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Tagebuch 7sins
2008-09-17 19:39
Zwischending
Ich war lang nicht mehr da. Es liegt auch daran, dass in der Klinikzeit nicht viel passiert. Man lebt etwas unter einer Käseglocke. Doch gestern kam der Brief von der PA und hat mich aus der Käseglocke herausgeholt. Nächste Woche habe ich also einen Termin dort und ich gehe zu meinem Henker. Ich werde bis zuletzt hoffen und wünschen, dass sie mir statt ner Abfindung eine andre Stelle anbieten, doch ich weiß, dass es ziemlich hoffnungslos ist. Es ist genauso zwiespältig wie einige schizophrene Seiten in mir, die ich in dem Klinikaufenthalt von mir kennengelernt habe. Ich hab mir auch schon ausgemalt, dass ich eben mein Pferd wieder verkaufen muß, endlich hab ich ein problemloses tolles Pferd und darf es nach so kurzer Zeit wieder aufgeben. Doch es nützt dann eben nichts. Ich werde mich brennenden Schmerzes verabschieden können, das weiß ich, bevor ich meine Wohnung wechseln und mein Auto aufgeben muß. Damit muß ich einfach rechnen. Trotzdem habe ich noch einen Funken Hoffnung. Es ist alles so widersprüchlich. Ich werde bis zum Schluß hoffen, das Schicksal behält sich alles vor. Ich war in letzter Zeit in meiner eigenen verträumten Welt, ich war auch nicht glücklich, aber es war auch eine Zeitlang angenehm, ohne Druck zu leben. Doch ein Rest Druck war immer da, der mir eben sagte, bald musst du wieder in die reale Arbeitswelt. Oder in eine andre Welt. Wer will eine psychisch Kranke, die in letzter Zeit so oft krank war und nicht mehr genug Belastbarkeit für den Arbeitsdruck zeigte. Jeder sagt, geh erst wieder arbeiten, wenn du es wieder kannst. Doch wann weiß ich, dass ich es wieder kann? Ich war die ganze Zeit weiter depressiv und hoffnungslos, weil ich eben in der Luft hänge und nicht weiß, wie es weitergeht. Das hilft mir nicht, gesund zu werden. Keine gute Voraussetzung, aber wie soll ich das auch machen? Wenn alles in einem so hoffnungslos ist. Ein Teil von mir will auch wieder arbeiten, es war kein Urlaub, den ich hatte, es war auch Arbeit. Es war aber auch ein Loslassen. Und trotzdem holen mich Albträume regelmäßig heim. Sie sagen mir so viel darüber, was ich nicht verarbeitet habe, v.a. meinen Ex nicht. Ich komme mir in jeglicher Form wie ein Verlierer vor, diesmal privat und beruflich. Sonst war es meistens privat. Nun ist eben die ganze S. am Boden. Ich muß noch ca. 35 Jahre arbeiten. Ich habe nichts gegen Arbeit. Ich habe nur etwas dagegen, wenn man mich und meine Arbeit nicht schätzt. Ich wurde nicht geschätzt, die letzten Jahre. Es tut weh, sich das eingestehen zu müssen. Ich möchte wieder geschätzt werden. Ich werde gemocht, das seh ich. Warum auch immer. Es ist nicht zu erklären, warum einen einige Menschen mögen, andre nicht, aber sie mögen mich in der Klinik, einige, und dafür kann ich nichts. Und hab ich auch nichts getan. So übel kann ich nicht sein. ich darf auch nicht drüber nachdenken, dass ich überhaupt übel bin, auch wenn ich manchmal schlecht über mich denke. Es gibt Menschen, die mögen mich, wenn sie mich kennenlernen und das, ja DAS, ist das nicht schon ein Geschenk des Lebens. Geschenke des Lebens soll man annehmen.
Es ist nicht wirklich wichtig, was war. ich war an einem Samstag mit einigen Klinikfrauen weg und war die erste, die wieder nach Hause ging. Ich mag einige Klinikfrauen gerne. Sie sind sehr normal und ich denke, sie werden ihr Leben auch weiterhin gut meistern. Lt. einer Krankenschwester sind wir alle nur in einer Krise. Doch sie lässt die schweren Fälle weg, die nicht nur in einer Krise leben, sondern einfach eine Krise sind. Die schweren Krisen sind aber auch meistens schon nach einer kurzen Zeit weg. Es sind einige schon nach kurzer Zeit wieder gegangen, aber es tat mir nicht mal leid. Obwohl sie mir doch irgendwie leid tun. Ich weiß nicht, was aus manchen Menschen wird, manche gaub ich, geben sich auch keine Mühe, dass es noch mal irgendwie läuft. Sie lassen sich sehr gehen, riechen nach Schweiß und sehen aus, als würden sie sich nicht pflegen. Sie schmatzen beim Essen und glotzen einen an und reden komisch und du weißt, das ist keine Wellenlänge. Aber es sind auch ganz andre dabei, wo du denkst, warum sind die eigentlich hier, sie sind dauernd am lachen und finden die Klinik so toll und überhaupt – sie sind so dankbar und alles ist super. Die Unterschiede dort sind wirklich sehr krass. Bei mir hat es erst mindestens ne Woche gedauert, bis ich so ne Art Abwehrhaltung aufgegeben hab und mich langsam geöffnet habe. Ich wollte einfach nur meine Ruhe haben und nicht mehr lachen. Man sagte mir: du wirkst sehr traurig und abwesend. Andere kommen an und sind direkt offen für alles und lachen und haben spässken mit andren. Ich hab sie bewundert. Mich aber auch gefragt, was wollen die hier. Aber grad solche Leute, die direkt offen waren, mochte ich dann doch auch eher.
Nun sind schon viele gegangen und viele neue gekommen. Mit manchen hat man noch nie etwas geredet, mit andren mehr. Ich fühle mich in der Gesellschaft wohl, obwohl auch nicht immer genau dahin passend, doch ich fühl mich angenommen, ich bin nicht allein – sie sind alle recht „normal“ und haben ein offenes Ohr für einen, sie hören einem zu, sie geben einem Tips, sie reden auch mal Schwachsinn, aber sie sind da und die meisten wollen einem nichts böses. Die Menschen sind alle so verschieden und manchmal alle so gleich. Es wird immer welche geben, die dich mögen und welche, mit denen du glaubst, dass du nicht kannst. manchmal kannst du auch wirklich nicht mit denen. Aber die Welt ist nicht nur gut und nicht nur schlecht. Und ist das nicht ein kleiner Trost?

