mit einem gutgelaunten m., fehlt mir ab und zu irgendwas, breitet sich ab und zu die leere über mir aus wie ein tiefhängender wolkenteppich. irgendwas fehlt.
mein zimmer lässt sich nicht aufräumen. es platzt aus allen nähten und die bilder, die ich aufhängen wollte, stehen am boden, weil ich mich nicht entschließen kann, wohin ich sie hänge.
mama ist in einem krankenhaus im norden. letztes wochenende hab ich sie besucht, und wir sind zusammen am meer spazierengegangen, haben in den dünen gesessen und vampire in den sand gebaut. es war schön mit ihr, und irgendwie habe ich so eine wehmut nach früher, als ich noch nicht so viel ICH war wie jetzt und dafür näher bei ihr war. ganz nah, fast ohne linie dazwischen.
sie tut mir leid, weil sie ziemlich krank ist, nicht mehr weit laufen kann, und weil niemand wirklich weiß, was für eine krankheit das ist. leider sagt sie, ich soll aufhören mit meinem psychokram und will nichts davon hören, wenn ich sage, dass die krankheit nicht ganz aus dem nichts kam. angefangen hat das, nachdem ich geheiratet habe, nachdem mein opa gestorben war, nachdem opas haus verkauft war. opa weg, ich weg, mein papa sowieso selten da. die füße laufen nur, wenn sie wissen, zu wem, oder von wem weg.
heute wäre ein tag, um tee zu trinken und traurige gedichte zu schreiben, aber ich fühle mich so getrieben. muß noch da und dorthin, dann sport machen, dann noch telefonieren.