Kommentare


unbekannt
11:37 30.09.2008
ich wünsche Dir, daß Du das Lichtlein in der Dunkelheit siehst und darauf zusteuern kannst ...

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01:47 24.09.2008
ich reih' mich mal bei den daumendrückern ein.
auf dass du bald wieder weiter oben bist! ging doch schon!
Good luck!
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17:14 20.09.2008
Dieses Gemocht-Werden... ich hab mich auch so lange gefragt, wie und warum ich von manchen gemocht werde. Aber dann hab ich mal Umkehrschlüsse gezogen und überlegt, wann und warum ICH manch andere mag. Und manchmal ist es einfach nur das Gefühl, dass ein anderer "zu einem passt", ganz egal, wie er ist. Und dieses "Mögen" kann so einfach sein... so unabhängig von irgendwas...
Ich wünsch dir alles Gute!!!
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07:45 18.09.2008
Oh wei, seven, du klingst immer noch so furchtbar traurig und resigniert...
Ich fühle mit dir und drücke ganz fest die Daumen, daß bald wieder mehr Licht für dich kommt.
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07:36 18.09.2008
Vielleicht kannst Du ja dort wohnen bleiben...
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22:46 17.09.2008
ich drück dir die daumen für deinen termin nächste woche. vielleicht wird doch noch alles gut *hoff*
ansonsten schön mal wieder was von dir zu lesen!! du fehlst hier
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unbekannt
22:29 17.09.2008
ich kann einiges nachvollziehen...und hoffe, wenn du nach hause gehst, tust du dies mit einem guten gefühl...fühl dich gedrückt

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2008-09-17 19:39